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Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gsella
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ich ha-hab da was!«
    »Anwesend, General!« Auch der Stoiber-Dackel hatte dem Bier kein scharfes Nein entgegengeschleudert und war mild lachbereit und butterweich geworden.
    »Stichwort – Benzinwut!«
    Die Mooshammer-Brut war ja längst nicht voll genug, Mädchens neiderfüllte Blicke nicht erfreut zu registrieren.
    Und Söder sprach: »Als ich neulich zur Tankstelle gefahren bin, da bin ich richtig erschrocken. Noch nie war Benzin bei uns so teuer wie in diesen Tagen. Eine Tankfüllung kostet mehr als ein schönes Abendessen zu zweit. Als wir früher in den Urlaub gefahren sind, hat mein Vater kurz vor der Grenze vollgetankt. Er hat …« *
    »Scheiß … nazi!« Gar dem dürren Hupplmoser Erwin war inzwischen ausgezeichnet warm geworden. »Dem Froschfresser die Devisen zu klauen! ’tsch … ’tschulligung, mein Führer.«
    » … hat gute Laune gehabt, weil der Liter in Deutschland zwanzig, dreißig Pfennig billiger war, und wir Kinder haben deshalb meistens noch ein Eis spendiert bekommen. Benzin darf kein Luxusartikel sein, es muss wieder billiger werden. Mindestens so billig, dass an der Tankstelle wieder ein paar Euro für ein … «
    »Bier, Schleimscheißer, infernalischer.« Grunzte Erwin und fiel für eine Zeitlang um.
    Söder lachte wiehernd paternalisch und beendete: »… für ein Eis übrigbleiben . – Weitere Fragen?«
    Mädchens Brustkorb schlug und verschlug ihm den Atem. Zwei Märzen waren den Minderjährigen hinabgeflossen, doch gleichviele Fragen hatten ihm die Eltern aufgegeben. Der Zettel zitterte in Mädchens Hand, als er eiernd vorschulkindlich las:
»In Ihrem Internet-Tagebuch schreiben Sie oft und gern über Ihren Hund Enzo wie geht es ihm Fragezeichen. – Puh.«
    Laut prusteten die rotzblau Pubertierenden, Söder überhörte väterlich und schenkte Mädchen eine tiefe Herzensmiene: »Ich danke dir für diese Frage, Oliver. Früher, als ich noch kein Haustier hatte, habe ich mir nicht vorstellen können, dass man um den Zustand eines Collies, Katers oder Kanarienvogels wirklich beunruhigt sein kann. In der letzten … «
    »Alliterationen! Wird mir schlecht!« Lüstern würgend köpfte Seppl Hammermas sein viertes Bier und ließ sich auf den Rücken fallen. »Söder, das ist Schifferscheiße! Aber nix für ungut, Alter – was passierte dann?«
    »In der letzten Woche nun hat sich unser Enzo böse verletzt. Als wir mit ihm beim Tierarzt waren, hat der einen Kreuzbandriss festgestellt.« Sprach’s, zog ein Bröckchen Shit aus seiner Ringelsocke und hielt es über den Grill. »Am Anfang habe ich etwas gestaunt, weil ich einen Kreuzbandriss bislang nur mit Fußballspielern in Verbindung gebracht habe – und mich nicht erinnere, meinen Enzo je Fußball spielen gesehen zu haben.«
    »Ha.« Alois’ offener Mund kam vor Entgeisterung nicht weiter, Mooshammers aber schon:
    »Haha. Seppl, bepiss mich.«
    »Jesus, lass Arschkrebs nicht ansteckend sein«, betete am Boden Hupplmosers Erwin.
    Nur Mädchen grölte fleißig wie geprügelt: »Das ist lustig! Ein Hund, der nicht Fußball spielt …«
    Entkräftet schlug ihm Akne seine volle Flasche auf den Kopf.
    Vor Jahrmillionen hatte es zur Geisterstunde bunt und quadrophon gebimmbammt, aber wann und wer denn eigentlich? Auch war es endlich tropisch warm geworden, schmeckte Hupplmoser und versank in grashalmhohen Palmen, deren kokosnussgeschmückte Kronen seine nackten Füße kitzelten. Herein!, verbeugte sich der Sitzende, schob die viel zu dicken Ärmel seines Badeanzugs über die schweißnassen Ellenbogen und nahm erneut von Markus Söders wahrhaft hammerhaftem Pulver. Dann reiste er auf seinem Augenpaar nach innen, fand Hyroglyphen auf der halbverdauten Bratwurst und las laut vor mit einer Stimme, die des Söders war:
    »Wir müssen uns auf unsere deutschen Tugenden zurückbesinnen: Das sind Fleiß, Leistungsbereitschaft, Disziplin, Höflichkeit und Pünktlichkeit. Das sind Erfolgsfaktoren für den internationalen Wettbewerb. Die Apo-Opas und Alt-68er haben deutsche Tugenden verschmäht und das Land in eine geistige Krise geführt. Das ist selbst im Fußball zu beobachten. Es hieß immer, die Deutschen seien nicht die besten Spieler, aber hätten über den Kampf zum Spiel und damit zum Sieg gefunden. Die Fähigkeit, sich im internationalen Wettbewerb durchzusetzen, fehlt heute in vielen Bereichen.«
    Spiralförmig hatte sich der letzte Satz um Hupplmosers Kraushaar gedreht, bevor er, ein Geist zurück in der Flasche, in Söders

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