Julia Extra Band 0303
1. KAPITEL
Samantha ließ einen tiefen Seufzer hören. „Reiß dich jetzt bloß zusammen!“, ermahnte sie sich selbst, und steuerte entschlossen auf die junge Frau hinter dem gläsernen Empfangstresen zu, die mit ihrer platinblonden Mähne und den fraulichen Kurven genau der Typ war, von dem sich jeder Mann wie magisch angezogen fühlte.
Dagegen hatten rothaarige Kumpeltypen mit Sommersprossen natürlich nicht die geringste Chance – zumindest nach Sams Erfahrung. Obwohl sie eine Zeit lang wirklich geglaubt hatte, bei Will wäre das anders. Bis zu dem Tag, als sie nach Hause kam und ihren Verlobten mit einer dieser spektakulären Blondinen im Bett erwischte.
Normalerweise wurde Sam bei der Erinnerung daran von heftiger Übelkeit heimgesucht, wobei sich ihr sensibler Magen von innen nach außen zu stülpen drohte. Heute ausnahmsweise nicht. Allerdings nur, weil ihr Magen sich vor lauter Panik wie eine Faust zusammengeballt hatte.
Lange dichte Wimpern berührten ihre hohen Wangenknochen, als sie die Augen schloss und noch einmal tief durchatmete, um ihr wildes Herzklopfen zu mindern. Dann hob sie tapfer die Lider, reckte das Kinn vor und zwang sich zu einem Lächeln.
Mehrere Stunden lang hatte sie geübt, sich so zu verhalten, als sei es das Natürlichste auf der Welt, voller Dynamik in die Hauptzentrale eines multinationalen Konzerns zu rauschen und den Mann an der Spitze zu verlangen.
Ein flüchtiger Seitenblick auf ihr Konterfei, zurückgeworfen von einer deckenhohen Spiegelwand, belehrte sie eines Besseren. Sie hatte nicht die geringste Chance! Dennoch zwang sie das Lächeln energisch auf die Lippen zurück und räusperte sich.
Damit gelang es ihr endlich, die Aufmerksamkeit der rassigen Rezeptionistin auf sich zu ziehen. Allerdings nur eine Sekunde, weil sich in diesem Moment die gläsernen Fahrstuhltüren links neben ihnen öffneten und eine weitere atemberaubende Blondine in einem roten Minikleid den Lift verließ.
Das Mädchen hinter dem Glastisch starrte sie ebenso ungeniert an wie Sam und die Paparazzi, die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchten und ein Foto nach dem anderen schossen. Die auffallende Schönheit schien völlig unbeeindruckt von dem Blitzlichtgewitter und der Fragenflut zu sein, mit denen die Reporter sie bombardierten. Sie präsentierte ihnen ihre strahlend weißen Zähne in einem hinreißenden Lächeln und ließ keinen Zweifel daran, dass sie ihr Handwerk immer noch perfekt beherrschte, auch wenn sie das Model-Leben inzwischen gegen eine Hollywoodkarriere eingetauscht hatte.
Begleitet wurde sie von zwei bulligen Bodyguards. Auf ihrem Weg durch das elegante Foyer blieb sie ab und zu stehen, um für die Fotografen zu posieren, während sie die am meisten gestellte Frage, ob Cesare und sie wieder zusammen seien, mit einem stereotypen „kein Kommentar“ beantwortete.
Während sich die gläserne, vollautomatische Eingangstür hinter dem Starlet und der Pressemeute schloss, hingen in der Luft immer noch der Duft ihres schweren Parfüms und die unbeantwortete Frage der Reporter.
Und Sam fühlte sich in ihrer bangen Ahnung bestätigt, dass sie sich keinen ungünstigeren Zeitpunkt für ihr Kommen hätte aussuchen können als diesen Moment.
Was sie Cesare Brunelli zu sagen hatte, würde jeden Mann schockieren. Aber dann auch noch zu einem Zeitpunkt, wo er sich gerade wieder mit der Liebe seines Lebens ausgesöhnt hatte …
Sam seufzte und versuchte, das Bild der attraktiven Schauspielerin aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie hatte schließlich nicht die Absicht, mit ihr um die Aufmerksamkeit oder Gunst des Italieners zu konkurrieren. Und schon gar nicht interessierte sie sich für Cesares Liebesleben oder wollte etwa daran teilhaben! Das musste sie ihm als Allererstes klarmachen!
Sie würde ihm die Nachricht überbringen, auf dem Absatz umdrehen und gleich wieder gehen. Damit war der Ball übers Netz gespielt und auf seiner Seite. Und sollte Cesare Brunelli sich dafür entscheiden, ihn nicht anzunehmen … umso besser!
Also: Jetzt oder nie!
Sam verzog das Gesicht, als sich ihre neuen Designerschuhe schmerzhaft in Erinnerung brachten. Ein Schnäppchenkauf, aber bedauernswerterweise eine halbe Nummer zu klein. Doch das Selbstvertrauen, das ihr die mörderisch hohen Absätze verliehen, war nicht zu unterschätzen.
„Ich bin …“ Sie stockte bei dem Versuch, sich der betont kühl dreinschauenden Empfangsdame vorzustellen. Und schlagartig wurde ihr Selbstvertrauen von einer
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