Blau wie das Glück: Roman (German Edition)
an jenem traurigen Tag, an dem sie ihre Mutter beerdigt hatten, nur mit ihr gegangen, um sie zu beschützen. Sie war nicht nur eine Blutsverwandte, sondern auch eine Freundin und die zukünftige Königin von Geall.
Aber jedes Wort, das sie, nur wenige Schritte vom Grab ihrer Mutter entfernt, zu ihm gesprochen hatte, war die reine Wahrheit gewesen. Sie waren zum Tanzplatz gegangen und hatten sich in die Mitte dieses Kreises gestellt. Und dann hatte sich alles verändert.
Und nicht nur das Wo und das Wann, dachte er, als er die Flasche öffnete und einen Schluck trank, sondern einfach alles. Im einen Moment hatte er in Geall in der Nachmittagssonne gestanden, und im nächsten Augenblick war nur noch Licht, Wind und ein Dröhnen gewesen.
Und plötzlich herrschte Nacht, und sie befanden sich in Irland – einem Land, das Larkin immer für ein Märchen gehalten hatte. Er hatte nicht an Märchen und Monster geglaubt und der Magie immer skeptisch gegenübergestanden, obwohl er selber eine magische Gabe besaß.
Aber es gab Magie, das musste er jetzt eingestehen. Und auch Irland gab es ganz offensichtlich, ebenso Monster. Diese Bestien hatten sie angegriffen – waren mit ihren roten Augen, den scharfen Reißzähnen aus der Dunkelheit des Waldes über sie hergefallen. In Gestalt von Menschen, dachte er, aber es waren keine Menschen.
Vampire.
Sie nährten sich von den Menschen. Und jetzt hatten sie sich um ihre Königin geschart, um sie alle zu vernichten.
Er war hier, um sie aufzuhalten, koste es, was es wolle. Er war hier im Auftrag der Götter, um die Welten der Menschen zu retten.
Müßig kratzte er sich über die heilende Stelle am Oberschenkel. Man konnte wohl kaum von ihm erwarten, dass er die Menschheit mit leerem Magen rettete.
Er schnitt sich ein großes Stück Kuchen ab und leckte sich den Zuckerguss von den Fingern. Bis jetzt war er mit List und Tücke um Glennas Kochunterricht herumgekommen. Er aß schrecklich gerne, aber das Essen selbst zuzubereiten kam für ihn nicht in Frage.
Er war ein großer, schlaksiger Mann mit einer dicken, blonden Haarmähne. Seine goldfarbenen Augen standen ein wenig schräg, wie bei seiner Kusine, und blickten fast genauso scharf. Sein breiter, voller Mund verzog sich bereitwillig zum Lächeln, er war reaktionsschnell und umgänglich.
Die, die ihn kannten, hätten gesagt, dass er großzügig mit seiner Zeit und dem Geld umging. Man konnte gut mit ihm trinken, aber man konnte sich auch im Kampf auf ihn verlassen.
Er war mit markanten, gleichmäßigen Gesichtszügen ausgestattet sowie mit einem starken Rücken und einer leichten Hand. Und er besaß die Macht, sich in jedes beliebige Lebewesen zu verwandeln.
Im Stehen biss er herzhaft von dem Kuchenstück ab, das er sich abgeschnitten hatte, aber eigentlich gefiel es ihm nicht, dass es so still im Haus war. Er wollte, brauchte, Aktivität, Lärm und Trubel. Da er nicht mehr schlafen konnte, beschloss er, mit Cians Hengst einen Morgenausritt zu unternehmen.
Cian konnte ihn schließlich im Augenblick nicht reiten, da er ja ein Vampir war.
Er trat aus der Hintertür des großen Steinhauses. Die Luft war kühl, aber er trug Pullover und Jeans, die Glenna ihm im Ort gekauft hatte. Die Stiefel waren seine eigenen –
und um seinen Hals hing das Silberkreuz, das Glenna und Hoyt mit Magie geschmiedet hatten.
Deutlich sah er die Stellen, wo die Erde verbrannt und niedergetrampelt war. Er sah seine eigenen Hufspuren, wo er während des Kampfes als Pferd umhergaloppiert war.
Und er sah die Frau, die auf ihm geritten war und mit ihrem Flammenschwert die Vernichtung gebracht hatte.
Sie bewegte sich im Dunst, langsam und anmutig. Er hätte es für einen Tanz gehalten, wenn er nicht gewusst hätte, dass die beherrschten Bewegungen nur eine weitere Form der Vorbereitung auf den Kampf darstellten.
Geschmeidig bewegte sie ihre langen Arme und Beine, und er sah, wie ihre Muskeln zitterten, wenn sie eine Pose endlos hielt. Ihre Arme waren entblößt, und sie trug ein enges Kleidungsstück, das in Geall keine Frau außerhalb des Schlafzimmers tragen würde.
Sie hob ein Bein nach hinten, beugte das Knie und griff mit der Hand nach ihrem Knöchel. Das Leibchen rutschte an ihrem Oberkörper hoch und entblößte noch mehr Haut.
Der Mann, der diesen Anblick nicht genießen würde, konnte einem leid tun, dachte Larkin.
Sie hatte kurze, rabenschwarze Haare, und ihre Augen waren blauer als die Seen von Fonn. In seiner Welt hätte sie nicht
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