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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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aufgedunsen wie ein Marshmallow, mein Mund zu einem roten Strich verzogen. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war Punkt zwölf.
    Gut in der Zeit. Ich sah zwar schlimm aus, aber ich war pünktlich und hatte dem goldenen Bier widerstanden.
    Ich bog um die Ecke. Vor mir lagen ungefähr zwanzig Treppenstufen.
    Als ich oben angekommen war, musste ich blinzeln. Aus zahlreichen Fenstern fiel Licht bis in den letzten Winkel des riesigen Raumes. Boden und Wände waren strahlend weiß. In einer Ecke hingen fünf rote Sandsäcke von der Decke.
    In einer anderen Ecke war offenbar ein Bastelbereich eingerichtet. Ich sah Klebstoff, Bänder, Tesafilm, Styropor und Holz. Außerdem Metall, Pappe, Eierkartons und viele Gegenstände, die anscheinend aus dem Müll gerettet worden waren.
    In der dritten Ecke lagen mehrere große Kissen. Ein Schild darüber wies sie als SCHREI - ECKE aus.
    In der vierten Ecke erblickte ich ein Klavier, ein Schlagzeug, Gitarren und andere Musikinstrumente. Ich entdeckte eine Geige. Mein Herz zog sich zusammen.
    In der Mitte des Raumes standen sechs Sitzsäcke. Sie erinnerten mich an den Regenbogen: lila, blau, grün, gelb, orange und rot. Sie bildeten einen Kreis um einen größeren schwarzen Sitzsack, auf dem eine Frau saß.
    Ich hatte erwartet, dass Emmaline Hallwyler so breit wie der Amazonas war, vielleicht einen Panther hinter sich herzog und eine Giftschlange um den Hals geschlungen hatte.
    Ein Panther und eine Giftschlange waren nicht in Sicht. Emmaline Hallwyler war absolut winzig. Das merkte ich, als sie sich erhob.
    Sie war ganz in Weiß gekleidet. Weiße Hose, weiße Bluse, weiße Stöckelschuhe. An jeder anderen Frau hätte es lächerlich gewirkt. Ich hätte darin ausgesehen wie ein störrischer, ungelenker Engel, dem die Flügel zur Bestrafung für irgendeine Missetat abgenommen worden waren.
    Emmaline mit ihrem braunen Bob, den großen braunen Auen und feingeschnittenen Gesichtszügen sah hingegen absolut elegant aus. Später sollte ich erfahren, dass hinter ihrer Zerbrechlichkeit eine Teufelin lauerte, die durchaus in der Lage war, Köpfe gegeneinanderzuschlagen und Menschen auf die Größe nichtiger Mäuse zusammenzufalten.
    »Nicht bewegen!«, befahl sie mit autoritärer Stimme.
    Ich konnte es nicht leiden, herumkommandiert zu werden, gehorchte jedoch. Dieser Kurs war immerhin gerichtlich angeordnet, und ein gutes Zeugnis konnte vielleicht dazu beitragen, dass ich es mir mit dem Richter nicht verdarb.
    Ich rührte mich nicht.
    Sie starrte mich an, und ich starrte zurück. Wenn man jahrelang mit egozentrischen Werbern zusammengearbeitet hat, die überzeugt sind, die Erde sei zu ihrem persönlichen Vergnügen und dem ihrer Schwänze geschaffen worden und alle anderen seien lästiger Abschaum, lässt man sich nicht so schnell einschüchtern.
    »Ich spüre deine Wut«, sagte sie zu mir, und die Wände warfen ihre Stimme zurück.
    »Na, so was! Was sind Sie, eine Hellseherin oder was?«
    »Nicht so frech, Jeanne! Deine Aggressivität glimmt wie glühende Kohle.«
    »Na, so was! Deshalb bin ich schließlich hier. Wegen meiner Wut und Aggressivität. Darf ich mich jetzt bewegen?«
    »Nein.«
    Ich wartete. Vielleicht ließ sie sich Zeit, meine aggressive Wut zu erspüren.
    »Du hängst an einem seidenen Faden.«
    »Ohne Scheiß?«
    »Ja, ganz ohne Scheiß«, fuhr sie mich an. »Du bist eine stark verstörte Frau. Du hast deine Gefühle nicht herausgelassen, sondern dich in eine psychologische Höhle eingegraben. Daran bist du ganz allein schuld.«
    Ich dachte darüber nach. Ich sollte ganz allein schuld sein?
    »Dein Schmerz und deine Qualen haben dich erschüttert wie ein Erdbeben, und du hältst deinen Verlust mit todesgleichem Griff umklammert. Zorn ist ein Gefühl, das sich Bahn bricht, wenn Menschen Angst haben. Du lässt zu, dass deine Probleme dein Leben regieren, denn du packst sie in deine Wut. Sie sind geblieben, weil du dich nicht mit ihnen auseinandergesetzt hast und sie nicht hinauswirfst. Als die Probleme zu unvorstellbarer Größe heranwuchsen, unüberwindbar wie eine Bergkette, hast du dich vor ihnen versteckt und dir eingeredet, mit dem Leben klarzukommen, null problemo. Aber du bist in ein Krisental geraten, du wurdest von der Klippe geworfen, und dein Leben explodierte.«
    Nun, sie brachte es ziemlich schnell auf den Punkt, oder? Und dann auch noch mit so anschaulichen geographischen Vergleichen. »Sie sind ein Genie«, sagte ich zu ihr. »Beeindruckend. Darf ich mich jetzt

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