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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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jetzt tot is?«
    »St! Sprich nicht so laut. Ja. Sah er wirklich, als er noch lebte, so sehr arm und krank aus?«
    »No na, was denn!« sagt Jo.
    »Sah er aus wie – nicht wie du?« fragt die Frau mit einem Schauder.
    »No na, so schlecht net. I bin a Regulärer. Sie haben ihn leicht net kennt?«
    »Wie kannst du glauben, daß ich ihn gekannt habe?«
    »Tschuldigens, gnä Fräuln«, sagt Jo unterwürfig, denn selbst in ihm hat sich der Argwohn geregt, daß sie eine Dame ist.
    »Ich bin keine Dame. Ich bin ein Dienstmädchen.«
    »A feins Dienstmädel«, meint Jo, ohne etwas Beleidigendes sagen zu wollen, nur um seiner Bewunderung Ausdruck zu verleihen.
    »Schweig und hör zu! Sprich nicht zu mir und stell dich weiter weg von mir! Kannst du mir alle die Orte zeigen, die in dem Bericht, den ich gelesen habe, erwähnt waren, den Ort, für den er schrieb, den Ort, wo er starb, den Ort, wo du hingeholt wurdest, und den Ort, wo er begraben liegt? Weißt du, wo er begraben liegt?«
    Jo antwortet mit einem Nicken. Er hat auch bei der Erwähnung der andern Orte jedes Mal genickt.
    »Geh vor mir her und zeige mir all diese schrecklichen Orte. Bleib bei jedem stehen und sprich nicht mit mir, außer, wenn ich dich frage. Sieh dich nicht um. Tue, was ich dir sage, und ich will dich gut bezahlen.«
    Jo paßt scharf auf die Worte auf, während sie spricht, murmelt sie lautlos nach, in den Besenstiel, auf den er sich lehnt, hinein, weil sie ihm so schwer vorkommen, schweigt, um sich ihre Bedeutung zu überlegen, kommt zu einem zufriedenstellenden Resultat und nickt mit dem zottigen Kopf.
    »Stocken mer uns. An Flins, verstengans? An Stutz brennen.«
    »Was meint das scheußliche Geschöpf!« ruft das Dienstmädchen aus und tritt erschrocken zurück.
    »Flinserln brennen – an Stutz«, sagt Jo.
    »Ich verstehe dich nicht. Geh vor mir her! Ich will dir mehr Geld geben, als du je in deinem Leben besessen hast.«
    Jo spitzt die Lippen zu einem Pfeifen, fährt sich einmal durch das zottige Haar, nimmt den Besen unter den Arm und zeigt den Weg. Leicht und geschickt geht er mit seinen bloßen Füßen über die harten Steine, durch Kot und Schmutz.
    Cook's Court!
    Jo bleibt stehen.
    Eine Pause.
    »Wer wohnt hier?«
    »Der, wo ihn hat schreiben lassen und mir an halben Stutz geben hat«, sagt Jo flüsternd, ohne sich umzusehen.
    »Weiter!«
    Krooks Haus. Jo bleibt wieder stehen. Eine längere Pause.
    »Wer wohnt hier?«
    »Er hat hier gewohnt«, antwortet Jo wie vorhin. Nach einem Schweigen ertönt die Frage: »In welchem Zimmer?«
    »Dort oben, hint hinaus. Sie könnens Zimmer vom Eck aus segn. Da drobn! Dort habens n aufbahrt. Dort is s Wirthaus, wos mich hingholt habn.«
    »Weiter!«
    Bis zum nächsten Ort ist ein weiterer Weg, aber Jo, der seinen Verdacht hat fallen lassen, hält sich genau an die vereinbarten Bedingungen und sieht sich nicht um. Durch allerlei kleine Gassen voll dampfenden Unrats aller Art erreichen sie einen kleinen Tunnel von einem Hof, und eine Gaslampe brennt an dem eisernen Gittertor.
    »Dort habns n hinglegt«, sagt Jo, hält sich an die Gitterstäbe und sieht hinein.
    »Wo? – Gott, welche Stätte des Grauens«
    »Dorten!« Jo deutet mit dem Finger hin. »Dorten drübn. Bei dem Knochenhaufen und bei dem Küchenfenster dorten. Sie habn n obenauf glegt. Sie habn drauftreten müassen, bis n habn dringhabt. I könnt n außerfegen mit in Besen, wanns Tor offen war. Drum glaub i, spirrns es ab«, sagt er und rüttelt an dem Gitter. »Sis immer zuagspirrt. Sehgns die Ratten dort!« ruft er aufgeregt. »Hui! Sehgns! Dort laufts! Ho! in d Erd eini.«
    Das Dienstmädchen weicht schaudernd in eine Ecke zurück, in die Ecke des scheußlichen Torwegs, der mit seinen giftigen Ausdünstungen ihr Kleid beschmutzt, und streckt beide Hände vor und sagt Jo leidenschaftlich, er solle ihr nicht zu nahe kommen; denn sie ekelt sich vor ihm. So bleibt sie einige Augenblicke. Jo steht vor ihr mit aufgerissnem Mund und starrt sie immer noch an, als sie sich bereits erholt hat.
    »Ist dieser grauenhafte Ort geweihter Boden?«
    »Was woaß denn i von gweihtn Boden«, sagt Jo, der sie immer noch anstarrt.
    »Ist er eingesegnet?«
    »Was is er?« fragt Jo in fassungslosem Erstaunen.
    »Ist er eingesegnet?«
    »I bin gsegnt, wann is woaß«, sagt Jo und stiert sie noch mehr an als vorhin, »aber i möcht glaubn, na. Eingsegnet!!« wiederholt Jo, in seinem Innern stark beunruhigt. »Eingsegnt! S werd eam net viel gholfn habn. Eingsegnet?

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