Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
anspielt in den freundlichen Briefchen, die du dir so gern von mir vorlesen läßt, so bin ich bereit, Mama alles zu gestehen, sobald du die Zeit für geeignet hältst.
    Und ich glaube, Prince, daß Esther der Meinung ist, ich stünde besser und ehrenhafter da, wenn du es zugleich deinem Papa sagtest.«
    »Ja, liebe Caddy«, rief ich. »Esther ist ganz gewiß dieser Ansicht.«
    »So hatte ich also recht! Siehst du! Nun also! Das beunruhigte Prince sehr. Nicht, daß er im mindesten andrer Meinung gewesen wäre, sondern weil er soviel Rücksicht auf die Gefühle seines Vaters nimmt und befürchtet, dem alten Mr. Turveydrop würde das Herz brechen oder er könnte in Ohnmacht fallen oder die Sache könnte ihn in irgendeiner andern Art überwältigen. Er fürchtete, der alte Mr. Turveydrop würde es als Pflichtvergessenheit auffassen und eine große seelische Erschütterung davontragen. Du mußt nämlich wissen, Esther, Mr. Turveydrop ist bei seinem hervorragenden Anstand ungemein sensitiv.«
    »Wirklich, liebe Caddy?«
    »O, außerordentlich sensitiv. Prince sagt es immer. Nur das war die Ursache, daß mein liebes Kind...« Caddy entschuldigte sich, über und über errötend, »...ich nenne gewöhnlich Prince mein liebes Kind.«
    Ich lachte; und Caddy lachte und wurde rot und fuhr fort:
    »Dies hat ihn veranlaßt, Esther.«
    »Wen veranlaßt, meine Liebe?«
    »O du Boshafte!« Caddys hübsches Gesicht wurde feuerrot. »Mein liebes Kind, also, wenn du darauf bestehst... Das hat ihm wochenlang Sorge gemacht und ihn veranlaßt, es von Tag zu Tag hinauszuschieben. Endlich sagte er zu mir: Caddy, wenn Miß Summerson, auf die mein Vater große Stücke hält, sich bewegen ließe, mit dabei zu sein, wenn ich es ihm entdecke, glaube ich, könnte ich es tun. So versprach ich ihm denn, dich zu fragen. Ich möchte außerdem«, sagte Caddy und sah mich voll Hoffnung, aber furchtsam an, »wenn es dir recht wäre, später mit dir zu Mama gehen. Das meinte ich, als ich in meinem Brief schrieb, ich wollte dich um eine große Gunst und um deinen Beistand bitten. Und wenn du glaubst, du könntest mir meinen Wunsch erfüllen, Esther, würden wir beide dir von Herzen dankbar sein.«
    »Wir werden sehen, Caddy«, sagte ich und tat, als ob ich überlegte. »Ich glaube wirklich, wenn es drauf ankäme, könnte ich Schwereres als das vollbringen. Ich stehe dir und dem lieben Kind natürlich gern zur Verfügung, liebe Caddy.«
    Caddy war ganz entzückt, empfand sie doch jeden kleinen Freundschaftsdienst so tief wie wohl je ein zärtliches Herz, das auf dieser Erde geschlagen hat. Und nachdem wir noch ein paar Mal im Garten auf und ab gewandelt waren, zog sie sich ein Paar funkelnagelneue Handschuhe an, wie sie sich denn überhaupt nach Möglichkeit herausgeputzt hatte, um dem Meister des Anstands keine Schande zu machen, und wir gingen geradenwegs nach Newmanstreet.
    Prince gab natürlich Unterricht. Er beschäftigte sich gerade mit einer nicht sehr hoffnungsvollen Schülerin – einem bornierten kleinen Mädchen mit trotzigen Stirnfalten, einer tiefen Stimme und einer seelenlosen unzufriedenen Mama; und die Sache wurde durch die Verwirrung, in die wir Prince versetzten, keineswegs aussichtsvoller. Die Unterrichtsstunde nahm einen so unharmonischen Verlauf wie möglich, ging aber endlich zu Ende, und als das kleine Mädchen seine Schuhe gewechselt und den Feuerglanz ihres weißen Musselinkleides in vielen Shawls gelöscht hatte, nahm seine Mama es mit sich fort.
    Nach ein paar vorbereitenden Worten suchten wir Mr. Turveydrop auf und fanden ihn, Hut und Handschuhe um sich gruppiert, als ein Musterbild des Anstandes auf dem Sofa in seinem Privatzimmer sitzen, dem einzigen wirklich behaglichen Raum im ganzen Hause. Er schien sich zwischen den Mahlzeiten in aller Muße angekleidet zu haben. Sein Toilettekasten, seine Bürsten und andere Utensilien, alles von elegantester Form, lagen herum.
    »Vater: Miß Summerson – Miß Jellyby.«
    »Entzückend! Bezaubernd!« rief Mr. Turveydrop und erhob sich mit seiner hochschultrigen Verbeugung. »Darf ich bitten!...« Er schob uns Stühle hin. »Bitte, Platz zu nehmen!« Er küßte die Fingerspitzen seiner linken Hand. »Ich bin außer mir vor Entzücken!« Er verdrehte und schloß die Augen. »Meine kleine Einsiedelei wird zu einem Paradies!« Wieder gruppierte er sich auf dem Sofa wie der ersten Gentleman nach dem König.
    »Abermals finden Sie uns, Miß Summerson«, säuselte er, »beschäftigt mit unsern

Weitere Kostenlose Bücher