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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Pyramide zum Andenken an die himmelschreiende Verkommenheit des Kanzleigerichts damit anzufüllen.«
    »Ist es denn wirklich möglich, Vormund?« fragte ich erstaunt, »daß Richard argwöhnisch gegen dich sein kann?«
    »Ach, meine Liebe, meine Liebe! Das schleichende Gift dieser Mißbräuche hat leider die Eigenschaft, solche Krankheiten wieder zu erzeugen, Richards Blut ist infiziert, und alles verliert in seinen Augen sein natürliches Aussehen. Nein, ihn trifft keine Schuld.«
    »Aber es ist ein schreckliches Unglück, Vormund.«
    »Es ist ein schreckliches Unglück, Mütterchen, in den Kreis der Einflüsse eines Prozesses wie 'Jarndyce kontra Jarndyce' zu geraten. Ich kenne kaum ein größeres. Schritt für Schritt hat er sich verleiten lassen, sich auf dieses gebrechliche Rohr zu stützen, das seine Fäulnis seiner ganzen Umgebung mitteilt. Ich sage abermals aus ganzem Herzen, wir müssen mit dem armen Rick Geduld haben und dürfen ihm keinen Vorwurf machen. Was für eine Unzahl fröhlich schlagender Herzen gleich dem seinen habe ich nicht schon zu meiner Zeit unter demselben unheilvollen Einfluß anders werden sehen.«
    Ich mußte dennoch meine Verwunderung und mein Bedauern aussprechen, daß meines Vormunds wohlwollende und uneigennützige Absichten so wenig Erfolg gehabt hatten.
    »So dürfen wir heute noch nicht sprechen, Mütterchen«, erwiderte er heiter. »Ada ist, hoffe ich, glücklicher jetzt, und das ist schon viel. Ich glaubte, diese beiden jungen Leute und ich könnten Freunde sein, anstatt einander mißtrauende Feinde, und imstande, den Folgen des Prozesses die Stirn zu bieten und zu zeigen, wir wären zu stark für ihn. Aber das war zuviel verlangt, 'Jarndyce kontra Jarndyce' war der Vorhang an Ricks Wiege.«
    »Können wir denn nicht hoffen, Vormund, daß ihm ein wenig Erfahrung beweist, auf was für eine trügerische und elende Sache er baut?«
    »Wir wollen das hoffen, liebe Esther, und wollen auch hoffen, daß die Lehre nicht zu spät kommt. Aber keinesfalls dürfen wir zu hart über ihn urteilen. Es gibt heutzutage sicherlich nur wenig erwachsne und gereifte und gewiß auch gute Menschen auf Erden, die, wenn sie als Klienten in diesen Gerichtshof kämen, nicht binnen drei Jahren, nein, binnen zwei, vielleicht sogar in einem Jahr ihren guten Charakter einbüßten. Wie können wir uns da über den armen Rick wundern?«
    Ein so unglücklicher junger Mann kann anfangs nicht glauben – wie könnte es denn auch anders sein –, daß das Kanzleigericht wirklich so verkommen ist. Voll Aufregung und ewig hin und her geworfen, erwartet er von ihm, daß es etwas für seine Sache tue und zu einem Abschluß bringen werde. Es verschleppt, enttäuscht, martert und quält ihn, zerreibt stückweise seine sanguinischen Hoffnungen und seine Geduld, Faden um Faden, aber immer noch hofft er und klammert sich daran und findet die ganze übrige Welt trügerisch und hohl. »Ja, so ist es leider! Doch genug davon jetzt, liebes Kind!«
    Mein Vormund war mir die ganze Zeit über und schon in meiner Kindheit eine Stütze gewesen, und sein liebreiches Wesen ergriff mich jetzt so sehr, daß ich meinen Kopf an seine Schulter legte, voll Liebe, als wäre er mein Vater. Ich faßte innerlich den Entschluß, Richard aufzusuchen, sobald ich wieder kräftig genug dazu sein würde, und mich zu bemühen, ihm die Augen zu öffnen.
    »Wir haben, dächte ich, bessere Unterhaltungsthemen als dieses«, sagte mein Vormund, »bei so einem Freudenfest, wie es die Genesung meines geliebten Mütterchens ist. Und ich hatte den Auftrag, gleich mit dem ersten Wort eines derselben zu erwähnen. Wann soll dich Ada besuchen, liebes Kind?«
    Ich hatte auch schon daran gedacht. Ein wenig in Verbindung mit dem Gedanken an den Spiegel, aber nicht viel –, wußte ich doch, daß mein Liebling durch mein entstelltes Gesicht nicht anders zu mir sein würde.
    »Da ich Ada so lang habe entbehren müssen«, fing ich nach einer Weile an, »glaube ich, wäre es das beste, wenn ich noch ein bißchen auf meinem alten Entschluß beharrte und das Haus hier auf einige Zeit verließe, ehe ich sie wiedersehe. Wenn Charley und ich eine Wohnung auf dem Lande bezögen und ich eine Woche vorläufig dort wohnen könnte, um mich in der frischen Luft ein wenig zu erholen, glaube ich, würde es besser für uns sein.«
    Ich hoffe, es war kein kleinlicher Wunsch von mir, daß ich mich selbst erst etwas mehr an mein verändertes Äußeres gewöhnen wollte, bevor ich dem

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