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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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brauchen wir unsrerseits Ihnen auch keine zu machen.«
    »Gewiß nicht, Sir. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Wäre ich nicht unschuldig an dem Verbrechen, könnte ich Ihnen nicht ins Gesicht sehen und mein Geheimnis vor Ihnen verbergen. Ich empfinde es sehr tief, daß Sie mich hier besuchen. Ich bin keiner von der beredten Sorte, aber ich fühle es tief, Miß Summerson, und Sie, meine Herren.«
    Er legte seine Hand einen Augenblick auf seine breite Brust und verbeugte sich leicht gegen uns. Obgleich er sich sofort wieder aufrichtete, verriet sein Gesicht doch die Rührung, die ihn eine Sekunde überwältigt hatte.
    »Erstens«, begann mein Vormund, »können wir irgend etwas zur Verbesserung Ihrer Lage tun, Mr. George?«
    »Inwiefern, Sir?«
    »Wünschen Sie vielleicht irgend etwas, daß Sie Ihre Lage weniger drückend empfinden ließe?«
    »Nein, Sir, nichts«, entgegnete Mr. George nach kurzem Nachdenken. »Ich bin Ihnen sehr verbunden; da aber Rauchen nicht erlaubt ist, wüßte ich wirklich nichts.«
    »Es wird Ihnen vielleicht nach und nach manches einfallen, und dann, bitte, lassen Sie es uns wissen, George.«
    »Besten Dank, Sir. Ein Mann, der sich so lange in der Welt herumgeschlagen hat wie ich«, bemerkte Mr. George mit einem Lächeln auf seinem sonnenverbrannten Gesicht, »kann es auch, wenn es darauf ankommt, an einem Ort wie dem gegenwärtigen aushalten.«
    »Und zweitens, was Ihre Sache betrifft«, fuhr mein Vormund fort.
    – Mr. George verschränkte die Arme, und etwas wie Neugierde malte sich auf seinem Gesicht. –
    »Wie steht es jetzt damit?«
    »Nun, Sir, sie ist bis auf ein weiteres Verhör verschoben. Bucket ließ mich wissen, daß er wahrscheinlich von Zeit zu Zeit ein neues Verhör beantragen wolle, bis der Fall vervollständigt sein werde. Wie er vollständiger werden soll, kann ich nicht recht einsehen, aber Bucket wird das schon irgendwie deichseln.«
    »Aber Gott bewahre, Mensch!« rief mein Vormund ungeduldig aus. »Sie sprechen ja von sich, als seien Sie dabei gar nicht beteiligt.«
    »Nichts für ungut, Sir. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Güte, aber ich verstehe nicht, wie ein Unschuldiger solche Anklagen überhaupt ertragen kann, ohne mit dem Kopf an die Wand zu rennen, wenn er die Sache nicht auf diese Weise auffaßt.«
    »Bis zu einem gewissen Grade wahr genug«, gab mein Vormund ein wenig besänftigt zu. »Aber, mein Lieber, selbst ein Unschuldiger muß die notwendigen Maßregeln zu seiner Verteidigung ergreifen.«
    »Sicherlich, Sir. Und das habe ich auch getan. Ich habe vor den Beamten erklärt: 'Meine Herren, ich bin in dieser Sache so unschuldig wie Sie selbst. Die Tatsachen, die Sie mir entgegengehalten haben, sind vollständig wahr, aber weiter weiß ich nichts von der Sache'. Bei dieser Erklärung gedenke ich zu bleiben, Sir. Was kann ich mehr tun. Es ist die Wahrheit.«
    »Aber die Wahrheit allein reicht nicht aus«, wendete mein Vormund ein.
    »Reicht nicht aus, Sir? Das ist ja eine schlechte Aussicht für mich«, bemerkte Mr. George gutgelaunt.
    »Sie müssen einen Rechtsbeistand haben«, fuhr mein Vormund fort. »Wir müssen Ihnen einen guten Advokaten verschaffen.«
    »Ich bitte um Verzeihung, Sir«, – Mr. George wich einen Schritt zurück – »ich bin Ihnen wirklich außerordentlich verbunden, aber ich muß Sie entschieden bitten, mich zu entschuldigen...«
    »Sie wollen keinen Advokaten haben?«
    »Nein, Sir.« Mr. George schüttelte den Kopf mit großer Entschlossenheit. »Ich danke Ihnen nochmals, Sir, aber, bitte, keinen Advokaten.«
    »Warum denn nicht?«
    »Ich kann diese Sorte nicht besonders ausstehen. Auch Gridley konnte es nicht und... Sie entschuldigen schon, aber ich hätte gedacht, Sie selbst könnten es auch nicht, Sir.«
    »Ja, das betrifft Zivilsachen«, erklärte mein Vormund, nach Worten suchend. »Hm, ja, Zivilsachen, George.«
    »So, so, Sir«, entgegnete der Kavallerist leichthin. »Ich kenne mich in diesen Unterschieden nicht aus, aber trotzdem kann ich die Sorte nicht ausstehen.«
    Er wechselte seine Stellung und stand, seine schwere Hand auf den Tisch gelegt und die andre in die Hüfte gestemmt, wie das Urbild eines Mannes da, den nichts von einem ein Mal gefaßten Entschluß abbringen könne. Vergebens redeten wir ihm alle drei zu und bemühten uns, ihn andern Sinnes zu machen. Er hörte uns mit der Freundlichkeit, die so gut zu seinem derben geraden Wesen stand, aufmerksam zu, aber unsre Vorstellungen machten offenbar auf ihn

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