Bleakhouse
Trockendock kam, sagte er oft zu mir, wenn er reich genug wäre, die alte Holke zu kaufen, so würde er in die Spannen des Quarterdecks, wo wir im Kontertanz einander gegenüberstanden, eine Inschrift anbringen lassen, um die Stelle zu bezeichnen, wo er fiel – wie er zu sagen pflegte –, der Breitseite nach bestrichen, von dem Kreuzfeuer meiner Toplichter, so nannte er in seiner Seemannssprache meine Augen.«
– Mrs. Badger schüttelte den Kopf, seufzte und warf einen Blick in den Spiegel. –
»Von Kapitän Swosser zu Professor Dingo war ein großer Sprung«, fing sie wieder, mit einem trüben Lächeln, an. »Ich fühlte es anfangs tief. Eine so vollständige Umwälzung in meiner Lebensweise. Aber Gewohnheit, vereint mit Wissenschaft – vor allem mit Wissenschaft –, machte es mir mit der Zeit erträglich. Da ich des Professors einzige Begleiterin auf seinen botanischen Exkursionen war, vergaß ich fast, daß ich jemals auf See gewesen, und wurde eine Gelehrte. Es ist merkwürdig, daß der Professor der Antipode von Kapitän Swosser war und Mr. Badger keinem der beiden auch nur im geringsten gleicht.«
Wir gingen dann auf eine Schilderung des Todes Kapitän Swossers und Professor Dingos über, die alle beide schwer gelitten haben mußten. Im Verlauf der Erzählung deutete Mrs. Badger an, daß sie nur ein Mal wahnsinnig geliebt habe und der Gegenstand dieser ersten Leidenschaft, die bekanntlich niemals wiederkehren könne, Kapitän Swosser gewesen sei. Der Professor sei zollweise auf die schrecklichste Weise gestorben. Mrs. Badger machte uns gerade vor, wie er geächzt hatte: »Wo ist Laura? Laura, gib mir Wasser und Zwieback«, als der Eintritt der Herren ihn für diesmal wieder in seine Gruft zurückversenkte.
Ich bemerkte an diesem Abend, wie überhaupt schon seit einigen Tagen, daß Ada und Richard noch mehr aneinander hingen als sonst. Es war nur natürlich, da sie sich so bald von einander trennen sollten, und es überraschte mich daher nicht allzusehr, als wir nach Hause kamen und Ada und ich uns hinaufbegaben, Ada stiller als gewöhnlich zu finden, obgleich ich nicht darauf gefaßt war, daß sie ihre Arme um mich schlang, ihr Gesicht an meiner Brust verbarg und schluchzte:
»Meine geliebte Esther! Ich habe dir ein großes Geheimnis mitzuteilen.«
– Es mußte offenbar ein schreckliches Geheimnis sein! –»Was ist es denn, Ada?«
»Ach, Esther, du wirst es nie erraten.«
»Soll ich es versuchen?«
»O nein! Nein! Bitte nicht«, rief Ada sehr erschrocken bei dem bloßen Gedanken.
»Ich möchte wirklich gerne wissen, was es wohl sein könnte«, sagte ich und stellte mich nachdenklich.
»Es handelt sich«, flüsterte Ada, »es handelt sich um meinen Vetter Richard.«
»Nun, mein Liebling«, fragte ich weiter und küßte ihr goldenes Haar, das einzige, was ich von ihr sehen konnte, »und was ist mit ihm?«
»O Esther, du wirst es nie erraten!«
– Wie sie sich an mich schmiegte und ihr Gesicht verbarg und selbst nicht wußte, daß sie aus Freude, Stolz und Hoffnung und nicht aus Schmerz weinte, war so reizend, daß ich ihr unmöglich heraushelfen konnte. –
»Er sagt – ich weiß, daß es sehr töricht ist, wir sind beide noch so jung – aber er sagt – sie war ganz aufgelöst in Tränen –, er liebe mich von Herzen, Esther.«
»Sagt er das wirklich? So etwas hab ich mein Leben lang noch nicht gehört! Aber, mein allerliebster Schatz, das hätte ich dir schon vor vielen, vielen Wochen sagen können.«
– Zu sehen, wie Ada mit glühenden Wangen freudig überrascht aufsah und mich umarmte und lachte und weinte und errötete und lachte, war entzückend. –
»Aber, Liebling, für was für eine Gans mußt du mich halten. Dein Vetter Richard ist so offenkundig wie nur möglich in dich verliebt, ich weiß nicht, wie lange schon.«
»Und du hast mir nie ein Wort davon gesagt!« rief Ada und küßte mich.
»Nein, liebes Kind, ich wartete, bis du es mir selbst sagen würdest.«
»Aber jetzt, meinst du nicht, daß es unrecht von mir ist?« Sie hätte mir ein Nein abschmeicheln können, auch wenn ich die hartherzigste Duenna in der Welt gewesen wäre, so aber sagte ich ganz offenherzig: »Nein.«
»So, jetzt weiß ich ja das Schlimmste von der Sache.«
»O, das ist noch nicht das Schlimmste, liebe Esther«, rief Ada und zog mich noch fester an sich und verbarg ihr Gesicht schon wieder an meiner Brust.
»Nicht? Nicht einmal das?«
»Nein, nicht einmal das«, murmelte Ada und
Weitere Kostenlose Bücher