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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Richard.
    »Gut. Das ist recht und vernünftig. Aber jetzt hört mich an, liebe Kinder. Ich könnte euch sagen, daß ihr euch selbst noch nicht genau kennt, daß tausend Dinge geschehen können, euch einander zu entfremden, daß es gut ist, daß die Blumenkette, die ihr euch angelegt habt, so leicht zu lösen ist, da sie sonst vielleicht zu einer Kette von Blei werden könnte. Aber das alles will ich euch nicht vorhalten. Solche Weisheit kommt früh genug, wenn sie überhaupt kommt. Ich will annehmen, daß ihr Jahre später einander noch im Herzen dasselbe sein werdet, was ihr euch heute seid. Alles, was ich euch jetzt sagen will, ist, schämt euch nicht, wenn ihr andern Sinnes werden solltet, wenn ihr entdeckt, daß ihr in reiferem Alter mehr in dem Verhältnis gewöhnlicher Verwandter zueinander steht als jetzt in euren blutjungen Jahren – du entschuldigst schon, Rick –, schämt euch nicht, es mir anzuvertrauen, denn es ist nichts Ungeheuerliches oder Ungewöhnliches daran. Ich bin nur euer Freund und entfernter Verwandter. Ich habe keinerlei Macht über euch. Aber ich wünsche und hoffe, mir euer Vertrauen zu erhalten, wenn ich nichts tue, um es mir zu verscherzen.«
    »Ich bin überzeugt, lieber Vetter«, entgegnete Richard, »daß ich auch zugleich für Ada spreche, wenn ich sage, daß du die größte Macht über uns hast, die es gibt, nämlich die, die aus Verehrung, Dankbarkeit und Liebe entspringt und jeden Tag stärker wird.«
    »Lieber Vetter John«, fiel Ada ein, an Mr. Jarndyces Schulter gelehnt, »meines Vaters Stelle kann nie wieder leer werden. Alle die Liebe und der Gehorsam, den ich jemals hätte geben können, gelten jetzt dir.«
    »Also kommt«, sagte Mr. Jarndyce. »Was ist nun unser erster Schritt? Schauen wir um uns und blicken wir hoffnungsfroh in die Ferne! Rick, die Welt liegt vor dir, und es ist höchst wahrscheinlich, daß sie dich so aufnehmen wird wie du sie. Verlaß dich auf niemanden als auf die Vorsehung und deine eigne Kraft. Trenne nie diese beiden wie der heidnische Wagenlenker in der Geschichte. Beständigkeit in der Liebe ist eine gute Sache, aber sie wiegt nichts ohne Beständigkeit in allen andern Dingen. Wenn du die Fähigkeiten aller toten und lebendigen großen Männer hättest, so könntest du nichts vollbringen, ohne es aufrichtig zu meinen und mit ganzem Herzen zu tun. Wenn du glauben solltest, daß in großen oder kleinen Dingen irgendein Erfolg dem Geschick durch ruckweise oder spontane Versuche abgerungen werden könnte oder je abgerungen wurde, so gib diese Ansicht auf oder laß deine Kusine Ada lieber da.«
    »Da lasse ich lieber die Ansicht hier«, gab Richard lächelnd zur Antwort, »wenn ich sie mit hergebracht haben sollte – was ich nicht hoffe –, und will mir meinen Weg zu meiner Kusine Ada in eine hoffnungsreiche Zukunft bahnen.«
    »Recht so«, sagte Mr. Jarndyce. »Wenn du sie nicht glücklich machen kannst, warum solltest du nach ihr streben.«
    »Ich möchte sie nicht unglücklich machen, selbst nicht, wenn es mich ihre Liebe kosten sollte«, gab Richard stolz zur Antwort.
    »Gut gesprochen. So ist's recht. Sie bleibt bei mir in ihrem Heim. Habe sie lieb, Rick, in deinem Berufsleben nicht weniger als hier in ihrem Hause, wenn du uns besuchen kommst, und alles wird gut gehen. Damit endigt meine Predigt. Vielleicht möchtest du mit Ada jetzt ein bißchen spazieren gehen?«
    Ada umarmte Mr. Jarndyce zärtlich, und Richard schüttelte ihm herzlich die Hand. Und dann verließen sie beide das Zimmer, sahen sich aber gleich wieder um, um mir zuzurufen, daß sie auf mich warten wollten.
    Die Tür stand offen, und wir blickten ihnen nach, wie sie durch das anstoßende, von der Sonne beschienene Zimmer und zur andern Tür hinausgingen. Richard, das Haupt geneigt und Adas Arm in seinem, sprach sehr angelegentlich mit ihr, und sie blickte zu ihm empor und hörte zu und schien für nichts sonst Augen zu haben.
    So jung, so schön, so hoffnungsfreudig gingen sie leichten Schrittes dahin durch die Sonnenstreifen, wie ihre eignen glücklichen Gedanken jetzt vielleicht über die Jahre der Zukunft hinschweiften und sie zu Jahren der Freude machten. Dann traten sie in den Schatten und verschwanden. Nur wenige Augenblicke war das Licht so strahlend durchgebrochen. Das Zimmer wurde dunkler, als sie hinausgingen, und die Sonne versteckte sich wieder hinter den Wolken.
    »Habe ich recht, Esther?« fragte mein Vormund, als sie fort waren.
    – Er, der so gut und weise

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