Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
werden, als er laufen kann, und die Treppe runter ist das schon ein Stück Arbeit. So gerne wie ich das mit machen würde, ist es doch für mich nicht gut. Ich gebe mir schon starke Mühe, daß ich dies alles nicht so sehr auf mich wirken lasse. Gestern bin ich nun mit Grete bei Elli draußen gewesen. Sie läßt Dich recht herzlich grüßen. Sie war eigentlich recht tapfer und sehr zuversichtlich. Von Vater haben wir es ihr verschwiegen, wenigstens daß es so ernst ist, denn sie soll sich, wenn sie nun heute in die Klinik kommt, nicht noch mehr belasten. Ich habe dann noch mit Schwester Klara gesprochen, welche übrigens sehr nett und sehr patent ist. Sie sagte mir eben, daß bei Elli die Pillen nicht mehr wirken, wenn sie ihr mehrere geben würden, wäre dies eine zu starke Belastungsprobe für das Herz, und nun soll Elli mal fünf bis sechs Wochen gar keine Pillen bekommen, sondern soll sich ausruhen und soll eben in der Nervenklinik eine Spritzkur machen. Nach dieser Zeit solle Elli wieder zu ihnen zurückkommen, denn sie würden sie ja jetzt brauchen. Allerdings sagte sie mir, daß Elli mal kein sehr hohes Alter erreichen würde, eben weil diese Pillen das Herz so sehr angreifen.
Ja, alter Strolch, das sind so Sorgen mit denen Du Dich nun auch noch rumplagen mußt. Hoffen wir in allen beiden Fällen das Beste. – Heute war nun auch im Geschäft die große Unterredung, an der Herr Kramer, Diermann, der Chef, Jule und ich teilnahmen. Das Endergebnis ist nun das, daß Jule sich im Beisein von diesen Herren entschuldigt hat. Sie erklärte noch, daß sie es gleich bereut hätte, nachdem sie es heraus hatte, innerlich hätte sie mich längst um Verzeihung gebeten. Mir persönlich erklärte sie noch, daß, wenn Du sie um eine Unterredung gebeten hättest, sie Dir das auch gesagt hätte. Sie war glaube ich froh, daß es so glimpflich für sie abgelaufen ist, denn sie war ziemlich kleinlaut. Herr Kramer wollte Dir nun schreiben, hat er dies schon getan? Ich bin froh, wenn ich meine Ruhe habe und wenn ich mich jetzt mit solchem Kram nicht zu belasten brauche. Nach ihrer Entschuldigung werde ich sie nun wieder grüßen, und damit hat es sich für mich erledigt. Näher werde ich sowieso nicht mit ihr zusammenkommen, habe auch gar kein Verlangen danach. Nun habe ich Dir nur leider sehr Unerfreuliches mitteilen können. Es tut mir leid, aber es ist nun doch einmal notwendig, und das letztere wolltest Du doch unbedingt wissen. Sonst geht es mir persönlich körperlich nicht schlecht, ich fühle mich wohl, und ab und zu muß ich in mich horchen nämlich dann, wenn sich unser Kleines meldet. Und das ist wirklich oft jetzt.
Ich hoffe daß ich Dir im nächsten Brief wieder Schönes und Gutes mitteilen kann. Bleib Du gesund und munter, denn das ist die Hauptsache. Ich gebe Dir jetzt in Gedanken einen recht schönen Gute Nacht Kuß (diesmal mache ich aber die Augen nicht zu) denn es ist schon ½ 11 Uhr, und nun wollen wir noch abwaschen.
Nun nimm noch viele liebe und herzliche Grüße von
Deiner kleinen Lenifrau.
Von Grete viele herzliche Grüße.
Stolpemünde, den 24.1. 1942
Mein lieber kleiner Strolch!
Heute früh bekam ich Deine Karte vom 22. und mittags Deinen lieben Brief vom 18.1. und danke ich Dir für beides. Allerdings verstehe ich nicht, denn soviel ich mich entsinnen kann, musstest Du vorigen Sonntag einen Brief bekommen haben. Ich habe Dir bis jetzt zwei Briefe geschrieben und glaube auch, soweit es ging, ziemlich ausführlich. Die wirst Du wohl nun unterdessen bekommen haben und kannst Du über mein Wohl ganz unbesorgt sein. Also, kleiner Hase, die Träne tut mir leid, aber sobald ich konnte, habe ich geschrieben. Hier ist es immer noch sehr kalt, und seit drei Tagen schneit es, sodass neben den Straßen und Wegen bald [alles] im Schnee liegt. Ausser der vielen Lernerei und Frierens und der wenigen Freizeit könnte man es hier schon eine Weile aushalten, aber so ist jeder froh, wenn es hier am 6.2. wieder weg geht. Heute ist hier Bergfest, das heisst, die Hälfte des Lagers haben wir hinter uns. Na und dann geht die lange Reise los nach Holland, wo schon die Kompanie ist. Genaues schreibe ich Dir kurz vor unserer Abfahrt, aber es wird wohl dabei bleiben. Es kann ja auch sein, dass wir in Deutschland an der Grenze eingesetzt werden, doch wie gesagt, dort in die Ecke kommen wir hin. Rank wird ja nun schon auf dem Wege zum Einsatz sein, aber dafür sind fast die ganzen Hohenbrucher wieder dabei.
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