Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
manchesmal mit dem Schicksal hadere. Wie kam es denn, dass Du Frau Kolbe in der Stadt getroffen hast? War sie wieder bei Frau Dr. Weise? – Da bin ich ja mächtig um meinen Bohnenkaffee gekommen; der Geschmack ist mir schon jetzt wieder entfallen und durch den Luftwaffenkaffee und Hängolin 1) verdirbt man sich nur noch mehr den Geschmack. Die ersten zwei Tage habe ich mich sehr zeitig niedergelegt und wie ein Toter geschlafen, denn durch die Fahrerei, die fast schlaflose Nacht in Köslin, dann durch die Rumrennerei vor der Abfahrt nach hier und dann hier wieder Rumrennerei war ich ziemlich abgespannt. Aber hier schlafe ich immer sehr schlecht ein, und da geht es mir wie Dir, immer müde und schlafen könnte man dauernd. Aber wir beide hoffen nun auf den Urlaub und bis dahin wollen wir uns ins Unvermeidliche schicken. Gestern Abend habe ich an Herrn Cramer 7) geschrieben und wenn Du ihn sprechen solltest, dann verlange nur, dass er mal Frau Kolbe und Frau Leonhard darüber befragt, welchen Charakter Jule hat und vor allen Dingen, sag ihm nochmals, dass Dich weder Herr Diermann noch Herr Ullrich über diese Sache befragt hat. Ich hoffe, dass alles nun zu Deiner Zufriedenheit gelöst wird, da ich sonst an die Arbeitsfront weitergehe. Bald bist Du ja aus dieser Tretmühle heraus und dann kannst Du es Dir zu Hause gemütlich machen, was ich Dir ja von Herzen gönne. Schläft denn Frau Kolbe wieder in meinem Bett und habt Ihr die Betten wieder umgestellt? Ich bin nicht so eigensinnig wie Frau Kolbe und wünsche ihr, dass sie recht nette Träume von mir in meinem Bette hat. Sag doch mal Bambergs Bescheid, ob sie es nicht einrichten können, dass ihr zeitiger anfangt und hat Mutter mit Arthur gesprochen. Dass er Dich, wenn Ihr in der Blümnerstraße spielt, nach Hause bringt?
Siehst Du, kleiner Strolch, das war wieder etwas Wunderschönes, was Du mir da schreibst, nämlich dass ‘es’ sich bewegt hat. Ich hätte so gern es selbst mal gespürt, denn es ist doch zu schön, dass wir ein Kind kriegen. Ich könnte Dir doch gar nicht böse sein, aber unser Kind darfst Du doch nicht mit einem verirrten Pubs verwechseln. Robert, Robert, was soll bloss aus der Erziehung werden. In der Bahn erzählte ein Unteroffizier von seinem Urlaub eine nette Geschichte. Er war über ein Dreivierteljahr nicht zu Hause gewesen und sein knapp vier Jahre altes Söhnchen hatte von ihm Dresche bekommen. Der Knirps sagt am anderen Tag zu seiner Mutter: “Geht der Kerl nicht bald wieder fort?”
Ich habe nun heute gerechnet und bin auf den 27.5. gekommen, stimmt das? Schreib mir mal, ob es so richtig ist. Da kannst Du ja nun langsam mit Kaufen anfangen und bin sehr froh, dass Du nun wenigstens etwas Geld zu Hause hast. Ob Du wohl damit ausreichst? Du sollst doch so wenig wie möglich Geldsorgen haben, aber ich kann Dir leider auch nicht mehr helfen. Da mußt Du ja nun auch balde wieder zum Arzt gehen. Übrigens, was hat denn das Wirtschaftsamt geschrieben oder haben sie sich noch gar nicht gerührt?
Wie geht es denn jetzt Mutter, kleiner Hase, kümmere Dich doch bitte etwas um sie, ich finde, dass sie sich seelisch etwas einsam fühlt und bei den Sorgen, die sie um Vater und Elli hat, ist das zu viel für sie. Ihr zwei solltet Euch doch gegenseitig Stütze sein. Ich wäre Dir dafür wirklich dankbar. – Nun möchte ich gerne wissen, wie Frau Kolbe an mich schreiben wollte, ‘Lieber Hans’ oder ‘Liebes Hänschen’? Ich wäre ihr deshalb nicht böse gewesen. Oder hat sie es vielleicht ungnädig aufgenommen, dass ich zu Silvester keine Brüderschaft getrunken habe. Aber zum nächsten Urlaub wird das nachgeholt, das heisst, wenn sie damit einverstanden ist. Auf Mutters Brief warte ich mit Ungeduld, damit ich nun endlich erfahre, was mit Vater los ist. Hoffentlich geht es ihm wenigstens besser. Wenn morgen der Brief nicht kommt, schreibe ich an Mutter, sonst am Freitag, so dass sie am Sonntag Post hat. Deinen Eltern will ich am Sonntag mal schreiben. Strengt Dich die Wascherei nächste Woche nicht zu sehr an. Könnt Ihr denn nicht mal Schmeissers Lisbeth nehmen?
Von mir kann ich nicht viel schreiben. Eine Menge Schnee hat es die letzten Tage gegeben und eine Hundekälte herrscht, so dass man immer ganz schön durchfroren ist. Unsere Kompanie rückt am Freitag nach Holland (Zwoller Gegend) ab und wir folgen am 7.2. Am kommenden Sonntag bleibe ich wieder in der Bude, aber am übernächsten Sonntag, den 2.2., will ich nach Stolp fahren und mir zur
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