Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Truppenarzt vorstellig werden, dass sie als Pflegerin bei Dir gilt und bekommt sie dann eine Bescheinigung und wird das auch mit eingerechnet. Es kann bis zu M 150,– gezahlt werden und das können wir doch alles mitnehmen. Du siehst, dass ich wirklich mich um alles erkundige und hoffe ich, dass Du mit Deinem kleinen Mann zufrieden bist. Eine kleine finanzielle Besserung wird nun wohl in Deinen Finanzen eintreten. Nur musst Du bloss noch die Steuerkarte für mich schicken, dann ist von mir aus alles erledigt. Gestern habe ich einem Kameraden, der nach Bentheim auf Sonntagsurlaub fuhr, die Familienbücher mitgegeben und wird er sie entweder als Einschreiben oder als Wertbrief abschicken.
Am Donnerstag hatten wir früh eine dreiviertel Stunde exerzieren und dann theoretischen Unterricht, aber ich hab bald zwei Stunden beim Rechnungsführer wegen meiner Gehaltssache gesessen. Nachmittags war wieder Unterricht und das wiederholt sich fast jeden Tag. Heute war früh Revierreinigen, dann Duschen (es sind hier lauter Einzelzellen und ich war in eine geraten, wo statt heissem nur kaltes Wasser kam und musste mit den ganzen Klamotten umziehen), dann ½ 12 Uhr Mittag. ¾ 2 Uhr war dann Parole und dann hatten wir frei. Sonnabends ist der Dienst einfach wunderbar. Die Kompanie musste aber 100 Mann und zwei Unteroffiziere zum Kinobesuch stellen und da habe ich mich mit gemeldet. Wir marschierten ½ 3 Uhr ab und waren ¼ 4 Uhr im Kino. Da es hier mächtig taut, wateten wir oftmals bis an die Knöchel im Wasser, denn wenn das so weiter geht, ist hier in drei Woche Frühjahr. Der Film ‘Was geschah in dieser Nacht’ war ein Unterhaltungsfilm wie üblich. Dann war noch ein Kulturfilm ‘Michelangelo’, der mir sehr gut gefallen hat; darauf folgte die Wochenschau. Das Kino ist die Hälfte so gross wie die Schauburg, aber es war für die Wehrmacht geschlossene Vorstellung. Am Donnerstag will ich sehen, ob ich eine Karte für das Tivoli bekommen, da gastiert ein Gastspiel der Amsterdamer Oper, sie geben einen Einakter von Haydn und eine Oper von Mozart. Wenn es geht, fahre ich nächsten Sonntag einmal nach Amsterdam, die Bahnfahrt kostet ja nichts und das will ich ausnutzen. Dass wir hie pro Tag 1,80 Gulden bekommen, habe ich Dir wohl schon geschrieben und ab 21.2. bekommen wir alle zehn Tage acht Gulden Frontzulage. Ich habe mir heute ein Glas gute Marmelade gekauft, kostet 1,50 und ein halbes Pfund Butter, denn zusätzlich kann man hier noch etwas gebrauchen, das Essen ist bald schlechter als in Köslin. Pro Tag bekommen wir noch vier englische Zigaretten und eine Zigarre. Rauchwaren gibt es hier nicht zu kaufen, aber wenn ich noch eine Woche hier bin, hoffe ich mich über alles das orientiert zu haben, was es hier zu kaufen gibt.
Die Holländer, soweit ich sie nun so kennengelernt habe, kommen mir reichlich komisch vor. Ich habe hier noch nicht einen oder eine einzige gesehen, wo man wie zum Beispiel bei Schweden und Norwegern auf die Nationalität hätte tippen können. Mir kommen sie alle wie Möpse vor, nur dass sie zu faul zum Bellen sind. Es wird furchtbar viel Rad gefahren und nicht selten sieht man Personen im guten Anzug auf dem Rad mit den Holländergondeln an den Füssen. Unsere Wäsche wird auch sauber und kostenlos von den Holländern gewaschen; da habe ich heute aber auch alles zusammengekratzt, was ich an waschbaren Gegenständen da hatte. Auf der Kammer habe ich einen schönen neuen Pullover erwischt und Montag bekomme ich meinen neuen Rock; da will ich gleich wegen einer neuen Hose und Mütze vorsprechen.
So, kleine Lenifrau, nun will ich meinen Päckchenbrief schliessen, denn ich will nun die zwei Päckchen packen und hoffe ich, dass sie Dich und Mutter gesund antreffen. Nächste Post kommt sofort nach Eintreffen Deines von mir sehnlichst erwarteten Briefes.
Mit vielen lieben Grüssen Dir und Mutter bin ich wie immer
Dein Hans.
Leipzig, den 15.2. 1942
Mein lieber alter Strolch!
Es war eine große Freude für mich, als gestern Dein erster und heute Dein zweiter Brief ankam. Ich danke Dir recht herzlich dafür.
So, nun haben wir Kaffee getrunken, prima Bohne, und jetzt habe ich noch mein zweites Schälchen neben mir stehen, da fleckt vielleicht das Schreiben besser. Mutter ist zu Elli nach Dösen, und Grete und ich halten beim Vater Wacht, das heißt bei uns in der Stube. Du erlebst ja heute den ersten Sonntag in Holland und hoffe ich, daß Du einen recht angenehmen und dienstfreien Tag
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