Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
unserem Ziele. Hinter einem Dorf mit sieben Häusern sind wir nun zu Hause und wie wir es uns schon gedacht hatten, noch nichts in Ordnung. Bis jetzt haben wir noch keinen Waschraum, zwei Aborte sind gerade da und momentan liegen wir 14 Mann auf einer Bude, die für sechs Unteroffiziere bestimmt ist. Es wird wohl noch drei bis vier Wochen dauern, ehe hier so halbwegs alles in Ordnung ist. Die Gegend (Westfriesland) ist ganz nett, aber sehr einsam. Lauter große Bauerngüter mit 30 bis 40 Stück Vieh, aber unsere ersten Testversuche wegen Butter waren erfolglos. Ganz komisches Volk hier wieder, sie nennen sich nicht Holländer noch Deutsche, sondern Friesen. Am Donnerstag und heute haben wir alle geschippt, was das Zeug hält und habe ich ganz schöne Blasen an den Händen, so dass ich die Sache satt habe. Da habe ich mich heute freiwillig zu einem Lehrgang als Fernschreiber nach Zwolle gemeldet und fahre nun in den nächsten Tagen hier weg. Dort ist es bestimmt sehr nett, denn Zwolle ist eine schöne Stadt und ich habe die Aussicht, mit zwei Mann ganz selbständig eine Dienststelle zu besetzen. Rank spuckt Gift und Galle darüber, auch wurde von der Auswertegruppe stark gemeutert, aber ich hoffe doch, es richtig gemacht zu haben. Und vor allen Dingen, unterdessen kommt hier der Laden inzwischen ins Rollen und der Dreck ist dann weg, wenn ich wiederkomme. Hintsch und Deesen sind nun seit gestern auch hier, haben ihren Unteroffizier-Lehrgang bestanden und warten nun auf ihre Beförderung zum Unteroffizier. Heute hatte ich alle beide in meiner Arbeitsgruppe und fällt es Hintsch etwas schwer ohne Gegenrede zu arbeiten, na, meinetwegen. Hier in der Stube ist ein Durcheinander, so dass das Schreiben tatsächlich eine Kunst ist. Aber der nächste Brief wird dann wieder besser, denn in Zwolle habe ich dann mehr Ruhe und hoffentlich dann nach meiner Rückkehr nach hier auch. Hoffentlich geht es Dir gesundheitlich gut und sei nicht böse über den kurzen Brief, aber Du kannst das Dir nicht vorstellen, wie es hier zugeht. Bloss Du hast wenigstens ein paar Zeilen und bald folgt ein besserer Brief.
Nun für heute Dir recht viele liebe Grüße und Küsse und behalt mich recht lieb und freue Dich inzwischen auf den nächsten Brief.
Bitte grüsse alle von mir.
Dein Dichliebender Hans.
Schreib bis auf weiteres an L 26308
Leipzig, den 29.4. 1942
Mein lieber alter Strolch!
Habe gestern Deinen lieben Brief von Eurem neuen Einsatzort L. erhalten und heute nun wieder den anderen aus Zwolle. Für beide danke ich Dir recht herzlich. Besonders der heutige hat mich sehr froh gemacht, denn zum ersten Male seit langem merkt man heraus, daß Du mal wieder so recht zufrieden und vielleicht ein bißchen glücklich bist. Das, kleiner Mann, macht mich wirklich mit froh. Und dann auch daß Du ein nettes Zimmer hast mit viel Sonne und wohl gar ein kleines Balkönchen. Die Rede haben wir hier auch gehört 3 ), nur nicht auf dem Balkon, sondern habe ich im Sessel eisern Knopflöcher in die Bettwäsche gemacht und Grete hat an einem rosa Jüpchen gestrickt. Elli hat auch mitgehört und war sie hinterher ganz begeistert davon. Eigentlich bewundere ich Deine feine Nase. Das hast Du ja wieder ganz raffiniert ausgeknobelt, daß Du Dich gerade dafür zum Kurs gemeldet hast. Ich kann mir schon gut vorstellen, daß das ein bißchen interessanter für Dich ist. Besteht denn da eine Möglichkeit, daß Du als Fernschreiber zu Eurer Kompanie zurückkommst und als solcher eingesetzt werden kannst oder was könnte sonst werden? Auch daß es dort Butter gibt, freut mich. Die Butter an Mutter, Mutti und Schramms ist am Freitag angekommen, ebenso der Käse. Ich habe noch keine Butter bekommen, hast Du an mich welche abgeschickt? Sonst ist sie wohl sicher verloren gegangen. Da habe ich eben Pech gehabt, obwohl ich mich sehr darauf gefreut hatte. Man soll dies eben nicht. Das Schokoladenpaket ist am Sonnabend auch eingetroffen. Den Speck habe ich mit Mutter geteilt. Die Bonbonniere wollte ich aufheben, bis ich im Bett liegen würde. Gestern packte es mich aber plötzlich, daß ich sie förmlich vor lauter Begierde aufgerissen habe. Es war ein Hochgenuß, alter Strolch. Da merkt man doch einen gewaltigen Unterschied in der Qualität.
Am 30.4. 42
So, nun ist es glücklich Donnerstag geworden und Du wirst wahrscheinlich schon ungeduldig auf Post warten. Der ganze Besuch soll mir aber bald den Buckel runter rutschen und mich in Frieden lassen. Also bei
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