Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Und dabei wollte ich 2,- hfl. davon sparen. Heute bin ich hier in Verpflegung und jetzt geht es auf 12 Uhr und ich weiss immer noch nicht, was man mit mir vorhat. Und nun zu Dir, kleine Mutti! Wie fühlst Du Dich nun mit unserem Baby? Hat es Dir recht schwer zu schaffen gemacht und hast du gemerkt, dass ich in Gedanken immer bei Dir war? Ich stelle mir immer vor, wie Du im Bettchen liegst, die Sonne scheint in unsere Stube und nun hast Du wohl das Kinderbettchen recht nahe bei Dir. Kleine Frau, Du weißt gar nicht, wie glücklich ich bin und freue ich mich ganz riesig auf den Urlaub. Hoffentlich kannst Du bald wieder aufstehen und dass ja alles gut gegangen ist. Mit der Ruhe ist es wohl nun vorbei, aber ich möchte Dich gern jetzt mal sehen, wenn Du das Kind hast, was Du für ein freudiges Gesicht machst. Wenn es geht, schreib mir nur bald, wieviel es wiegt, wie es aussieht, ob Mädel oder Junge und zuerst natürlich, wie es Dir geht. Du, jetzt ist es genau Dienstag, d. 20.5. 11.40 Uhr, ist da das Kind schon da. Ich warte immer, dass jemand mit dem Telegramm kommt und ich genau Bescheid weiss. Und nun, kleine Frau, alles Gute, recht viele herzliche Grüsse und Küsse Dir und Heidi oder Hans-Michael und denk recht viel an Deinen
Dichliebenden Hans.
Ich wünsche Euch ein recht schönes und angenehmes Pfingstfest. Bei uns unterscheidet sich das leider nicht viel von den anderen Tagen.
Soeben erfahre ich, dass Dein Geld angekommen und morgen mir mit ausgezahlt wird. Ferner kann ich Dir mitteilen, dass ich vorläufig 14 Tage hierbleibe und die F.S. Stelle einrichten soll. Was später wird, ist noch nicht raus, aber da kommt ja dann bald der Urlaub. Nochmals viele Grüsse
Dein Hans.
Leipzig, 1. Pfingstfeiertag (24.5.)
Mein lieber alter Strolch!
Nun habe ich heute Deinen lieben langen Pfingstbrief erhalten und danke ich Dir recht herzlich dafür. Halt – das stimmt nicht, denn ich habe ihn schon gestern Nachmittag bekommen. Dererste Feiertag liegt nun bald hinter uns, so wie Feiertag ist es mir sowieso nicht zumute, früher war das anders, zumal man ja jetzt überhaupt nicht aus der Bude rauskommt. Gestern hatte ich es mal ganz gehörig satt. Grete wollte in die Nürnberger, und ich wollte so gern mit, ich hatte richtige Sehnsucht danach, da habe ich mich mal lange und gründlich ausgeheult. Nachher war es gut, daß wir zu Hause waren, denn Mutti kam angerollt und da haben wir alle vier auf dem Küchenbalkon Rommé gespielt. Was jeder verlor, kam in die Sparuhr und ist jetzt die Schuhkasse für das Kind. Warum seid Ihr bloß alle so ungeduldig mit warten. Überall wird angefragt und auch Mutti rennen sie die Bude ein. Ich muß doch aber auch warten und wäre bestimmt am aller dankbarsten, wenn ich schon alles hinter mir hätte. Du gar siehst mich vielleicht schon wieder außerhalb des Bettes. Neun Tage muß man, wenn alles gut geht und ist, mindestens im Bett bleiben, und dann muß man sechs Wochen unbedingte Schonzeit haben. Trotzdem ich nun ganz stark hoffe, daß dies der letzte Brief ist, den ich so an Dich schreibe, daß vielleicht schon früher ein Telegramm da ist als dieser Brief. Aber wiederum kann es durchaus möglich sein, daß es noch acht Tage dauert, ja daß vielleicht gar mein Geburtstag rankommen kann, was ich aber wirklich nicht hoffe. Also, kleiner Mann, wappne Dich weiter mit Geduld, einmal wird es schon werden. Gestern Abend dachte ich bald es ginge los, solche Schmerzen hatte ich, aber leider war es wieder nichts, da hätte ich es schon hinter mir.
Eben haben wir mit Elli Kaffee getrunken und falsche Schlagsahne gegessen. Sei froh, daß Du nicht mit dabei warst, Du hättest das böse Wesen gekriegt, bei Elli aß die ganze Hand bis hinauf zum Ellenbogen mit, dazu hatten wir prima Kartoffelkuchen und Grete hatte uns Rhabarberkuchen gebacken. Wie hast Du nun die Feiertage verlebt, kleiner Mann? Warst Du wenigstens mal im Kino? Grete und ich schreiben. Nur gemütlich ist es in unserer Stube nicht, man hat gar keine schöne heimliche Ecke mehr. Hätte man nur auf mich gehört und mit dem Umräumen noch ein bißchen gewartet, denn so weiß man gar nicht, wo man sich aufhalten soll. Eben singen sie wieder im Radio ‘Schön ist das’. Klingt wirklich frech! Ja, nun werde ich Dir am Dienstag noch mal Geld schicken, Es wird wohl 270 M werden. Ob das langt? Das habe ich da und geht bestimmt weg..... Dein Seifenpäckchen habe ich nicht erhalten, ebenso das Päckchen mit den Strümpfen nicht.
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