Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
krummen Rücken. Heinz ist am Freitag nach Berlin gefahren, in Leipzig war er noch nicht, Erika ist noch nicht mit, kommt erst im Februar und fährt im März mit Ullrich zurück. Ihr gefällt es dort gut, nur wäre alles wahnsinnig teuer. Ihr graut es, wenn sie daran denkt, wie sie mit dem Wirtschaftsgeld auskommen soll. Da wird sich Erika wohl tüchtig umstellen müssen. Nun will ich Dir noch mitteilen, daß heute Dein Butterpaket angekommen ist und danken wir Dir alle recht herzlich dafür. Ich werde so bald als möglich alles verteilen, und Dir dann Geld und Abrechnung zuschicken. Zwei Päckchen habe ich Dir weggeschickt. Gestern eins und heute das andere mit Pullover und zweitem grünem Hemd. Die Zulassungsmarken, die Du geschickt hast, habe ich doch in Gedanken mit in den Kehricht geworfen, aber großen Dusel gehabt und sie am nächsten Tag, als ich sie vermißte, wiedergefunden. Schramms haben heute ihren Teil bekommen und sich sehr gefreut. Tante Gretchen geht es nicht besonders gut, seit kurzem hat sie jetzt immer Herzanfälle. Für die Butter verlange ich fürs Pfund 25 M, nur von Mutter und Mutti nicht, denn das wäre doch Baumfrevel. Daß die Sprotten angekommen und alle sind, hatte ich Dir doch schon geschrieben, jetzt warte ich nur noch auf den Preis!
Für heute will ich Schluß machen, kleiner Mann, denn ich bin sehr müde. Heute Nachmittag war ich mal wieder einen Sprung bei Ilse, hatte aber Besuch, und bin ich da gleich wieder zurück. Heute waren die Eltern auch in der ‘Entlassung’, und hat es ihnen sehr gut gefallen.
Nun gute Nacht, alter Lumisch, schlaf schön und träum süß vielleicht von
Deiner Lenifrau und Deinem Heidikind
Die ihrem lieben Mann und Vati 1000 liebe Grüße und einen Kuß schicken.
O.U., den 24.1. 1943
Meine liebe kleine Lenifrau!
Recht vielen Dank für Deinen lieben Brief, über den ich mich riesig gefreut habe. Es ist wirklich schön, dass Du mich so gut verstehst und dass man bei Dir sein Herz mal ausschütten kann, aber es muss auf Gegenseitigkeit beruhen, damit ich nicht immer der empfangende Teil bin und Du Dich mit Deinen Nöten allein herumschlägst. Jedenfalls wollen wir immer grosses Vertrauen in allem zueinander haben wie bisher und haben wir uns ja auch bis jetzt immer prima verstanden und ergänzt. Mit der Eingewöhnerei ist es noch nicht weit her, aber in die Arbeit habe ich mich doch stürzen müssen, da blieb mir ja auch nichts anderes übrig. Das kürzer werden meiner Briefe wäre allerdings nicht auf die Eingewöhnung, sondern auf die viele Arbeit zurückzuführen, Du kleiner Pessimist, aber ich hoffe, dass Du in Zukunft mit Länge und Inhalt meiner Briefe zufrieden bist. Mit meinen Gedanken bin ich ja immer bei Euch, mit dem gemütlichen Heim hast Du ja recht, aber die Hauptsache darin bist doch Du und Heidi. Mit Deinen Briefen bin ich schon mehr als zufrieden, denn der Kontakt ist durch Deine ausführlichen Beschreibungen ja da. Deine Drohung, Dich eventuell scheiden zu lassen, heisst ja direkt, mir die Pistole auf die Brust setzen. Aber kleine Frau, ich bin ja noch mehr als zufrieden mit Dir und wüsste wirklich nicht, was ich ohne Dich anfangen sollte. Das Buch ‘Thera’ habe ich nur anfangs gelesen, also sind mir diese aufgerollten Probleme nicht ganz bekannt. Aber kleine Frau, Du musst auch zugeben, dass es einem Mann schwer fällt, bis ins innerste Seelenleben einer Frau einzudringen, denn ich glaube, dass Ihr Frauen immer etwas für Euch behaltet. Und dies u.a. nicht nur aus Schamgefühl, während wir Männer doch letzten Endes als aufgeschlagenes Buch bis zur letzten Seite vor Euch offen liegen. Übrigens ist dasselbe Thema im ‘Schweizerspiegel’ als kleine Nebenhandlung behandelt, scheint doch an und für sich ein wichtiges Problem zu sein, aber ich hoffe doch, dass wir beide nicht darüber stolpern.
Ilse war wohl in Chemnitz bei Arthurs Kamerad gewesen, von dem sie uns erzählte und hattest Du tatsächlich eine gute Nase, dass Du in die Nürnberger reingefahren bist. Das mit der Deutschlandhalle hab ich auch gehört, muss ja furchtbar gewesen sein, dabei ist es aber im Rheinland noch viel schlimmer. Es ist wirklich so, dass die Zivilbevölkerung mehr auszustehen hat als wir hier im besetzten Gebiet. Wir wollen herzlich froh sein, wenn die Alarme bei Euch weiterhin so glimpflich ablaufen wie bisher und zanke Du nicht, wenn Du mal in den Keller musst. Ich verstehe durchaus, dass es mit Heidi da schlecht ist, aber wie
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