Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Brief habe ich heute erhalten, und danke ich Dir recht herzlich dafür. Du, so einen langen Brief habe ich aber wirklich schon lange nicht mehr von Dir bekommen, allerdings schätze ich, daß, wenn Du Dich bei Euch wieder eingewöhnt hast, sie auch wieder kürzer werden. Du darfst aber wirklich nicht denken, daß Du mir die Ohren vollgejammert hast in Deinem ersten Brief. Kleiner Mann, dazu bin ich doch auch mit da, daß Du mit Deinen Nöten und Sorgen zu mir kommst, und wenn man es mal recht satt hat,und wenn es einem mal schwer auf dem Herzen liegt, so erleichtert es ungemein, wenn man sich mal hinsetzt und sein Herz ausschüttet, und das kann dann auch mal ruhig ein Jammerbrief werden und wirkt trotzdem nicht unmännlich. Es wird wohl den meisten Männern so gehen wie Dir, wenigstens denen, die ein gemütliches Heim haben, und das haben wir wohl auch, was? Jetzt wirst Du wohl ein bissel wieder drin sein in Deiner Arbeit, und das ist mit die beste Medizin gegen dumme Gedanken. Drum gebe ich mir doch auch die allergrößte Mühe, um Dir alles Wesentliche genau zu berichten, oder bist Du mit mir nicht zufrieden? Dann lasse ich mich nämlich scheiden wie Thera. Das Buch habe ich angefangen, der erste Teil kann sich einem direkt schwer auf die Seele legen. Man könnte darüber geteilter Meinung sein. Ganz bestimmt hat auch der Mann mit Schuld, er hat wirklich immer nur sein Glück gesehen und von seiner Frau ganz unbewußt das gleiche vorausgesetzt, obwohl er sich gar nicht die Mühe nahm, in ihr Inneres einzudringen. Auf der anderen Seite aber kann ich die Frau nicht verstehen, die ihr kleines Kind im Stich lassen kann. Aber mit uns beiden hat das ja nichts zu tun, wir wissen wohl beide, was wir aneinander haben.
    Am Sonntagnachmittag wollte ich zu Ilse und Fränze gehen. Heidi und ich hatten uns dazu recht hübsch gemacht, in der Blümnerstraße standen wir aber leider vor verschlossener Tür. Ilse war nach Chemnitz gefahren. Wir haben uns dann nicht lange besonnen, uns auf den Strom geschwungen, und sind in die Nürnberger gerollt. Ich hatte mal wieder Glück, Tante Hedwig aus Berlin war da, hatte Bohnenkaffee und einen prima Kuchen mit, und schmeckte beides ganz ausgezeichnet. Tante Hedwig erzählt, daß beim ersten Angriff auf Berlin am Sonnabend die Deutschlandhalle getroffen wurde, in der gerade ein Zirkus gastierte, alle Tiere sind kaputt bis auf die Elefanten, und alle Menschen, die sich in der Garderobe befanden. Am Sonntag Abend ¼ 9 Uhr hatten wir dann hier auch wieder Alarm. Ich kann Dir sagen, ich habe nicht schlecht gezankt, bin aber mit Heidi wieder bei Frau Kürbis gewesen. Kurz vor 10 Uhr war wieder Entwarnung, und spendierte Vater noch einen Grog, und gerade beim schönsten Schlürfen kam ein zweiter Alarm. Jetzt hatten wir aber erst mal abgewartet, und dauerte dieser zweite Alarm nur 20 Minuten. Uns Erwachsenen macht es ja nicht viel aus, zumal wenn er so zeitig kommt, daß man noch nicht im Bett liegt, aber wenn man ein Kind aus dem Schlaf reißen muß, so ist das weniger angenehm, zumal sie so leicht dann aus der Ordnung kommen, und gerade Heidi ist doch so ein Nachtschwärmer. Um 1 Uhr nachts ist sie jetzt immer hellwach und rawanzt in ihrem Bett rum, daß es nur so eine Lust ist. Um 3 Uhr habe ich es für gewöhnlich satt und nehme sie dann in mein Bett. Mir scheint bald, der kleine Kerl läßt es darauf ankommen, na, da kann sie mich aber bald von einer anderen Seite kennenlernen. Mir ist es ja nur darum zu tun, daß sie nicht kalt wird, denn sie versteht es ganz ausgezeichnet, ihr kleines Beinchen durch ihren Frack zu zwängen. Montag Vormittag haben Mutter, Heidi und ich einen Besuch bei Schramms gemacht und waren beide Tanten wie immer ganz weg von ihrer Großnichte. Gestern waren Mutter, Heidi und ich bei Frau Dr. Weise. Mutter ist um 9 Uhr hin und ich und Heidi waren ¼ 12 Uhr dort. Habe den Wagen in der Nürnberger gelassen und Heidi hingeschleppt. ½ 2 Uhr kamen wir dran und hatte Mutter ganz besonderes Glück, sie kam nämlich ausnahmsweise mit uns dran. Deine Tochter wiegt jetzt über 18 Pfund. Also ein ganz schöner Brocken und ist soweit auch in Ordnung. Allerdings darf sie jetzt nicht gr0ß sitzen, ihr kleiner Rücken ist nämlich noch nicht ganz in Ordnung. Nichts Ernstes, kleiner Mann, wahrscheinlich nur noch ein bißchen schwach. In vier Wochen müssen wir noch mal hin. Das Sitzen kommt ja auch zurecht, lieber vier Wochen später als zu früh sitzen, sonst bekommen sie nur einen

Weitere Kostenlose Bücher