Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
eine Woche später Tag der Wehrmacht, wo auch allerhand geplant ist. Aber man kommt ja nun langsam dem Ende entgegen. Hoffentlich hast Du mir nun inzwischen den Auszahlschein zur Unterschrift geschickt, damit Du Dir schnell das Kleid holst. Heute kam auch ein Brief aus Holland von dem Heidbüchel, es hat sich dort nicht viel geändert, nur die Helferinnen sind gekommen. Hast Du nochmals was von dort bekommen? Nun grüsse bitte die beiden Eltern und Schramms und danke ihnen in meinem Namen, denn zum Schreiben komme ich vor nächster Woche nicht. Das Pensum steigt jetzt hier mächtig und mit der Ruhe ist nicht viel los. Aber Dein nächster Brief wird wieder länger, dafür ist er heute um so kürzer geraten.
Dir nun wieder recht viele liebe Grüsse und Küsse, drücke den kleinen Strolch von mir und denk oft
an Deinen Dichliebenden Hans.
Leipzig. den 18.3. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Nun bin ich also gestern Mittag um 1 Uhr wieder zu Hause gelandet, und liegt diese Fahrt nun auch hinter uns. Hoffentlich hast Du diese Tage nicht vergeblich auf Post gewartet. Deine Karte lag prompt als Begrüßung hier und danke ich Dir herzlich dafür. Am Sonntag, als Du weg warst, bin ich noch mit Toni im Kaffee Löwen gewesen, und hatten wir an unserem Tisch einen alten Herrn sitzen, dick, rund, asthmatisch und mit Stoppelhaar und sehr viel Geld. Der interessierte sich sehr für Tonis schöne Beine und wollte mit ihr unbedingt noch einen Spaziergang im Mondschein machen. Ich hab mich krank gelacht dabei und bin dabei sehr gut auf meine Kosten gekommen. Anschließend waren wir noch bei Gretel unten im Kaffee und lagen dann um 2 Uhr im Bett. ‘Dr. Krippen’ hat mir sehr gut gefallen, nur hab ich mich hinterher über den Hof hinter zu Tode gefürchtet. Am Dienstag habe ich dann mit Gretel noch einen sehr schönen Spaziergang gemacht, und anschließend auch noch mal ins Kaffee. Mittwoch früh dann um 4 Uhr raus, denn um 5.10 Uhr ging mein Zug. Die Heimfahrt war gut, und habe ich bis Leipzig guten Anschluß und immer Eckplatz gehabt. Heidi empfing mich schon oben auf der Treppe, und hat sich wirklich laut gefreut, als sie mich wiedersah. Es war direkt rührend. Unter Lachen ging es immer Mama, Mama. Dann bin ich gleich wieder mit ihr unten rumgegondelt, und war ½ 3 Uhr schon in der Nürnberger, dort war aber noch niemand zu Hause, und habe ich mich wieder heimwärts zum Kaffee trinken getrollt. Außer Schramms war noch Elli da, die schon früh draußen wieder gerückt war. Vater hat sie am Abend wieder raus gebracht. Es ist sehr schlimm mit ihr. Sie erzählt jetzt allen Leuten, daß sie ein Kind bekommt, und ist Mutter mal wieder ganz fertig. Es geht tatsächlich nicht mehr lang so weiter, es wäre wirklich besser, wenn sie wieder in ein Heim käme, der Ansicht ist jetzt auch Mutter, sie leidet ja begreiflicherweise am meisten unter all diesem.
Heute Nachmittag waren Mutti und Lisa hausen. Mutti und Papa sind gestern Abend wiedergekommen und sind sie von Berlin entsetzt. Beide hat der Abschied sehr gepackt, und Ullrich hätte ganz bitterlich geweint, als ob er es ahnte. Es ist alles schlimm und wird wohl erst im Frieden besser werden. Dein Kamerad Mennige hat wieder fünf Pfund Butter geschickt. Ich habe mich da wirklich sehr für alle gefreut, und will mich dann gleich noch bei ihm bedanken. Von Rank kam heute auch ein Brief und schicke ich Dir denselben gleich mit. Und den Brief, den Du mit zurückgegeben hast, schicke ich ihm hin.
Am Sonntag geht es bei uns nun ins Waschhaus, am Abend schreibe ich Dir aber einen lieben langen Brief. Wie bist Du denn wieder zurückgekommen? Und was macht Dein Reißen im Bein? Laß es nicht hinhängen und geh dort zum Arzt. Auch wegen dem Arm, denn damit ist nicht zu spaßen, man bekommt so was nie wieder los. Wie sind die Arbeiten ausgefallen? Es wird schon alles schief gehen. Die Eltern sind heute ins Kino, ich habe bis jetzt gewaschen, und nun Dir, nach Saaz, Mennige und Rank geschrieben.
Schneider Fritz hat auch geschrieben, aber der muß noch ein Weilchen warten. Heidi hat in meiner Abwesenheit wieder zwei Zähnchen bekommen, vorn in der Mitte.
Nun sei nicht böse, mein alter Stromer, wenn ich für heute aufhöre, am Sonntag wird es wieder ein langer Brief und bis dahin Dir 1000 liebe Grüße und einen Kuß auch von Heidi
Deine Leni.
Gruß von allen hier.
Wittingau, den 21.3.43
Meine liebe kleine Lenifrau!
Recht vielen Dank für Deinen lieben Brief, der
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