Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
nachdem ich heute wieder allerhand geschrieben habe, besitze ich leicht Mattscheibe und habe alles wutentbrannt in die Ecke gefeuert. Leider ist heute keine Post eingetroffen, aber morgen wird schon was für mich dabei sein. Und nun freue ich mich schon auf nächsten Sonntag, wir wollen nur hoffen, dass alles klappt und wir paar schöne Stunden verleben können. Gestern war hier richtiger Schneesturm, dazu hatten wir noch Schiessen für das Winterhilfswerk, das hat mich M 2,40 gekostet, aber dafür hatten wir wenigstens heute Ruhe. Heute früh habe ich einen schönen Zweistunden Spaziergang gemacht, es war zwar kalt, aber nach dem andauernden in der Schule Sitzen war es herrlich. Von Mittag bis um 6 Uhr habe ich dann geschrieben und gezeichnet, aber dann hatte ich es satt. Nun muss ich dann noch Verwaltungskunde studieren, denn morgen wird eine Arbeit geschrieben, und dann geht es in die Falle. Leider scheint nun die Zwischenprüfung wegzufallen und ist mein Interesse an diesem Lehrgang ja so, dass ich lieber früher zurückgefahren wäre. Wegen einem Sportwagen habe ich mich erkundigt bei einem Lehrer, der in Königsgrätz, also Protektorat, wohnt. Er sagte, er würde mir nicht raten, denn die Wagen wären jetzt alle ganz primitiv, nicht haltbar und unverschämt teuer. Hier in Wittingau gibt es keine, und ob ich woanders die Gelegenheit habe hinzukommen, weiss ich nicht.
Sag mal, hast Du denn nun was aus Holland bekommen? Ich habe schon zweimal an die Kompanie geschrieben, aber keiner rührt sich. ...Wenn Dein nächster Brief kommt, beantworte ich ihn sofort und adressiere ihn nach Saaz, da ich annehme, dass Du schon am Donnerstag von Leipzig wegfährst. Am Mittwoch reiche ich das Urlaubsgesuch ein. Da kannst Du mir dann in Saaz viel von zu Hause erzählen. Nun muss ich aber Schluss machen, dafür findest Du bei Gretel einen Brief vor.
Dir recht viele liebe Grüsse, ebenso an alle zu Hause.
Dein Dichliebender Hans.
Leipzig, den 7.3. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Für Deinen lieben Brief, der heute ankam, danke ich Dir recht herzlich, für Deine lieben Grüße und Wünsche zum 7., da muß ja nun ich ein schlechtes Gewissen haben, denn diesmal habe ich es vergessen. Bist Du da böse? Jetzt ist Sonntag Vormittag, Essen soweit alles auf dem Herd (Klops), Heidi schläft auf dem Balkönchen, Mutter näht in der Stube, Vater ist baden, und ich sitze in der Küche, damit ich Heidi höre, und schreibe. Das Wetter ist ganz prima, Baro ganz gewaltig gestiegen, hoffentlich hält es mal eine Weile an. Heidi hat dreimal, nach ewig langer Zeit mal durchgeschlafen, oder ich habe sie nicht gehört, denn ich habe gestern von Mutter drei Likörgläschen voll Wermut bekommen. Ein Zähnchen hat sie noch nicht wieder bekommen.Am Freitag Nachmittag war ich mit ihr bei Frau Dr. Weise, nachdem ich Mittag angerufen hatte. Sie hatte am Oberkiefer vorn ein kleines eitriges Zahngeschwür. Wahrscheinlich hatte sie sich einen kleinen Splitter eingezogen beim Rumbeißen an ihrem Bettchen. Gestern ist die Geschichte aufgegangen und hat sie nun wahrscheinlich keine Schmerzen mehr. Sonst ist sie aber mobil und munter. Erika fährt am Mittwoch früh um 8 Uhr weg, und Papa und Mutti werden sie wahrscheinlich nach Berlin bringen. Dort muß es bös aussehen. Onkel Paul hat gestern geschrieben. Aber das erzähle ich Dir selber. Onkel Paul schrieb, daß ihm ganz unwillkürlich Schillers Glocke eingefallen ist. ‘Einen Blick nach dem Grabe seiner Habe sendet noch der Mensch zurück.’ Tante Hedwig wollte auch schreiben, hat es aber noch nicht getan, vielleicht hat es sie auch erwischt. Es ist schlimm. Da bleibt es nun also bei Saaz? Mir wäre es lieber gewesen, wenn Ihr in unsere Nähe versetzt worden wäret, denn dann hättest Du unzweifelhaft mehr davon gehabt. Meiner Schätzung nach kannst Du bald erst Sonntag Morgen in Saaz sein. Ich werde Gretel sofort schreiben und sie bitten Dir unverzüglich zu schreiben. Wenn es dabei bleibt, bringe ich ein Küchlein mit, aber Bohne nicht, das wäre zuviel. Weißt Du, was ich gestern bekommen habe? Auf Erikas Flüchtlingsausweis vier Paar Messer und Gabeln und vier Eßlöffel in Silber von meinem Muster. Habe mich da sehr gefreut. Allerdings kostet mich der Spaß an die 40 M. Wenn mir jemand was zum Geburtstag schenken will, so ist ein Besteck ein schönes Geschenk. Du bekommst auch Deines am 27.6. Vater hat ja nun auch am 17.3. Geburtstag, und bekommt er ein Paar Strümpfe und eine Bougele
Weitere Kostenlose Bücher