Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
der Regen, der zeitweise wieder geht, war wirklich mehr als dringend nötig. Am Sonntag im Garten sah alles trocken aus. Weißt Du, ich bin unter die Holzarbeiter gegangen. Ich habe im Garten gesägt und gehackt, daß Mutti meinte, ich könne bestimmt am Montag meinen Arm nicht rühren. Dabei habe ich gar nichts gespürt. Heute Abend bin ich mal wieder allein zu Hause, die Eltern gehen in die ‘Räuber’, geht schon um 5 Uhr los.
Nun halte den Daumen, daß es nicht regnet, denn ich will nun mit Heidi in die Stadt verschiedenes kaufen. Hoffentlich bekommst Du den Brief noch bis zum Sonntag, ich nehme ihn gleich auf die Hauptpost mit. Wie schaut es mit dem Urlaub aus kleiner Mann?
Für heute Dir nun 1000 liebe Grüße und einen Kuß, auch von Deinem kleinen Strolch
Deine Lenifrau.
Grüße von Mutter und allen. Mutter schreibt Dir evtl. morgen.
Leipzig, den 30. Mai 1943
Mein lieber alter Strolch!
Eben habe ich Deinen lieben Sonntagsbrief gelesen, und danke ich Dir wieder herzlich dafür. Mal sehen, wie weit ich Dir schreiben kann, wollte es eigentlich ganz ausführlich tun, aber immer kommt was anderes dazwischen. Erst kam Reni, dann Dieter und Karin, dann Güttners Kurt Sohn (von ihm Dir viele Grüße) und jetzt kraucht Heidi unten rum und hält mich alle naselang ab. Am Freitag den Brief wirst Du wohl inzwischen erhalten haben und sind da ja ein Teil Deiner Fragen schon beantwortet. Ja, kleiner Mann ich kann Dir so sehr nachfühlen, wie Dich das mit Max getroffen hat, und Du hast wirklich recht, wenn Du schreibst, daß es um uns her leer wird. Aber wir wollen den Kopf nicht hängen lassen, und einen baldigen Frieden mit allen Fasern unseres Herzens wünschen. Maxens Anzeige stand in der Zeitung, und hatten wir geglaubt, daß auch Du es lesen würdest, aber nachdem Du mir nun schriebst, daß Du augenblicklich keine Zeitung hast, mußte ich es Dir wohl schreiben. Ich glaube, wenn Du ihnen ein paar Zeilen schreibst, würden sich beide, die alten Naumanns und die junge Frau sehr freuen.
Wie ist denn das Wetter bei Euch jetzt? Hier ist es augenblicklich immer kalt und regnerisch. Gestern habe ich für Heidis Sportwagen einen Fußsack in gelb mit kleinen Blümchen drin erstanden. Steckt sie doch wenigstens bei kühlerem Wetter ein bissel wärmer. Und nun muß ich Dich bitten, Dir doch wegen des Verlustes des Paketes keine Sorgen zu machen. Es kommt doch gar nicht in Frage daß Du für die viele Rennerei und Mühe, die Du gehabt hast, noch den Verlust tragen sollst. Ich habe jetzt die Summe wieder voll hier, und werde nun doch noch mal leichtsinnig sein und Dir im Brief Geld schicken. Eine genaue Aufstellung liegt bei, die einzelnen Konten brauchst Du Dir aber nicht zu merken, die rechne ich hier im Buche ab. Aber vielleicht ist es doch mal wieder möglich, ein bissel Kaffee mit aufzutreiben, denn damit könnte ich meinen Verlust wieder glatt machen. Evtl. kannst Du ja den Kaffee mitbringen, wenn Du auf Urlaub kommst. Gibt es aber keinen mehr, nun so können wir es auch nicht ändern.
Freust Du Dich, daß für Dich nun der Lehrgang zu Ende ist? Oder bist Du nicht so begeistert? Sag mal, wie wird es denn da mit dem Urlaub? Hoffentlich geht da alles glatt, denn wir freuen uns doch so sehr. Gestern habe ich auch wieder ein Glas Fleisch eingeweckt, das wartet nun auf Dich, es wird wohl aber endgültig das letzte sein, denn jetzt kann man es nicht mehr. Jetzt krabbelt Heidi an mir rum, und eben hat sie ein Stück Papier erwischt, und trollt sich mit ihrem Raub. Nein, sie gibt es mir wieder, na, ich muß sowieso gleich aufhören. Mit Gemüse ist es jetzt bei uns ganz schlecht, und weiß ich oft nicht, was ich Heidi kochen soll. Jetzt sind auch wieder die Möhren alle geworden. Aber lange kann das ja nicht dauern. Heute Nachmittag will ich mal in die Nürnberger, das Waschhaus mit einräumen, und morgen will ich ein bissel mit waschen helfen. Jetzt habe ich keine Ruhe mehr, kleiner Strolch, denn Heidi reicht mir alles rauf, was sie auf den Boden geworfen hat.
Bleib also gesund und behalt uns lieb und nimm 100 liebe Grüße und einen Kuß
Von Deiner Leni und Heidi.
Eben saß unser Kerlchen im Sessel wie Graf Koks, war allein rauf geklettert.
O.U., den 1.6 1943
Meine liebe kleine Lenifrau!
Der zweite Geburtstag von Dir kommt nun heran, wo ich nicht zu Hause bin und Dir alles sagen und wünschen kann, was ich auf dem Herzen habe und nun muss ich es eben wieder brieflich tun. Kleiner Strolch,
Weitere Kostenlose Bücher