Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
ich wünsche Dir als erstes immer recht gute Gesundheit, auf dass Du nicht zu sehr unter den Kriegszeiten zu leiden hast, dann wünsche ich Dir noch recht viel Freude an unserer Heidi und hoffe, dass wir recht bald die Zeiten erleben, auf die wir alle ja schon mit Sehnsucht warten, um alle wieder zusammen zu sein. Hoffentlich ist es bald so weit, denn nachzuholen haben wir sehr viel. Diesmal wird es nun der erste Geburtstag sein, an dem Du von mir nichts weiter vorfindest als den Brief und schäme ich mich direkt, dass Du aber auch gar nichts weiter von mir vorfindest als diesen Brief und die Gewissheit, dass ich Dich noch viel mehr lieb habe als von der Zeit an, wo wir uns kennenlernten; aber vielleicht schaffe ich es später doch einmal, um das alles nachzuholen, was ich im Sinn hatte, Dir zu schenken. Eine Kleinigkeit bringe ich zum Urlaub mit, viel wird es nicht, denn es gibt ja hier bald auch nicht mehr zu kaufen. Ich will aber nicht vergessen, Dir ein paar recht schöne Stunden an Deinem Ehrentage zu wünschen und werde in Gedanken besonders oft an Dich denken. Und nun recht vielen Dank für Deinen lieben Brief, den ich gestern Abend vorfand, als ich von meiner Zweitageurlaubsreise zurückkam. Du kannst Dir ja denken, dass ich mich da besonders gefreut habe, Post von Dir vorzufinden und wollte ich erst gleich schreiben, aber ich war ziemlich abgespannt und war es auch schon kurz vor Mitternacht, so dass ich es auf heute verschoben habe, wo ich doch frischer bin. Heidis Geburtstag hast Du ja sehr nett geschildert, Du hast ja recht, ich wollte die Karte ja auch direkt an Heidi schicken, deswegen habe ich sie ja mit dem Kinderbild ausgesucht, aber weisst Du, ich dachte, Ihr würdet mich auslachen und deshalb habe ich sie an Dich gerichtet. Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen, wenn es mit dem Schreiben mit der Zeit bei Dir nicht so klappt, denn ich kann Dir ja gar nicht böse sein und wenn früher mal kleine Misshelligkeiten zwischen uns auftraten, so waren sie doch kein Dauerzustand. Es freut mich, dass Du eine so schöne Abwechslung bei den Riffels gefunden hast, wenn es nur öfter dazu käme, damit Du wenigstens etwas hast. Zu Deinem Werk in Gestalt des Spielhöschens für Heidi meinen Glückwunsch, ich glaube Dir gern, dass Du daran Deine Freude hast, zumal es für unseren kleinen Strolch bestimmt ist. Heidi ist ja überhaupt von allen Seiten sehr reichlich beschenkt worden und schwimmt ja jetzt in Ausstattung (hier natürlich nur bildlich gemeint, obwohl es wohl auch in natura vorkommen wird) und in Barvermögen. Aber gerade in punkto Spielhöschen glaube ich, dass sie jetzt einen grossen Bedarf darin hat, denn bei ihren Lauf- und Kriechunternehmungen wird sie ja, wie Du schon mal mir geschrieben hast, manchmal lustig aussehen. Da haben sich ja wirklich alle angestrengt und finde ich es besonders nett, dass auch Frau Lehmann und Frau Kürbis daran gedacht haben. Der kleine Kerl hat also doch schon gemerkt, dass sich an diesem Tage alles um sie drehte und hätte ich sie gerne dabei gesehen. Wie Du mir den Tag geschildert hast, kann ich mir schon ein Bild davon machen und habe ich beim Lesen und auch jetzt geschmunzelt, ja, über solch Wunderwerk, wie es kleine Kinder sind, vergisst man doch Sorgen und Alltag und bringen sie viel Sonne in unser Leben. Bloss schade, dass man den Sonnenschein nur so kurze Zeit geniessen kann. Na, da nützt kein Trübsinn, man muss sich eben damit abfinden. Hoffentlich hast Du nun nicht so viel Sorgen wegen der Impferei, jetzt ist ja die Zeit der Krisis, aber vielleicht übersteht das kleine Kerlchen auch die so gut und bei guter Laune wie die eigentliche Impferei. Brief und Karte von Dir habe ich erhalten und musst Du auch schon meine Antwort darauf haben, wegen des Paketes später mehr darüber. Da waren Kunads also auch als Geburtstagsgäste da, na, da habt Ihr ja paar schöne Stunden verlebt und der halbstündige Alarm war eben ein festlicher Abschluss. Für die junge Frau Naumann ist es ja nicht leicht, mag es zwischen ihr und Max vielleicht auch nicht alles so gewesen sein, wie es sein sollte, so ist es doch immerhin nicht leicht, einen solchen Verlust zu erfahren. Wie geht es denn Maxens Mutter? Wenn Ihr beide trefft, grüsst doch bitte vielmals von mir.
Hier hat es gestern geregnet, aber heute kann man beinahe schon von Sommerwetter sprechen. Du, übernimm Dich nur nicht bei den Gartenarbeiten, denn Du mutest Dir manchmal mehr zu, als Du in körperlicher Verfassung
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