Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
sehr gut gefallen. Und nun will ich mal für heute Schluss machen, es gibt Milchsuppe mit grauen Nudeln zum Abend, ein fürchterlicher Frass, aber man hat ja nichts anderes.
Dir und dem Heidikind recht viele liebe Grüsse und Küsse und bleibt mir recht gesund. Den Eltern ebenfalls recht viele Grüsse.
Dein Dich liebender Hans.
E.O., den 9.7. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Nun habe ich heute von dem neuerlichen Angriff auf Leipzig erfahren und bin ich sehr in Sorge um Euch, wie es Euch geht. 9) Obwohl man immer hofft, dass Ihr nicht betroffen seid, schwebt man doch immer zwischen Hangen und Bangen, bis man wieder Nachricht von zu Hause hat. Wie mir Mutter schrieb, wolltest Du am 6. mit bis Oschatz fahren und nun bin ich mir nicht im Klaren, ob Du am gleichen Tage wieder zurückgefahren bist. Ich hatte immer gedacht, dass Ihr in Leipzig nun vor grösseren Angriffen Ruhe hättet, aber die Wirklichkeit sieht ja leider ganz anders aus. Nachdem sich die Kriegslage nun im Endstadium so verschärft, so ist es doch am besten für Dich und Heidi, wenn Ihr vorläufig wieder von Leipzig wegmacht, ich würde aber Euch nicht zu Oschatz raten, denn wer weiss, ob es dort noch sicher ist. Am besten ist es, wenn Ihr Euch da an die N.S.V. wendet, damit es recht bald geschieht. Auch den Eltern habe ich in diesem Sinne geschrieben, denn es hat keinen Zweck, sich nur wegen der Wohnung solchen Gefahren auszusetzen. Sollen sie eben jemand Fremdes in die Wohnung setzen, bis wieder einmal ruhige Zeiten kommen. Obwohl ich mir gleich denken konnte, dass der Postbote nichts für mich hatte, habe ich doch schon seit früh auf ihn gewartet, aber wie vorausgesehen, vergeblich. Hoffentlich kommt aber bald ein Lebenszeichen von Euch, damit die Unruhe aufhört, denn das ist ein jämmerlicher Zustand. Hast Du nun meinen letzten Brief noch bekommen, den ich Dir auf Euer Bild und Deine Karte geschrieben habe gerade an dem Tage, an dem Ihr wieder soviel habt durchmachen müssen. Kleine Frau, Euch bleibt ja auch nichts erspart. Wollen wir nur hoffen, dass es nicht mehr so lange dauert und wir uns alle gesund wiedersehen. Schweres genug habt Ihr ja alle durchmachen müssen. Ich habe nun die Bilder geholt, viel ist ja nicht herausgeholt worden, ich glaube, die Holländer geben sich auch keine Mühe mehr, wenn sie merken und wissen, dass es für Deutsche ist. Morgen oder übermorgen schicke ich nun die Bilder weg; ich habe noch zwei Malbücher für Heidi und paar Drops. Gleichzeitig schicke ich die drei Bücher mit zurück, denn ich will keine Privatsachen gross hier behalten. Gestern war ich nun in ‘Immensee’, der Film hat mir ausserordentlich gefallen, solche ruhigen Zeiten kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Ich hatte gedacht, dass Gretel nun für längere Zeit bei Dir bleiben würde, und nun schreibt mir Mutter, dass sie schon am 6. wieder weggefahren ist. Aber Du hast Dich auch so wohl über ihren Besuch gefreut.
Nun will ich für heute schliessen und hoffe nur, dass Euch alle meine Zeilen gesund antreffen und ich bald Nachricht von Euch bekomme und werde ich Dir dann sofort wieder schreiben. Bis dahin recht viele liebe Grüsse Dir und dem Heidikind von
Deinem Dichliebenden Hans.
E.O., den 11.7. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Du kannst Dir gar nicht vorstelle, wie ich auf Nachricht von Euch gewartet habe und danke ich Dir recht vielmals für Deine liebe Karte. Du hast ja gleich an mich gedacht und geschrieben und bin ich mehr als froh, dass Ihr so gut weggekommen seid. Unterdes habt Ihr nun vergangene Nacht schon wieder einen Angriff durchmachen müssen, hoffentlich war es nicht so schlimm wie am 7. und ist zu Hause noch alles in Ordnung. Hast Du Dich nun mal erkundigt, wohin Du vorläufig mit Heidi fahren kannst und haben die Eltern sich nun auch entschieden? Ich warte immer noch auf die Dienstreise; mein Inspektor auf der Abteilung hat mir auch fest versprochen, an mich zu denken und kann es doch nicht mehr so lange dauern. Aber fahre Du immer ruhig immer weg, wenn es bei Dir klappen sollte, denn Deine und Heidis Sicherheit gehen vor; sollte ich dann niemand zu Hause antreffen, dann können wir es auch nicht ändern. Man könnte heulen, wenn man daran denkt, was wieder für grosses Leid über die Leipziger gekommen ist und muss es ja wüst aussehen; wenn das noch paar mal so weitergeht, kann ja nicht mehr viel von Leipzig übrig sein. Du wirst mir wohl glauben, dass ich hier keine richtige Ruhe mehr habe,
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