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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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alles noch so abgelaufen ist. Es wird wirklich Zeit, dass ich nach Hause komme und wieder verdiene, denn mit der Hungerunterstützung kannst Du trotz des anderen Zuschusses auch nicht lange vegetieren. Wenn ich hier mal entlassen werde, dann will ich zusehen, Kartoffeln, Mehl und Brot mitzubringen. Hier beim Fechten oder Hamstern ist das Wort ‘noch Kriegsgefangener’ ein ganz gutes Schlagwort, aber zusammen werden wir schon was bekommen. Wegen Seife bin ich jetzt stark am Organisieren, jedesmal, wenn wir Büchsenmilch bekommen, tausche ich dieselbe gegen Seife (Selbstfabrikat, aber gut) ein und hab ich schon zwei grosse Klumpen. Damit ist Dir dann sicherlich auch geholfen. Ueber Heidis Kontrolle jeden Morgen habe ich herzlich gelacht, aber der kleine Kerl weiss schon, was er will. Wie ist sie denn überhaupt auf den Gedanken gekommen, ihre Spielsachen früh zu überprüfen? Du, jetzt komme ich mit einem grossen schlechten Gewissen zu Dir, nämlich die 24 Stäbchen habe ich schon aufgeraucht, aber Du bekommst dafür andere. Weisst Du, das ist ja ausser dem Kinobesuch aller 14 Tage das einzige Laster, denn wenn man Tag für Tag abends hier in der Bude hockt, da bleibt nur das Rauchen noch als Zerstreuung. Bitte sei nicht böse, aber Du kommst auch noch zu Deinem Recht. Hier war es die letzten vier Tage unverschämt kalt geworden, ca. zwölf Grad Kälte und haben wir bei der Arbeit und nachts sehr gefroren, aber über Nacht fiel das Thermometer auf minus ein Grad und jetzt schneit es seit Mittag. Da wird ja nun Heidi auch zu ihren Schlittenpartien kommen. Hier spricht man jetzt ganz allgemein darüber und soll wohl auch schon eine amtliche Mitteilung seitens der Militärregierung herausgekommen sein, dass Sachsen am 2.2. geräumt werden soll. Ferner sollen alle Kriegsgefangenen unter 20 und über 32 vom 2.2. bis 6.2. entlassen werden. Ich glaube auch fest daran und freue mich schon auf die Heimkehr. Was machen denn Onkel Max und Onkel Ernst in der ATG? Die Arbeit wird ihnen bestimmt nicht leicht fallen. Und was macht denn Martin? Was Du über Holzhausen schreibst, ist ja kaum zu glauben, man weiss hier überhaupt nicht, was man dazu sagen soll. Es freut mich, dass Du öfters ins Theater kommst, da hast Du wenigstens einen Genuss davon. ‘Hoffmanns Erzählungen’ und den ‘Sommernachtstraum’ kenne ich auch noch nicht. Da bist Du mir ja jetzt weit voraus. Ja, kleine Frau, viel hat man in den sechs Jahren verpasst und wenn auch noch schwere Jahre vor uns liegen, so glaube ich bestimmt, dass es wieder besser wird. Freuen tue ich mich, dass Du Dir doch nicht ganz und gar als Vorbild vorkommst; mir geht es genau so und zum alt sein haben wir ja noch Zeit. Unsere Bücher hier habe ich alle gelesen, es ist ja viel Schund darunter und nun lass Dich ja nicht davon abbringen, mir die Berliner zu schicken, denn da warte ich schon darauf. Von Heinz habe ich ein Feuerzeug bekommen und tut es mir gute Dienste. Am ersten Feiertag gab es Geflügel, aber was, das haben wir alle nicht feststellen können, aber gut hat es geschmeckt. Warum der Röthaer nicht mit sollte, kann ich Dir auch nicht verraten, wahrscheinlich eine Marotte von dem Oberleutnant. Er ist 19 Jahre alt und sonst ein ganz netter Bruder. Der Aschkuchen war gut, aber nicht mit Deinem zu vergleichen, den ich übrigens mit Heinz aufgegessen habe. Du, die Sägerei und Hackerei hab ich jetzt mal gründlich satt. Ich habe am Freitag vier Stunden und heute von 9-12 Uhr gehackt und nun kommt mir der Bleistift wie ein Streichholz vor und musst Du das ja auch an der Sauschrift merken. In der letzten Zeit war es auch nicht mehr so lohnend, aber das zusätzliche Brot und die Stäbchen hat man als guten Zuschuss betrachtet. Silvester habt ihr ja ordentlich gesumpft und weiss ich nun wenigstens auch, woher mein Schwips kam. Der Gedanke, mein Bild an die Bowle zu stellen, war also doch nicht übel. Radio habe ich auch gehört, denn die auf unserer Nachbarstube haben einen guten Apparat. Ja, bei Horns und bei Schramms haben wir doch schon schöne Stunden verlebt und wird es wohl schon seine Zeit dauern, bis wir wieder mal so feiern können. Am Neujahr hattet Ihr ja allerhand Besuch, wie geht es denn Tante Ida? Bei ihr zu Hause wird wohl immer noch dasselbe Leiden sein. Hier war jetzt das Kino vier Tage vom Tommy geschlossen, weil bei einer Wochenschau über die Tommys gelacht wurde. Ich habe aber den Film ‘Damals’ mit der Zarah noch gesehen und war er nicht übel. An Heidi

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