Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
letzten Briefe hatte ich ja eine Aufstellung davon gemacht. Ob wohl der Brief Nummer 3 noch angekommen ist? Weisst Du, ich glaube, die Briefe sind darum verschwunden, weil man das Stäbchen durch den Umschlag fühlen konnte. Ich werde es mal in Zukunft mit Einschreibebriefen versuchen, es wird wohl sicherer sein und dazu noch schneller gehen. Diesen Brief und einen für Mutter nimmt der Vater des Röthaer Kameraden mit, der gestern früh unverhofft von Leipzig ankam und am Montagabend wieder zurückfährt, sodass Ihr also schnellstens in den Besitz der Briefe kommt. Fest steht es nun, dass ich so gegen das letzte Drittel des Februars nach Hause komme, zumal nach allem, was man hier hört, der Russe sich Anfang Februar zurückzieht. Sollte es nicht der Fall sein, dann komme ich wie Heinz, das ist mein fester Entschluss. Ist denn nun bei uns auch Haussuchung gewesen? Finden konnte man ja nichts, weil ja nichts zum finden da ist, aber für Euch wird es wohl eine weniger angenehme Situation gewesen sein. Es hat doch sein Gutes, dass Heidi ein neues Bilderbuch mitbekommen hat, da verschwindet wohl Hans Wundersam langsam als Lieblingslektüre. Sage ihr nur, dass ich richtig stolz auf sie bin, dass sie mir ein so schönes Bild gemacht hat und werde ich es neben dem prima Kalender über meinem Bett anbringen. Mit dem Sparbuch hast Du mich nicht richtig verstanden. Ich habe das Buch umschreiben lassen und dann Geld davon abgehoben. Nun wollte ich Dir Zigaretten versorgen, die Du vielleicht zum Tauschen oder Wiederverkauf nehmen solltest, aber darauf hast Du mir noch nicht geschrieben, sodass ich nicht weiss, ob ich es richtig mache. Hast Du denn nun wenigstens das Radio in Ordnung gebracht bekommen, damit Du wenigstens zu Hause Deine Unterhaltung hast? Heinz habe ich Bescheid gesagt, wie die Sache ist und ist das damit nun auch erledigt.
Mit der Arbeiterei habe ich ja ganz hübsch nebenbei erzielt, aber am Dienstag habe ich doch Pech gehabt und habe da wieder etliches zugeschustert. Ich hatte drei Kameraden gebeten, mir beim Sägen einer Fuhre Holz mitzuhelfen und bekamen wir auch von der Sektion einen grossen LKW dazu zur Verfügung gestellt. Als wir das Holz aufladen wollten, musste ich feststellen, dass es sich bei dem grössten Teile um altes Bauholz handelte, dass es derart vernagelt war, dass wir nicht an der Motorsäge das Holz sägen konnten, ohne dass das Sägeblatt kaputt gehen würde. Wir sind dann nur mit einem halben Meter Holz losgefahren und habe ich den Kameraden aus meiner Tasche Stäbchen und paar Mark gegeben. Aber das nächste mal bin ich vorsichtiger und schaue mir das Zeug erst gut an. Ich bin froh, dass Ihr mal Weihnachten über was Anständiges zu essen hattet. Hoffentlich wird es auch mit den laufenden Zuteilungen etwas besser. An Lesestoff mangelt es Euch ja nun in der Familie nicht. Übrigens, das Buch ‘Frieden’ von Gläser haben wir ja selbst. Mit Heinz verstehe ich mich sehr gut, wenn auch unsere Ansichten über manches auseinander gehen, so kommen wir doch miteinander gut aus. Ich wünsche ihm und Erie, dass sie sich hier gut einleben werden, ausserdem haben sie ja aber wohl nicht die Absicht, ihr Leben in Holtensen zu verbringen. Heinz fährt am Montag früh zu einem Lehrgang nach Hannover auf eine Woche, sodass wir bis dorthin zusammen fahren können. Bitte grüße Krolls und Leidels von mir und danke ich auch für Umschläge und Briefpapier, aber lieber wäre es mir gewesen, er hätte es nicht geschenkt. Sehr erfreut bin ich, dass Heidis Erkältung besser wird und hoffe ich, dass sie recht bald wieder voll und ganz auf dem Posten ist. Du bist wohl recht entsetzt gewesen, als Du nochmals von Heinz hören musstest, dass wir das englische Klopapier zum Drehen nehmen? Aber das habe ich ja nun nicht mehr notwendig und werde ich mir das Seidenpapier schön zurechtschneiden. Dass Heinz mit dem Tintenkuli Pech gehabt hat, wirst Du ja wohl schon erfahren haben, aber immer noch lieber die Federhalter, ehe man ihm selber an den Kragen gegangen wäre. Dem Meester und Helenchen danke ich aber trotzdem für das mir zugedachte Geschenk. Unabhängig davon habe ich mir vor ein paar Tagen einen Füller bei einem Kameraden bestellt, der mir einen für M 22.– besorgen will. sodass man dann ja wieder ein richtiges Schreibinstrument zur Verfügung hat. Die Kekse haben Heinz und mir wunderbar geschmeckt, was wohl auch mit dem Kuchen der Fall sein wird, zumal er von zu Hause ist. Das Pfeifchen habe ich schon
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