Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
alles im Herbst noch tadellos in Ordnung gebracht. Für mich wird das auch schwer, denn ich weiß noch nicht so genau Bescheid überall, und habe mir immer von Papa Rat geholt.
Gestern haben wir im Waschhaus eingeweicht, und morgen ist große Wäsche. ... Dann will ich diese Woche noch mal mit Heidi zu Frau Dr. Weise, denn das Kerlchen hat den Keuchhusten. Wir waren ja schon ein paar mal bei Herrn Sauerzapf, aber durch die Ereignisse der letzten Tage bin ich etwas wankelmütig geworden, so daß ich doch lieber mit ihr zu Frau Dr. gehe.
Das wäre alles für heute, sei nicht böse wenn ich schon aufhöre, aber ich bin jetzt immer so schrecklich müde, das macht auch, weil man die Nacht vor vieler Husterei nicht richtig schlafen kann.
Sobald dein Brief da ist schreibe ich Dir wieder, und bis dahin Dir viele liebe Grüße und Süße auch vom Kerlchen
Deine Leni.
Viele Grüße von allen.
Nr. 6Nienburg, den 24.3. 46
Meine liebe kleine Lenifrau!
Am Freitag Mittag kam ich von Delmenhorst hier an und fand Dein Telegramm vor, kleine Frau, und kann es noch gar nicht fassen, dass Dein lieber Vater nicht mehr unter uns ist. Mit welchen Hoffnungen auf Besserung ich ihn am Tage meiner Abreise in der Klinik verlassen habe, das glaubst Du gar nicht, da ich seinem Aussehen nach mit der Wiedergesundung als bereits gegeben gerechnet habe. Es ist ein schwerer Schlag für Mutter und Dich, aber ebenso für mich, denn ich hatte in ihm ja einen Menschen kennengelernt, der immer für die Seinen sorgte und auch viel für mich übrig hatte. Leider bin ich durch die langen Kriegsjahre nicht näher mit ihm zusammengekommen, worauf ich nach meiner endgültigen Rückkehr rechnete und tut es mir weh, dass ich ihn nicht wiedersehen soll. Den Verlust, kleine Frau, tragen wir gemeinsam, nur ist es sehr bitter für mich, dass ich gerade jetzt, wo das Leben Dir so zusetzt, nicht an Deiner Seite bin. Aber in Gedanken bin ich immer bei Dir und wollen wir immer unserem Vater ein gutes Bedenken bewahren. Am liebsten wäre ich sofort zu Dir gefahren, aber das ist zur Zeit nicht möglich und so hatte ich am Freitag Abend mit dem Chef hier in Nienburg gesprochen, ob er mich evtl. nach Holtensen fahren würde und hatte er für gestern zugesagt. Wir sind ½ 10 Uhr weggefahren und waren 12 Uhr bei Heinz. Er war gerade unterwegs mit seiner Klasse und kam um 1 Uhr nach Hause. Erie hatte ihm ebenfalls telegrafiert und wusste er Bescheid. Nach Leipzig fahren konnte er durch seine Tätigkeit nicht, aber er will die Osterferien bei Erie verbringen. Wir sprachen auch wegen Mutti zusammen und wird er schon Erie geschrieben haben, dass Mutti doch auf einige Zeit mit nach Holtensen kommen soll. Das Beste wäre es für sie und würde ich sehr dazu raten. Kleine Frau, Du wirst mir nicht böse sein, wenn ich mich schon heute bei Dir nach den finanziellen Verhältnissen von Mutti erkundige. Bei meinem letzten Besuch bei Vater sprach ich mit ihm, ob er finanzielle Sorgen hätte, wo man ihm evtl. hätte helfen oder raten können und sagte er mir, dass er ca. 1.500.– M Geld zuhause flüssig hätte. Da wäre Mutti ja eine Zeitlang geholfen und für die weitere Zukunft soll sie sich ja keine Sorgen machen, auch da werden wir ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Für Mutti ist es ja nun eine schwere Zeit; ob wohl Lisa eine Zeitlang zu ihr ziehen kann, damit sie nicht so allein ist. An Martin werdet Ihr wohl wenig Hilfe in der ersten schweren Zeit gehabt haben und Heinz und ich sind nun auch nicht zu Hause, sodass wohl alle Last auf Dir, Lisa und Erie geruht hat. Für letztere war es eine traurige Rückkehr, aber sie hat wohl Vater nochmals gesehen.
Liebe kleine Frau! Ausser dem Telegramm fand ich noch Deinen Brief Nummer 3 vom 12.3. vor, vielen Dank für die lieben Zeilen. Brief Nummer 2 habe ich nicht erhalten, vielleicht kommt er noch. Es kann ja sein, dass ich durch die Versetzung schon eher komme, aber auf alle Fälle halten wir Ende Mai fest. Ich hatte Dir ja schon geschrieben, dass ich auch Deiner Meinung bin, dass ich besser getan hätte, zu Hause zu bleiben, aber das geht ja nun nicht mehr zu ändern. Du kannst mir ruhig glauben, dass ich auch bei grösseren Schwierigkeiten gekommen wäre und auch mich so spätestens Mai durch nichts abschrecken lasse. Gestern habe ich versucht, bei dem Küchenbullen hier was herauszuschinden, aber da es auch hier die verkürzte deutsche Verpflegung wie in Deutschland gibt, war es ein vergebliches Unterfangen. Das
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