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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Chef, daß er Dich nach Holtensen gefahren hat, da konntest Du Dich wenigstens mit Heinz aussprechen. Über Martin hatte ich Dir ja geschrieben, daß er weder zur Beerdigung mitgegangen noch sonst ein Wort gefunden hat, und hatten wir es ja auch gar nicht anders erwartet. Auch schrieb ich Dir ja schon, daß Papa auch von Dir einen Gruß mit ins Grab genommen hatte, denn den Forsythia hatten wir ja beide im Albertpark gepflückt. Wenn Heinz zu Ostern kommt, will er doch dann Erika und Ulli mitnehmen, und dann ganz nach dort mit ihnen übersiedeln. Ich glaube nicht, daß Mutti dann schon mitfahren wird, halte es auch nicht für angebracht, denn wenn sie hinkommen, ist ja noch nichts da, und muß Erika ja erst mal ihren Haushalt aufbauen. Später dann, wenn die Möglichkeit besteht, halte ich es durchaus für angebracht, wenn sie mal einige Zeit zu ihnen fährt. 1500 M sind es nicht, die Mutti hat, es sind so ungefähr 1200 M, und wenn keine Entwertung kommt, so kann sich Mutti schon eine Weile hinhelfen. Erika ist mit Mutti und Lisa die letzten Züge bei Papa gewesen, nur ich kam zu spät. Aber auch das hatte ich Dir schon alles geschrieben, und Dir nur dann noch das Telegramm geschickt, damit Du wenigstens in Gedanken bei seinem letzten Gang dabei sein solltest. Aber auch das hat ja seinen Zweck nicht erfüllt. Und nun freuen wir uns alle beide auf den Mai, kleiner Mann, und wollen ganz fest daran glauben. Das ist ja auch gar nicht mehr so sehr lange. In sechs bis sieben Wochen könntest Du schon ungefähr da sein. Ob Du mit vollen oder leeren Händen kommst, das ist mir ganz gleich, die Hauptsache – Du kommst – und das hoffentlich bald. Alles andere wird sich finden. Den Befreiungsschein brauche ich nicht für die Wohnung, sondern vom Arbeitsamt, und bekomme den für Mutter mit Kindern bis zu sechs Jahren. Alle anderen müssen sich auf dem Arbeitsamt melden, und werden in der Hauptsache zum Schippen eigesetzt. Heidis Husten ist noch nicht weg, das braucht schon seine Zeit. Wenn so ein Anfall kommt, so tut es ihr immer ganz schön weh und schreit sie dabei. Namentlich nachts. Aber es wird schon werden. Sonst ist sie aber immer vergnügt und guter Dinge. Das Brieflein, das Du an das Kerlchen geschrieben, das ist ja ganz reizend, und hätte ich Dir das gar nicht so zugetraut. Sie hat sich sehr gefreut darüber, und wird Dir auch morgen selbst Dankeschön dafür sagen. Den guten Luftwaffenmantel hat Erika nicht mitgebracht. Wenn es Dir nicht gar so großer Ballast ist, kannst Du ihn vielleicht mitbringen, denn es ist besser, ich habe ihn hier. Warum graut Dir eigentlich vor Birkenheide. Wald und Heide, das ist das wonach ich mich mal wieder sehne. Wann werde ich das mal wieder genießen können? Koste das nur richtig aus dort, kleiner Mann, Du kommst ja bald wieder in den Stein- und Trümmerhaufen von Leipzig zurück. Die Zigaretten sind doch schon lange angekommen, und warte ich schon schmerzlich auf den Rest. Ich schrieb Dir doch, daß ich das Stück mit 6,50 M verkauft habe. Was will man mehr? Von den restlichen 15 behalte ich aber mal fünf für mich, und verkauf nur zehn, damit man auch mal wieder in den Genuß kommt. Recht vielen Dank auch für das beigelegte Stäbchen, kleiner Mann. Bei uns ist jetzt mit Macht Frühling geworden, und ist es so schön warm, und könnte alles so schön sein, wenn eben nicht alles so traurig wäre. Es ist schon alles ganz schön grün, und Heidi übt sich tüchtig im Kreiseln. Gestern und heute war ich den ganzen Tag im Garten, es ist ja so viel Arbeit, und habe ich doch fast die ganze Arbeit allein. ...Morgen gehe ich erst zu Mittag wieder raus, aber übermorgen zum Donnerstag schon gleich früh wieder. Zu Ostern möchte ich den Garten gern in Ordnung haben. Am Sonntag waren Mutti, Lisa, Erika und ich in der Kirche. Hatten eine Einladung bekommen. Papa wurde abgekündigt. Anschließend zum Abendmahl, und dann sind wir noch alle auf den Friedhof gefahren. Ich habe dann mit in der Märchenwiese zu Mittag gegessen, und nach Tisch ist Mutter mit Heidi gekommen.
    Ich glaube, das wäre alles, was ich heute zu berichten habe. Ich bin jetzt abends immer so hundemüde, daß mir alle Arbeit liegen bleibt. Jetzt ist es 9 Uhr, und wenn ich jetzt Deinen Brief fertig habe, verschwinde ich auch gleich wieder. Mutter wird wohl mit ihrem Brief auch fertig sein.
    Bleib mir nur gesund kleiner Mann und behalt uns lieb und nimm für heute viele liebe Grüße und Süße auch vom Kerlchen
    Deine

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