Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
eher nach Hause gehen, ich hätte Dich sowieso ½ 8 Uhr nach Hause geschickt, denn Du hättest Dich bloss erkältet. Ueber meine Reise habe ich Dir geschrieben, aber ich bin jetzt immer so viel unterwegs und weiss gar nicht, wohin ich zuerst fahren soll. Morgen früh fahre ich nun erst nach Amsterdam, wo ich viel zu tun habe, will aber abends schon wieder zurück sein, denn wie ich Dir schon schrieb, muss ich auch ganz dringend nach Nijmegen, dann nach Apeldoorn und auch Soesterberg-Zwolle ist noch zu erledigen und dabei liegen Stösse von Papieren vor mir, die auch noch erledigt sein wollen. Man merkt eben, dass es keine richtige Vertretung im Urlaub hatte. So ungefähr wie früher im Urlaub bei Lieberoths. Heute kam ein Kamerad, der fünf Tage sich in Leipzig aufgehalten hat, der erzählte, dass Ihr fast jeden früh im Keller gesessen habt, Ihr armen Hascherl und dabei kann man noch froh sein, wenn es nur dabei bleibt. Die Freude und Ueberraschung bei Lehmanns über den Grog kann ich mir vorstellen, da hätte ich mich auch gefreut. Unsere Gedanken haben sich da ja beim Jahreswechsel gekreuzt und danke ich Dir nochmals für all die guten Wünsche und wollen wir nur hoffen, dass sie nun endlich mal eintreffen. Ist denn nun Helenchen und der Meester wieder eingetroffen und beziehen sie nun die Zimmer in Holzhausen? Schreib mir doch bald die Adresse oder soll ich an Kunads adressieren? Warst Du vielleicht doch noch in Oschatz? Kleine Frau, verlier nur den Mut nicht, lange kann der Krieg doch nicht dauern und dann bin ich für immer zu Hause und vielleicht denkst Du dann still für Dich: ach, nun habe ich den Plagegeist für immer auf dem Halse, war doch früher so solo auch ganz schön. Bist Du denn nun mal nach Deinen Bädern gewesen, lass es nur nicht hinhängen, kleine Maus. Und wie geht es unserem kleinen Strolch, ist der böse Husten wieder weg? Soso, da vermisst mich Heidi also doch, na, manchmal wird sie wohl auch sich gedacht haben: Was will der fremde Kerl denn auf einmal hier. Hier hatte es bis gestern geregnet, als ich aber heute früh nach Arnheim fuhr, war alles weiss, ist aber nachmittag wieder weggetaut. Du, rede Mutter zu, dass sie nach Freiberg zu Elli fährt und in Freiberg soll sie zur NSV 1) wegen Uebernachtung gehen. Bald werde ich Euch eine kleine Ueberraschung zukommen lassen, über die Ihr Euch sehr freuen werdet. Heute haben wir Unteroffiziere wieder mal Klöhnabend gehabt, obwohl es mir wegen Zeitmangel nicht gerade passte. Der Spiess war auch dabei und war wieder scheissfreundlich. Du, würdest Du mir wieder die L.N.N. 2) zuschicken lassen und sag mal, hast Du was wegen Deinem Geld gehört? Ich muss nun aber Schluss machen, da ich noch für morgen früh zu packen habe.
Bitte grüsse beide Eltern recht vielmals von mir. Dir und Heidi recht viele liebe Grüße und Küsse
Dein Dichliebender Hans.
Leipzig, den 7.1. 1944
Mein lieber alter Strolch!
Nun habe ich doch einen Tag mit Schreiben ausgesetzt. Hoffentlich bist Du nicht so beunruhigt dadurch, aber bis jetzt ist hier alles noch in Ordnung. Heute Nachmittag ist in der Albertstraße eine Hauswand eingestürzt, und hat wieder etliche unter sich begraben. Man muß eben jetzt überall sehr aufpassen. Von Dir habe ich bis jetzt auch noch keine Post bekommen, und ich denke mir, daß ich wohl noch etliche Tage warten kann, obwohl ich überzeugt bin, daß Du sofort geschrieben hast. Weißt Du, was ich heute bekommen habe? Heidis weißen Anzug, den Gretel gestrickt hat. Er sieht wirklich ganz süß aus und habe ich mich sehr darüber gefreut, zumal ich ihn ja schon als verloren betrachtet habe. Am 26.11. aufgegeben und heute zum 7.1. kommt er an. Vielleicht sind da Lisas 60 M auch noch angekommen. Heute ist es nun acht Tage her, kleiner Mann, daß Du von uns wieder fort bist, und liegt diese Zeit schon wieder unendlich weit hinter mir, und ist mir wie ein Traum, von dem man nun wieder zehren kann. Am Mittwoch bin ich früh nach Holzhausen, denn Heinz wurde doch erwartet. ½ 2 Uhr ist er angekommen, und bis ½ 5 Uhr ist er in der Stadt rumgeirrt, ehe er sich rausgefunden hat. Der Berliner Verkehr geht fast noch ohne Unterbrechung. Die U-Bahn fährt regelmäßig, und auch die Straßenbahn zum Teil. Es sind dort eben einzelne Stadtteile nur Straßen, und kommt die Verwüstung nicht so zur Geltung. Ueber Leipzig war er erschüttert, und das wird wohl jedem so gehen. Erika schrieb einen sehr lieben Brief. Sie wolle sofort herkommen, wenn
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