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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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Händen übers Gesicht.
    »Giuseppe ist am Tag eures Unfalls gestorben. Morgens. Ein missglückter Raubüberfall. Der Täter ist nie gefunden worden.«
    Er starrt auf das Bonbonpapier. Dann faltet er es zusammen und wirft es in den Aschenbecher. »Wir wollten jemanden, der für uns die ganze Geschichte aufdeckt. Und der den Mut hat, sie aufzuschreiben. Erinnerst du dich noch an den Sommer? Meinst du, es hätte gereicht? Glaubst du, wir hätten …«
    Adriano unterbricht ihn.
    »Was zählt das jetzt noch?«
    Der Mann mit der Zigarette antwortet nicht. Er denkt nach, scheint weit weg zu sein, verloren in Zeit und Raum.
    »Als wir begriffen haben, dass Borsellino ernsthaft in Gefahr war, sind wir sofort in Aktion getreten.«
    »Zu spät.«
    Er nickt heftig.
    »Ja, viel zu spät. Und mit den falschen Mitteln. Weißt du, was ich heute täte? Ich würde eine Pressekonferenz abhalten. Oder ein Video ins Netz stellen. Ich würde alles sagen, was ich weiß. Vielleicht ließe sich damit wenigstens Zeit gewinnen.«
    »Und was wusstest du?«
    Er schluckt das Bonbon herunter und macht sich eine Zigarette an.
    »Damit wirst du dich noch umbringen.«
    »Hast du nicht ferngesehen, Adriano? Ich bin schon tot.« Er nimmt einen Zug. »Nach Falcones Tod waren wir am Ende. Der Staat am Boden, die Mafia auf dem Vormarsch, die politische Klasse zu Hause, um sich im besten Fall vor den Schmähungen zu retten. Wir hatten nichts, nur uns selbst. Die hatten eine halbe Autobahn in die Luft gesprengt, um einen Richter umzubringen. Das hätte es nicht gebraucht. Eine Pistole hätte genügt.«
    »Hätte aber nicht so viel Lärm gemacht.«
    »Sicher, sicher. Aber auch so ist so gut wie nichts passiert. Na schön, es gab einen neuen Staatspräsidenten. Und dennoch … dieser Mord war folgerichtig. Die Mafia hat stets ihre Feinde umgebracht. Das war nichts Neues. Dann kam Borsellino.«
    Wieder ein Zug.
    »Auch für die Cosa Nostra war die Mauer gefallen. Dafür stand sie vor einer neuen: dem Maxi-Prozess. Die lebenslänglichen Freiheitsstrafen für die Bosse. Alle im Knast, das System Cosa Nostra von einem Insider bloßgelegt, in erster Instanz schwarz auf weiß festgehalten und sowohl in der Berufung als auch vom Obersten Gericht bestätigt. 1992, als die Urteile rechtskräftig wurden, hatten sie sich seit einem Jahr vorbereitet, seit dem Berufungsurteil. Für sie gab es nur noch eine Hoffnung, da herauszukommen.«
    »Die Aufhebung.«
    »Richtig. Und als sie begriffen haben, dass das nicht passieren würde und die Politik sie fallenließ, haben sie getan, was jedes wilde Tier tun würde. Sie haben sich zur Wehr gesetzt.« Er macht eine Pause. »Wir haben viel zu spät begriffen, wie das mit dem ganzen Rest zusammenhing.«
    Er raucht schweigend vor sich hin. Lange, bleierne Sekunden.
    »Der Niedergang der politischen Klasse hat ihnen ebenfalls genützt«, fährt er fort. »Diese Politik hatte sie nicht gerettet, sie hatte sie samt und sonders zu Lebenslänglich verdonnert. Sie war der Feind, schwach, zerbrechlich, ein Kartenhaus. Ein gezielter Stoß genügte, um es zu zerstören. Und genau das ist passiert. Allerdings konnten sie es nicht zulassen, dass man an ihr Geld kam. Das ganze Parlament konnte vor die Hunde gehen, sie würden immer noch jemanden finden, mit dem man sich einig würde. Aber wehe, jemand machte ihnen wegen des Geldes die Hölle heiß. Das war weit weg, investiert in die legale Wirtschaft. Vieles war versteckt, aber nicht mehr sicher. Deshalb bin ich zu dir gekommen und hab dir von Mirri erzählt. Es war der erste kleine Schritt, um dich auf die richtige Fährte zu bringen. Deshalb habe ich euch auch an jenem Sonntag nach Palermo geschickt. Ich konnte dir nicht alles auf einmal erklären, sonst hätte dein Handeln mich am Ende noch verraten. Und die Hinweise, die ich dir gegeben habe, waren … anonym. Den Rest musstest du selbst rauskriegen. Ob du glaubst oder nicht, ich hatte keine Ahnung, dass es passieren würde. Ich dachte, ich hätte mehr Zeit.«
    Er macht eine Pause.
    »Borsellino war viel cleverer, als sie dachten. Er hatte begriffen, was los war, weshalb Falcone gestorben war und wer ihn umgebracht hatte. Lange vor uns hatte er durchschaut, dass das Problem nicht allein die Cosa Nostra war. Es war die Wirtschaft, die Verflechtungen, die Bündnisse, die es wiederherzustellen galt. Und schließlich hat er etwas aufs Spiel gesetzt, mit dem sie nicht gerechnet hatten.« Er hört auf zu rauchen und sieht Adriano an. »Er hatte

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