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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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Versuchslabor kennt. Sie hatte sie auf den Fußabtreter gelegt und stupste sie hin und wieder mit der Pfote oder der Schnauze an. Dann sah sie zu mir hoch und wartete darauf, dass ich sie lobte.
    Einen Moment lang war ich kurz davor, mich zu übergeben. Ich krümmte mich vor Husten, doch die Katze blieb ungerührt. Keine Flucht, keine Angst.
    Es war richtig so.
    Der Satz kam zurück und füllte den Raum zwischen mir und dem Tier. Wir waren genauso gejagt worden wie diese Maus.
    Wir hatten uns für schlau und mutig gehalten. Wir waren so sicher gewesen, im Recht zu sein. Wir hatten uns vorgemacht, auf der Seite der Guten zu stehen und für etwas zu kämpfen, das es sich zu verteidigen lohnte und das uns am Ende den Erfolg oder zumindest das Überleben gesichert hätte.
    Aber wir waren weder gut noch mutig. Nur das Schweigen machte uns Angst, genau wie allen, und wir hatten glauben wollen, dass das geteilte Grauen uns im entscheidenden Moment weniger einsam machen würde.
    Ein Fehler, für den wir alle bezahlen mussten.
    Ich habe die Katze vor der Tür sitzenlassen, bin ins Haus gegangen, habe einen Müllsack und ein paar Gummihandschuhe geholt, sie übergestreift und die tote Maus in den Sack geworfen. Dann bin ich die zehn Meter zu den Mülltonnen gelaufen und habe versucht, an nichts zu denken. Ich habe den Sack und die Handschuhe weggeworfen und bin ins Haus zurückgekehrt.
    Die Katze schlief unter dem Tisch. Ich hätte sie gern gestreichelt, doch sie machte mir Angst. Ich habe sie einen Moment lang angesehen und dann die Tür abgeschlossen.
    Auf dem Sofa bin ich erneut eingeschlafen. Keine Träume. Keine Stimmen. Als ich die Augen wieder aufschlug, lag die Katze zu meinen Füßen und hatte sich zwischen mich und die Armlehne geschmiegt.
    Sie ist sofort aufgewacht. Wir haben einander angesehen, und ich habe sie unterm Kinn gekrault und ihr etwas zu essen gegeben. Sie ist mir ins Schlafzimmer gefolgt und hat sich auf die Kommode neben dem Schrank gelegt.
    Nach diesen beiden Malen habe ich die Verhandlungsbänder nicht noch einmal gehört. Daniele hat sie an sich genommen, es erschien uns am richtigsten und sichersten so.
    Jedes Mal, wenn ich wieder daran denke, sehe ich ein räudiges Stück Wiese vor mir, in der Ferne eine Autobahn, einen Müllcontainer, Flammen, die über den Rand züngeln, ich rieche den beißenden Geruch von verbranntem Magnetband.
    Es ist ein immer wiederkehrendes Bild, Niederlagen und Siege brauchen nun einmal Symbole. Auch gestern ist es mir wieder gekommen, ein dumpfer Schmerz hinter den Augen, der dem Kopfschmerz vorausgeht, während die Katze neben mir schlummerte.
    Ich habe das Licht gelöscht.
    An Tod und Schmerz gewöhnt man sich ebenso wie an das Leben.
     
    Ich habe stets an Gott geglaubt.
    Meine Mutter hat mich auf Gottes Gegenwart in der Welt aufmerksam gemacht. Das katholische Internat hat ein Übriges getan. Ich war zwölf, als ich ins Internat kam. Bei meiner Rückkehr nach Hause war ich fast volljährig, und das elterliche Heim war mir zu eng geworden. Es war, als hätte sich die plötzliche Freiheit nach der Zeit im Internat in ein Gefängnis verwandelt. Und so bin ich eines Tages wieder fortgegangen.
    Diesmal zur Uni. Mailand, weit weg von meinem Vater. So glaubte ich zumindest.
    Und dort habe ich begriffen.
    Das Schicksal wird einem mitgegeben, man kann es nicht übergehen. Ich habe immer gewusst, dass ich Erfolg haben würde. Das wusste ich, auch ohne meine Familie.
    Ich habe immer gewusst, dass ich etwas Besonderes bin. Schon wenn im Internat diskutiert wurde, hat sich immer meine Meinung durchgesetzt. Ab und zu habe ich sogar ein Spiel draus gemacht.
    Ich versuchte, das Gegenteil dessen zu vertreten, was ich dachte. Ich bemühte mich, die Lüge, die ich verteidigte, tatsächlich zu glauben, und ich spielte so glaubhaft, dass sich mein Gegenüber schließlich überzeugen ließ.
    Statt den Bluff aufzudecken, genoss ich meinen Sieg im Stillen. Ich sprach bei der Beichte darüber, und natürlich wurde mir fast immer und für ein geringes Opfer verziehen. Ich war jung, und so erklärten sie sich meinen übermäßigen Geltungsdrang. Sie begriffen nicht, dass es nicht Arroganz, sondern Realitätssinn war.
    Ich lernte M. eine Woche vor meinem neunzehnten Geburtstag kennen. Ich kann mich noch gut an die Vorlesung erinnern. Mit der Zeit sind wir unzertrennlich geworden.
    Er hat mir beigebracht, Sizilien und seine Gesetze zu verstehen. Wir fuhren nach Palermo in das Haus einer

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