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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zumindest jeder, dessen sich Quilan bewusst war, einschließlich seiner selbst –, sprang auf.
    Donner rumpelte durch das Himmels-Amphitheater um den See und das Stadion in seiner Mitte. Die Blitze schlugen jetzt in die Erde ein, stießen bis zum fernen Grund vor. Der Himmel war schraffiert von Schwadronen und Flotten pfeilschneller Meteoritenschweife, während die Falten von Auroren und himmelsweiten Erscheinungen, deren Ursprung schwer zu erahnen war, den Geist in Besitz nahmen und ins Auge stachen. Die Musik dröhnte in den Ohren.
    Visuelle Darstellungen des Krieges und abstraktere Bilder erfüllten die Luft direkt über der Bühne und den wirbelnden, taumelnden, miteinander verschlungenen Körpern der Tänzer.
    Während der Donner in Bass-Tonlage grollte und die Musik darüber schwappte und um das Auditorium herum wütete wie ein wildes Tier in einem Käfig, das sich verzweifelt bemühte auszubrechen, endeten irgendwo in der Nähe des furiosen Zentrums des Werks acht Spuren am Himmel; es waren keine Lufteruptionen, und sie verblassten nicht, sondern sie schlugen in den See um das Stadion herum ein und schufen acht hohe Geysire aus leuchtendem Wasser, die aus der stillen dunklen Fläche herausbrachen, als ob acht riesige Unterwasserfinger plötzlich nach dem Himmel greifen würden.
    Quilan glaubte, Leute schreien zu hören. Das gesamte Stadion mit einem Durchmesser von einem Kilometer wackelte und bebte, als die beiden Wellen, erzeugt durch die Einschläge in den See, gegen das riesige Gefäß prallten. Die Musik schien die Angst und das Entsetzen und die Gewalt des Augenblicks aufzunehmen und sie schreiend fortzutragen, das Publikum hinter sich herziehend wie einen aus dem Sattel geworfenen Reiter, verfangen im Steigbügel eines von Panik erfassten Pferdes.
    Eine schreckliche Ruhe legte sich über Quilan, während er halb zusammengesunken dasaß, erschlagen von der Musik, überwältigt von den Fluten und Dornen des Lichts. Es war, als ob seine Augen eine Art Doppeltunnel in seinem Schädel bildeten und sich seine Seele nach und nach von diesem gemeinsamen Fenster ins Universums loslöste, rückwärts in einen tiefen dunklen Korridor hinunterfallend, für immer, während die Welt zu einem kleinen Kreis aus Licht und Dunkelheit schrumpfte, irgendwo im Schatten weit oben. Es war wie der Sturz in ein Schwarzes Loch, dachte er im Stillen. Oder vielleicht war es Huyler.
    Anscheinend fiel er wirklich. Anscheinend konnte er wirklich nicht anhalten. Das Universum, die Welt, das Stadion, alles schien unerreichbar weit entfernt zu sein. Er empfand eine undeutliche Traurigkeit, weil er den Rest des Konzerts verpasste, den Schluss der Symphonie. Welchen Preis forderten jedoch Klarheit und Nähe, und welche Bedeutung hatte es, dort zu sein und den Vergrößerungsbildschirm zu benutzen – oder nicht zu benutzen –, wenn alles, das er bis jetzt gesehen hatte, durch die Tränen in seinen Augen verzerrt gewesen war, und alles, was er gehört hatte, durch den Krach seiner Schuld wegen der Dinge, die er getan, die er ermöglicht hatte und die bestimmt geschehen würden, übertönt wurde?
    Während er in die alles umschließende Dunkelheit fiel, überlegte er – und die Welt war reduziert auf einen einzigen, nicht besonders hellen Lichtpunkt über ihm, nicht heller als eine Nova in einer Entfernung von fast tausend Jahren –, ob man ihm vielleicht irgendeine Droge verabreicht hatte. Er vermutete, dass das Erlebnis auf alle Kultur-Leute aufgrund ihrer Drüsensekrete verstärkt einwirkte und sie es mehr oder weniger als real empfanden.
    Er landete mit einem Plumps am Boden. Er richtete sich auf und blickte sich um.
    Auf der einen Seite sah er ein fernes Licht. Auch dieses war nicht besonders hell. Er stand auf. Der Boden war warm und fühlte sich irgendwie geschmeidig an. Da war kein Geruch, kein Laut, nur sein eigener Atem und Herzschlag. Er blickte auf. Nichts.
    ~Huyler?~
    Er wartete eine Weile. Dann noch eine Weile.
    ~Huyler?~
    ~HUYLER?~
    Nichts.
    Er stand da und freute sich eine Zeit lang an der Stille, dann ging er in Richtung des fernen Lichtscheins.
    Das Licht kam vom Orbitalring. Er betrat etwas, das genauso aussah wie das naturgetreue Modell der Aussichtsgalerie der Nabe. Anscheinend war der Ort verlassen. Das Orbital drehte sich um ihn, still, gelassen, gemächlich. Er ging noch ein Stück weiter, vorbei an Couches und anderen Sitzmöbeln, bis er zu dem einen Sessel kam, der besetzt war.
    Der Avatar saß im Widerschein

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