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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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beiden heute hier auftauchen würden.
    »Also …« Wieder Schweigen. »Aber du musstest sie doch nicht betrunken machen, oder? Die beiden sind schon schlimm genug, wenn sie nüchtern sind.«
    »Wer sagt denn, dass ich sie betrunken gemacht habe? Himmel, Josie, du ziehst genauso voreilig Schlüsse wie dein Vater.«
    »Na ja, irgendwo müssen sie sich ja betrunken haben.«
    »Was niemand leugnen kann«, meinte ich müde. »Und wie viele Bars und Schnapsläden gibt es in New York? Fünfzigtausend? Hunderttausend? Dort hätten sie überall was kriegen können, aber du beschuldigst mich!«
    Josie klopfte mir leicht auf die Schulter und gab mir schnell einen Kuss auf die Wange. Dann lächelte sie mich zum ersten Mal an diesem Tag an.
    »Also, Allen, ich gebe dir absolut keine Schuld. Ich war mir fast sicher, dass sie das ganz allein ausgeheckt haben – dieses verdorbene Pack! –, ich wollte nur sichergehen. Schließlich bist du mein Schatz, und ich glaube nicht, dass ich es ertragen könnte, wenn du – na, du weißt schon.«
    »Du weißt doch, dass ich das niemals tun könnte«, erwiderte ich. »Ich bin impotent.«
    »Nicht bei der Richtigen«, entgegnete sie mit fester Stimme. »Nicht bei mir. Ich weiß es, und ich werde es dir heute Abend beweisen.«
    »Nein«, widersprach ich. »Vielleicht taucht dein Vater noch mal auf.«
    »Niemals.« Josie schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle, dass er sich nur auf sechs Blocks nähern könnte, ohne vor Scham im Boden zu versinken.«
    »Die Antwort lautet immer noch Nein«, beharrte ich. »Weißt du noch, was ich dir letzte Nacht gesagt habe, Josie? Ich hasse es, wenn mir etwas peinlich ist, und wenn ich was hasse, dann aber richtig.«
    »Pah!«, machte sie nur. »Es wird schon alles gut werden.«
    Etwa eine Viertelstunde später kamen Lizbeth und Steve aus dem Bad. Sie wirkten ein wenig verkatert und fühlten sich wohl wertloser als ein Häufchen Dreck. Doch irgendwie hatten sie es geschafft, ihre übliche Fassade wieder aufzubauen, ihre »Wir-sind-was-Besseres«-Haltung.
    Als Lizbeth an Josie und mir vorbeikam, warf sie ihren Kopf ein wenig zurück und murmelte etwas von Abschaum, Steve zog seine Mundwinkel abfällig herunter, so als wolle er andeuten, wie schockiert er sei, sich in derart niederer Gesellschaft zu befinden. Beim Hinausgehen schlugen sie die Tür hinter sich zu, und Josie schäumte vor Wut.
    »Diese dreckigen kleinen Snobs! Ich weiß, sie haben sich dir aufgezwungen, Allen, aber ich verstehe nicht, wie du es auch nur eine Minute mit ihnen aushalten konntest!«
    »Aus Mitleid, vielleicht«, meinte ich schulterzuckend, »aus Hoffnung und Neid. Aus allen möglichen Gefühlen, alle durcheinander. Ich schätze mal, wir alle waren darauf aus, etwas vom anderen zu bekommen, und das ist ja schon mal kein guter Anfang für eine Beziehung.«
    »Was?«, fragte Josie stirnrunzelnd. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz, Allen.«
    »Ich auch nicht«, sagte ich, »und schon haben wir die Geschichte der Menschheit in ein paar schlecht gewählten Wörtern. Also, warum vergessen wir nicht das Ganze und überlegen, was es zum Essen geben soll?«
    Wir entschieden uns für panierte Koteletts – eine ihrer Spezialitäten, wie Josie sagte – mit Kartoffelbrei und Ananas-Käse-Salat. Da es aber noch zu früh war, sich ans Kochen zu machen, beschäftigte sich Josie mit ein paar anderen Aufgaben, und ich ging ins Ankleidezimmer, das ich zu einer Dunkelkammer umfunktioniert hatte.
    Nach etwa zwanzig Minuten klopfte sie an und meinte, sie bräuchte meine Hilfe, um das Bett wieder aufzubauen. Ich erwiderte, damit solle sie noch eine Weile warten und inzwischen die Tür zum Ankleidezimmer geschlossen halten.
    »Was machst du denn da?«, fragte sie. »Und wonach riecht es hier so komisch, Allen?«
    »Nach Salzsäure. Ich entwickle ein paar Fotos«, antwortete ich.
    »Was für Fotos?«
    »Keine sehr gute Qualität«, sagte ich. »Aber alles in allem ganz passabel. Ich habe eine fünfzehnhundert Dollar teure Kamera in einer Box, kaum größer als eine Streichholzschachtel. Aber ich hatte keine Gelegenheit, scharf zu stellen oder den Lichteinfall zu messen, also …«
    »Kann ich sie sehen?«
    »Einen Moment noch. Sie müssen erst trocknen.«
    Ich hatte drei ziemlich gute Abzüge, drei verschiedene Positionen von Lizbeth und Steve. Ich hängte sie zum Trocknen auf, verließ den Ankleideraum und schloss schnell die Tür hinter mir.
    Ich half Josie, mein Bett wieder aufzubauen, und wir

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