Blind vor Wut
denkst. Ich habe gehofft, ich könnte hier sein, bevor du dich komplett zum Narren machst, aber« – verbittert –, »offenbar ohne Erfolg.«
Blair murmelte, es täte ihm leid. »Himmel, ich kann dir gar nicht sagen, wie leid, Schätzchen, und …«, er warf mir einen Blick zu, »… und bei dir möchte ich mich auch entschuldigen, Sohn. Ich bin einfach nicht ganz bei mir, wenn es um Josie geht. War ich noch nie.«
»Ist schon in Ordnung, Sir«, erwiderte ich. »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.«
»Nett von dir, so etwas zu sagen«, stolperte er weiter. »Trotzdem …«
»Trotzdem«, ging Josie dazwischen. »Warum gehst du nicht einfach, damit du nicht schon wieder etwas Dummes sagst?«
»Sicher, sicher«, sagte er, »alles, was du sagst, Süße. Kommst du auch?«
»Nein, tu ich nicht. Ich werde heute Abend wieder mit Allen essen.«
»Moment«, ging ich schnell dazwischen. »Ich würde dich ja furchtbar gern hier haben, Josie, aber ich rechne schon halb mit meiner Mutter, und ich muss noch jede Menge aufräumen, und …«
»Da wette ich«, sagte sie grimmig. »Jede Menge Dreck, der rausmuss, und ich werde mich darum kümmern, dass er auch rauskommt. Also«, sagte sie zu ihrem Vater. »Wolltest du jetzt gehen, oder nicht?«
Er ging. So schnell, dass er bei seinem Abgang einen ziemlichen Wind machte.
Josie sah mich lang und fest an, und ihre Augen blitzten vor Zorn. Dann holte sie rasch aus und verpasste mir eine schallende Ohrfeige. Ich trat einen Schritt zurück und fragte, warum zum Teufel sie das gemacht habe. Die Worte waren mir noch nicht aus dem Mund, da hatte ich schon eine zweite Ohrfeige sitzen.
»Willst du mich nicht fragen, warum ich noch mal zugehauen habe?«, fragte Josie. »Na los, frag, dann siehst du schon, was du zur Antwort bekommst!«
»Nein danke«, meinte ich. »Aber ich höre dir gerne zu, falls du dich erklären möchtest.«
»Die Erklärung«, erwiderte sie kalt, »ist, dass die Abwesenheitsnotiz, wenn jemand eine Stunde schwänzt, sofort zu mir ins Büro gelangt. Das ist der eine Teil der Erklärung. Der andere steht einen halben Block entfernt am Straßenrand. Steve Hadleys Auto. Und wenn du auch nur wagst zu behaupten, er und Lizbeth seien nicht hier – wenn du es nur wagst, Mr. Allen Smith …«
Ich wusste nicht, was ich darauf noch erwidern konnte, es handelte sich einfach um einen jener Augenblicke, auf die man nicht vernünftig reagieren kann. Wie es der Zufall so wollte, musste ich auch gar nichts sagen, denn plötzlich gab es ein polterndes Geräusch aus meinem Schlafzimmer, was nur bedeuten konnte, dass mein Bett zusammengebrochen war. Nach dem Krach und einer langen, langen Stille musste Lizbeth laut kichern, und Steve lachte schallend.
Josie sprang durchs Wohnzimmer ins Schlafzimmer. Ein Stöhnen entwich ihrer Kehle – das Geräusch eines zornigen Tieres. Ich schloss die Augen und betete zu den Teufeln, welche davon auch immer gerade anwesend waren; dann hörte ich die Schmerzensschreie der Hadleys und schlug zögerlich die Augen wieder auf.
Die beiden steckten splitterfasernackt in der Schlafzimmertür fest. Sie hatten es so eilig gehabt, durch die Tür zu kommen, dass sie sich verkeilt hatten. Und Josie peitschte sie mit aller Kraft mit einem Gürtel aus, den sie wohl aus Steves Hose gezogen hatte.
Schließlich konnten die beiden sich befreien und flohen ins Bad. Josie sammelte ihre Kleidung auf und warf sie ihnen hinterher.
»Von allen dreckigen, schmutzigen, verdorbenen …« Josie ließ sich auf das Sofa fallen, auf dem ich saß, und ihre Brust wogte vor Gefühlen. »Wie konntest du nur so etwas tun? Wie konntest du nur, Allen? «
»Ich?«, fragte ich zurück. »Was habe ich denn getan?«
»Also …«
Josie dachte einen Augenblick darüber nach – über die Tatsache, dass ich vollständig bekleidet war und mich auch sonst in bester Verfassung befand. Wie es schien, hatte ich nichts getan, außer den schändlichen Anblick dieser dreckigen, schmutzigen, verdorbenen Hadleys hinter verschlossenen Türen zu verbergen.
»Also …« Sie zögerte. »Warum hast du sie denn herkommen lassen? Du musst sie doch irgendwie ermutigt haben.«
»Ich habe sie zum Abendessen eingeladen«, erklärte ich. »Sie haben mir die Einladung förmlich abgepresst. Aber das war, als ich dachte, meine Mutter würde dabei sein. Ich habe sie ganz gewiss nicht eingeladen, heute herzukommen.«
Und das entsprach der Wahrheit. Lizbeth hatte einfach angekündigt, dass die
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