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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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wollte Heckler verhaften lassen. Mit dem, was ich vorhatte, war er nicht einverst-»
    Die Tür ging auf, Bechner kam herein.
    «Ist er tot?» Nikolas Frage kam wie aus der Pistole geschossen.
    Bechner bedachte ihn mit dem gleichen genervten Blick wie fast alles in seiner Umgebung. «Stefan Gerlach? Nein, dem geht’s gut. Eine Woche Krankenstand, wegen Gehirnerschütterung, heißt es. Aber deshalb bin ich nicht hier.» Er nickte Florin zu. «Hoffmann will, dass du die Pressekonferenz übernimmst. Sie schicken seine Frau heute nach Hause.» Er seufzte und schüttelte den Kopf, wie um zu unterstreichen, dass das keine gute Nachricht war. «Kann ich ihm sagen, dass du ihn vertrittst?»
    «Sicher. Lass ihn grüßen.»
    «Von mir auch», sagte Beatrice schnell, horchte in sich hinein und stellte fest, dass sie es ehrlich meinte. «Ich wünsche seiner Frau alles Gute.»
    «Okay.» Bechner wandte sich zum Gehen.
    «Der Journalist», rief Nikola, «Ribar. Wissen Sie von ihm etwas Neues?»
    «Dem geht’s auch beschissen», murmelte Bechner, «und das wird sich so schnell nicht ändern.» Er schloss die Tür hinter sich.
    Beatrice konnte hören, wie Nikola unter dem Tisch nervös mit den Füßen wippte. «Wenn Ehrmann tot ist und Heckler überlebt, dann …» Er führte den Satz nicht zu Ende.
    Für den Rest der Befragung blieb er einsilbig. Er hatte Ehrmann im Streit erschlagen, ohne Vorsatz, und wollte dafür bestraft werden. Vor allem aber wünschte er sich einen Prozess, in dem er vorbringen konnte, was in Gornja Trapinska passiert war. «Keinen interessiert das mehr», sagte er müde. «Keiner schert sich darum. Darica wäre jetzt neunundzwanzig. Vielleicht wäre sie Ärztin oder Lehrerin, vielleicht hätte sie Kinder, aber das werden wir nie wissen können, oder?»
    «Nein.» Diesmal lag keinerlei Sarkasmus in Florins Ton. «Es ist ein furchtbarer Verlust, und ich möchte Ihnen mein ganzes Mitgefühl dazu aussprechen.»
    Nikola straffte sich. «Danke.» Er stand auf, als zwei Justizwachebeamte eintraten, um ihn zurück in seine Zelle zu bringen. In der Tür wandte er sich noch einmal um. «Sie halten mich auf dem Laufenden?»
    Beatrice zögerte, dann nickte sie. Sie fühlte die Müdigkeit auf ihren Schultern wie einen bleiernen Rucksack. Sie wünschte sich, sie hätte Lust, mit Florin etwas essen zu gehen, doch allein die Vorstellung machte sie noch müder, als sie es bereits war.

    Schließlich landeten sie im Mirabellgarten und spazierten zwischen den herbstlich bepflanzten Blumenrabatten umher. Irgendwann legte sich Florins Arm um Beatrices Schultern, erst behutsam, dann fester. «Anneke», sagte er.
    Wollte sie darüber sprechen? Jetzt? Sie unterdrückte ein Seufzen. «Ja?»
    «Ich habe gestern Nacht mit ihr telefoniert, und … ich habe ihr gesagt, dass ich für unsere Beziehung keine Zukunft mehr sehe. Dass ich sie aber nicht einfach so am Telefon beenden will.»
    Gestern, also zu der Zeit, als Beatrice im Krankenhaus gewesen war. Sie versuchte, sich das Gespräch vorzustellen, tastete gleichzeitig in ihrem Inneren nach den passenden Empfindungen. Bedauern? Ein wenig. Ein bisschen Freude, gepaart mit Schuldgefühlen.
    Keine halben Dinge mehr. Nie wieder Gnossienne Nr. 1 während der Arbeitszeit. Oder danach. Sie nickte gedankenverloren, und erst, als sie Florins prüfenden Seitenblick bemerkte, wurde ihr klar, dass er darauf wartete, dass sie etwas sagte.
    «Das finde ich richtig von dir», entfuhr es ihr. Es klang viel zu munter, und für den nächsten Satz nahm sie sich mehr Zeit. «Also, dass du nicht telefonisch Schluss machst, meine ich. Und es tut mir natürlich sehr leid. Das weißt du, oder?»
    Der Kies unter ihren Füßen knirschte im Takt ihrer Schritte und machte ihr Schweigen fast hörbar.
    «Wann fährst du?», fragte sie schließlich.
    Er lachte auf. «Gar nicht. Anneke ist die Form des Schlussmachens nämlich völlig egal. Ich soll mir das Geld sparen, hat sie gesagt, und dass sie es ohnehin schon länger weiß. Und dass ich es noch bedauern werde, aber dass ich bloß nicht angekrochen kommen soll, wenn ich entdecke, was ich mit ihr verliere. Und das ist unbeschreiblich viel.»
    «Ehrlich, das hat sie gesagt?»
    «Hm. Auch noch ein paar andere Sachen.»
    Beatrice fühlte den Druck um ihre Schultern fester werden. Ihr eigener Name war gefallen, keine Frage. Und nicht ausgeschlossen, dass ihr noch ein paar interessante Anrufe aus Amsterdam ins Haus standen. Wenn schon.
    Wieder betrachtete Florin

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