Blinder Hass
den beiden anderen?«
»Halten irgendwie durch. Ich glaube … Doug ist über den Berg. Er wird es wohl schaffen.«
»Ich bete für sie«, sagte Virgil, obwohl er das nicht tun würde, weil er nicht glaubte, dass Beten helfen würde. Er fuhr zum Motel zurück.
Joan kam ihm auf dem Flur entgegen. Offenbar war sie vor seinem Zimmer gewesen. »Bist du sauer auf mich?«, fragte sie.
»Ein bisschen«, sagte er. »Ich muss mich wegen dem, was heute passiert ist, nicht dumm anmachen lassen. Weder was Jim angeht, noch was mich betrifft, noch nicht mal wegen der Toten. An dem, was passiert ist, ist einzig und allein Feur schuld, und der hat dafür gezahlt.«
»Wir hatten Angst um euch«, sagte sie.
»Ist schon okay, aber ich möchte jetzt nichts mehr darüber hören. Morgen kannst du mir erzählen, was für Ängste du ausgestanden hast.«
Sie berührte sein Haar, das von Blut verklebt war. »Ich könnte dir die Haare waschen. Das tut bestimmt weh.«
»Das könntest du tun«, sagte er.
Sie kuschelten sich ins Bett, kein Sex, nur ein bisschen schmusen. Virgil war mit Aleve vollgepumpt, seine Haare waren nass. »Als du in der Pressekonferenz gesagt hast, dass du nicht weißt, ob die Morde vorbei sind … da hast du doch gemeint, dass sie es nicht sind«, sagte Joan.
»Ich glaube nicht, dass sie vorbei sind. Ganz im Gegenteil …«
»Was?«
»Wir suchen Bill Judd junior. Wir haben Leute beauftragt, nach ihm Ausschau zu halten, aber er scheint verschwunden zu sein. Ich fürchte, dass er tot ist.«
Sie stützte sich auf einen Ellbogen. »Glaubst du immer noch, es ist Williamson?«
»Die Sache mit Williamson macht mich wahnsinnig. Als wir ihn uns vorgeknöpft haben, hab ich es ihm beinahe abgekauft. Er schien genauso fassungslos zu sein, wie ich es war, als ich es herausgefunden habe. Er hat uns angebrüllt.«
»Also?«
»Ich weiß es nicht. Wenn du mir eine Waffe an den Kopf halten und mir sagen würdest, ich solle einen Namen ausspucken, würd ich seinen nennen. Man sollte doch meinen, dass ein Typ, der als Journalist in den Twin Cities arbeitet, weiß, wer seine wirkliche Mutter war. Er brauchte das doch nur zu recherchieren. Er behauptet, er hätte das nicht getan, weil es ihn nicht interessiert hätte. Doch selbst wenn er es getan hätte, hätte er nicht unbedingt herausgefunden, dass Judd sein Vater war.«
»Wenn er mal eine Geburtsurkunde beantragt hat, um einen Pass zu kriegen oder so …«
Virgil drehte sich auf den Rücken und spürte, wie die Haut um die Schnittwunden auf seinem Kopf und im Gesicht zwickte. »Ich muss noch weiter über ihn nachdenken … Worüber hat er denn mit Jesse geredet? Ich hab euch hinten im Raum zusammenstehen sehen.«
»Na ja, erst hat er ihr die Hand geschüttelt und was von neu entdeckter Schwester gemurmelt, dann fing er an, sie auszuquetschen. Wo sie letzte Woche gewesen wär. Wann genau sie erfahren hätte, dass sie Judds Tochter sei. Wo ihre Mutter wäre.«
»Als ob er glaubte, dass sie etwas damit zu tun haben könnte?«
»Er war sehr unangenehm«, sagte Joan. »Allerdings war er nie ein besonders angenehmer Mensch.«
»Ich zerbrech mir die ganze Zeit den Kopf, wer es denn sonst sein könnte.«
Irgendwann schlief er ein. Als er um zwei Uhr aufwachte, war Joan fort. Er ging ins Bad, legte sich dann wieder ins Bett, dachte nach … Wer sonst? Niemand hatte etwas über den.357er Revolver gesagt …
Jesse würde natürlich nichts sagen, aber er glaubte auch nicht, dass Jesse eine Mörderin war, das wäre allein schon aus ästhetischen Gründen unpassend. Dafür sah sie zu gut aus.
Er lächelte und schrieb im Kopf weiter an seiner kleinen Geschichte, in der die bestaussehende Frau niemals die Schuldige sein würde:
Homer schüttelte den Kopf. Die Schießerei mit Feur und Feurs Tod hatten sie um viele mögliche Informationen gebracht.
Wie Stryker diesen Streifen am Hügel entdeckt hatte, war allerdings brillant gewesen. Homer hätte den niemals gesehen. Und Gott sei Dank hatte Stryker gute Reflexe; er hatte Feur umgelegt, bevor der auf Homer hatte schießen können.
Mmmm ...
Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich wurde 1914 in Sarajevo erschossen, was den Ersten Weltkrieg auslöste. Seine Frau kam bei dem Attentat ebenfalls ums Leben. Fast neunzig Jahre später gründeten ein paar Jungs in Schottland eine Band namens Franz Ferdinand, und deshalb zog sich Virgil am nächsten Morgen um sieben Uhr ein Franz-Ferdinand-T-Shirt an.
Mal hören, wie es den
Weitere Kostenlose Bücher