Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
klar, dass der Egohickhack schon im Gange gewesen war, bevor ich kam. Ich war nur mitten reingeraten.
Zerbrowski machte hinter uns die Tür zu und lehnte sich kopfschüttelnd dagegen. Er ist einsfünfundsiebzig groß und hat kurze schwarze Haare, die jedes Jahr grauer werden. Wenn seine Frau ihn zum Friseur zwingt, sind sie kurz und ordentlich. Wenn er es vergisst oder sie zu beschäftigt ist, sind sie lockig und wellig und so unordentlich wie alles an ihm. Sein Anzug war braun, sein Schlips hellgelb wie sein Hemd. Ich glaube, in all den Jahren, seit ich ihn kannte, war es das erste Mal, dass alles zusammenpasste. Okay, zusammenpasste und keine Essensflecken hatte.
Sein silbernes Brillengestell kaschierte die Müdigkeit seiner Augen, aber nicht dass er sauer war. Er ging mit mir zu dem Zimmerbrunnen, neben dem ein ausgestopfter Löwe kauerte. Der Saphirsalon ist eine Kreuzung aus Jagdhütte, Safarizelt und anderem, was die Leute für maskulin halten. Der Teppichboden hat ein Leopardenmuster, sodass ich jedes Mal als Erstes denke: Oh nein, ein Leopard hat sich aufgebläht und auf allem breitgemacht, aber hey, Animalprints sind dieses Jahr absolut in. Den Kunden gefällt es offenbar, denn sie zahlen hunderte Dollar pro Abend, um sich darin aufzuhalten.
Zerbrowski kehrte dem Raum den Rücken zu und bedeutete mir, mich genau vor ihn zu stellen, damit uns niemand reden sehen konnte. »Willkommen auf der Party.«
»Warum schließen Sie die Leute des Sheriffs aus?«
»Als wir hier angekommen sind, hatten sie die Vampire hier drinnen und richteten Kreuze auf sie, die glühten wie verrückt. Sie haben die Zeugen zwar nicht grob angefasst, aber praktisch hieß das, entweder ihr redet oder die Kreuze bleiben, wo sie sind.«
»Mist. Ist der Einsatz von heiligen Gegenständen bei der Befragung von Vampiren nicht erst vor drei Monaten von einem Bundesgericht als tätlicher Übergriff verurteilt worden?«
»Ja.« Er hob seine Brille an und rieb sich die Augen mit Daumen und Zeigefinger.
»Dann könnten sie alle Anzeige erstatten«, flüsterte ich.
Er nickte und rückte seine Brille zurecht. »Wie gesagt, willkommen auf der Party.«
Bis zu diesem Urteil hatten viele Polizeireviere Kreuzzeichen als Teil der Uniform geführt, zum Beispiel als Reversknopf oder Krawattennadel. Jetzt wurde es wieder verdeckt am Körper getragen. Heilige Gegenstände wurden jetzt im Zusammenhang mit Vampiren als Waffe betrachtet. Was der Sheriff getan hatte, entsprach dem Straftatbestand des Angriffs mit einer gefährlichen Waffe.
»Hat nur er das getan oder auch seine Männer?«
»Einige seiner Männer. Sie trugen kreuzförmige Reversnadeln. Ich konnte sie dazu bringen, die wegzustecken, aber erst nachdem ich gedroht hatte, die nächste FBI-Außenstelle anzurufen.«
Ich sah ihn erstaunt an, denn kein Polizist ruft die gern.
»Lieber lasse ich mir den Fall wegnehmen, als solchen Mist durchgehen zu lassen. Jetzt haben die Vampire eine Scheißangst. Wenn jemand Schuldiges darunter ist, kann ich ihnen das nicht mehr anmerken, weil sie entweder stocksauer oder eingeschüchtert sind. Die meisten wollen nicht mal mehr mit uns reden, und von Gesetz wegen müssen sie das auch nicht.« Es war ihm nicht anzuhören, aber so wütend hatte ich ihn noch nie erlebt. Ich merkte es an der Verspannung rings um seine Augen und an der Art, wie sich seine Hände verkrampften. Zerbrowski war ein sehr entspannter Typ, aber jeder hat seine Grenzen. »Wir haben sehr ähnliche Verbrechen in New Orleans und Pittsburgh, das heißt, zwei in Pittsburgh, fünf in New Orleans, dann sind sie hierhergezogen.«
»Da haben wir ja Glück gehabt«, sagte ich.
»Ja, aber das heißt, wir können uns auf mindestens drei weitere Leichen freuen. Ich muss mit diesen netten Vampirmitbürgern reden.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann. Soll ich mit einem bestimmten anfangen? Es ist immerhin schon halb fünf, höchstens noch drei Stunden, bis es hell wird. Wir müssen sie vorher nach Hause gehen lassen, außer ihr könnt Anklage erheben.«
»Wir haben eine tote Frau mit zahlreichen Vampirbissen neben dem Gebäude liegen und diese Leute sind Vampire. Ich könnte wahrscheinlich einen Richter überzeugen, dass wir sie als wichtige Zeugen dabehalten sollten. Ich kennen einen, der Vampire hasst und mir die Anordnung geben würde.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir wollen die Wogen glätten, nicht alles noch schlimmer machen. Im Augenblick können sie nur die Stadt verklagen. Geben wir
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