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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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es nicht in alle Ewigkeit so weitergehen konnte. Ich gedachte auch, etwas dagegen zu unternehmen, bezweifelte aber, daß dies der geeignete Zeitpunkt dafür war.
    Es bedurfte eines widerstandsfähigeren Magens, als ich ihn besaß, jemandem am selben Tag, an dem man eine Leiche in einen Krater plumpsen ließ, einen Heiratsantrag zu machen. Ich ging zur Wohnung hinauf, doch obwohl ich einen Schlüssel besaß, benutzte ich ihn nicht. Statt dessen klopfte ich an die Tür. Elin öffnete und sah mich mit einem Ausdruck der Überraschung an, der sich sogleich in Entzücken verwandelte.
    Der Anblick ihrer attraktiven Figur und ihres maisfarbenen Haars ging mir durch und durch. »Alan! Warum hast du mir nicht gesagt, daß du kommst?«
    »Ich habe mich ganz plötzlich entschlossen«, antwortete ich und hob die Angelrute in ihrer Hülle hoch. »Eine neue.«
    Sie machte einen Schmollmund. »Macht insgesamt sechs«, sagte sie streng und öffnete dann weit die Tür. »Nun komm schon rein, Liebling.« Ich trat ein, ließ Koffer und Angelrute fallen und nahm sie in die Arme. Sie drückte mich fest an sich und murmelte, den Kopf an meiner Brust: »Du hast nicht geschrieben, und ich dachte schon…«
    »Du dachtest, ich würde nicht kommen.« Eine Bemerkung Cookes war der Grund gewesen, weshalb ich ihr meine Ankunft nicht angekündigt hatte, aber das konnte ich ihr nicht sagen. »Ich hatte schrecklich viel zu tun.« Sie bog den Kopf zurück und betrachtete mich prüfend. »Stimmt, du siehst auch ganz mitgenommen aus. Bist du müde?«
    Ich lächelte. »Vor allem hungrig.«
    Sie küßte mich. »Gleich kriegst du was.« Dann ließ sie mich los. »Laß den Koffer. Ich pack’ ihn nach dem Essen aus.«
    Mir war der blutverschmierte Anzug eingefallen. »Laß mal, das kann ich selber machen.« Ich hob Koffer und Angelrute auf und trug beides in mein Zimmer, das so bezeichnet wurde, weil es der Raum war, in dem meine Sachen aufbewahrt wurden.
    Tatsächlich gehörte die ganze Wohnung mir. Sie war zwar auf Elins Namen eingetragen, doch bezahlte ich die Miete. Da ich etwa ein Drittel des Jahres in Island verbrachte, war es zweckmäßig, ein pied-a-terre zu haben.
    Ich stellte die neue Angelrute zu den übrigen und setzte den Koffer ab, wobei ich mich fragte, was ich nun mit dem Anzug anfangen sollte. Bis zu diesem Augenblick hatte ich – mit einer Ausnahme – vor Elin keine Geheimnisse gehabt. Außerdem gab es in der Wohnung weder einen abschließbaren Schrank noch eine verschließbare Schublade. Ich öffnete den Kleiderschrank und musterte die nebeneinanderhängenden Anzüge und Jacken, die alle in ordentlich mit Reißverschlüssen versehenen Plastikbeuteln auf Bügeln hingen. Es wäre ausgesprochen riskant gewesen, den blutverschmierten Anzug zwischen die anderen zu schmuggeln. Elin war peinlich auf die Pflege meiner Sachen bedacht und hätte ihn mit Sicherheit entdeckt. Ich leerte den Koffer bis auf den Anzug und die Waffen, verschloß ihn und hievte ihn auf seinen angestammten Platz auf dem Kleiderschrank. Es war unwahrscheinlich, daß Elin ihn herunterholen würde. Und selbst wenn sie es wider Erwarten tun würde, wäre er verschlossen, was sie möglicherweise stutzig machen würde. Ich zog mein Hemd aus, untersuchte es und entdeckte auf der Vorderseite einen Blutfleck, den ich im Badezimmer unter kaltem Wasser auswusch. Nachdem ich mein Gesicht ebenfalls längere Zeit unter den Wasserstrahl gehalten hatte, fühlte ich mich wesentlich wohler. Als Elin zum Abendessen rief, hatte ich bereits geduscht und blickte durchs Wohnzimmerfenster auf die Straße. Gerade wollte ich mich abwenden, da blieb mein Blick an etwas hängen. Es war mir, als sähe ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite jemanden hastig in einer schmalen Gasse verschwinden, gerade in dem Moment, als ich die Vorhänge bewegte. Ich starrte hinunter, konnte jedoch niemanden mehr sehen. Trotzdem blieb ich nachdenklich, als ich Elins Ruf zum Abendessen folgte. »Was ist mit dem Land-Rover?« fragte ich, als wir beim Essen saßen.
    »Vorige Woche habe ich ihn sicherheitshalber komplett überholen lassen, obwohl ich keine Ahnung hatte, wann du kommen würdest. Er ist startbereit.« Da die isländischen Straßen so unwegsam sind, sieht man fast überall nur Land-Rover. Die Isländer bevorzugen das Modell mit kurzem Radabstand, aber unserer hatte einen weiten Radabstand und war als Campingwagen eingerichtet. Damit waren wir unabhängig und konnten viele Wochen fern aller

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