Blitz der schwarze Hengst
und es wäre ein Fehlurteil, wenn das Rennen nur zwischen
Donnerkeil und Zyklon ausgetragen würde. Es gibt nämlich noch ein Pferd, ein
prachtvolles Pferd, das — wie ich selbst festgestellt habe — schneller ist als
beide.
Ehrlicherweise muß ich sagen, daß dieses Pferd
noch nie in einem Rennen gelaufen ist und vielleicht auch nie laufen wird —
weil ihm die nötigen Ausweispapiere fehlen. Ich möchte jedoch nicht verfehlen,
alle diejenigen, die beim kommenden Chicago-Rennen Donnerkeil oder Zyklon als
dem Champion zujubeln werden, darauf aufmerksam zu machen, daß ich von einem
Pferde weiß, von einem Pferde hier in New York, dem die beiden Favoriten
wahrscheinlich nicht das Wasser reichen können!«
»Donnerwetter! Das ist deutlich! Da hat er
wirklich etwas angezettelt«, sagte Alec.
»Ja, wahrhaftig, er wird vor dem Ende des
heutigen Tages die ganze Presse und alle Pferdekenner auf dem Hals haben«,
bemerkte Henry.
»Aber er hat nicht den Vorschlag gemacht, Blitz
an dem Wettrennen teilnehmen zu lassen«, wandte Alec ein.
»Ich glaube, mit Absicht nicht. Er hat die Tür
weit offen gelassen, und du kannst Gift darauf nehmen, daß irgendein anderer
den Vorschlag machen wird«, erklärte Henry.
»Wahrscheinlich hast du recht. Stell dir nur
vor, Henry, Blitz gegen Donnerkeil und Zyklon! Was für ein Rennen!«
»Ein tolles Rennen«, stimmte Henry zu. Eine
Weile schwieg er. »Was glaubst du, Alec, was würden wohl deine Eltern dazu
sagen, wenn wir Blitz in das Rennen bekämen? Ich meine, daß du ihn dann reiten
würdest?«
Alec sah ihm in die Augen. »Sie müssen es mir
erlauben, Henry. Sie werden es auch bestimmt einsehen, wenn ich ihnen erzähle,
wie wir in Belmont trainiert haben. Sonderbar, Henry, Mutter beschloß gestern
abend, Ende nächster Woche nach Chicago zu fahren, um meine Tante für zwei
Wochen zu besuchen. Sie wird also dort sein, wenn das Rennen stattfindet.«
»So etwas!« antwortete Henry.
»Mutter interessiert sich nicht für den
Pferdesport; sie wird wahrscheinlich gar nicht hingehen. Weißt du, Henry, solange
es unentschieden ist, ob Blitz an dem Rennen teilnehmen darf, will ich Mutter
nichts davon sagen. Wenn Blitz zugelassen wird, spreche ich mit Vater; er wird
es verstehen.«
»Hoffentlich«, erwiderte Henry.
Sobald die Abendzeitungen erschienen waren, holte
sich Alec ein paar große Blätter. Als er sie las, sah er, daß Henry mit seiner
Voraussage rechtgehabt hatte. Die Sportseiten wimmelten von Artikeln, die sich
über Jim Neville lustig machten und seine Behauptung, es gäbe in New York ein
Pferd, das imstande sei, die beiden Champions zu schlagen, für reinen Wahnwitz
hielten.
Jim Neville galt jedoch als der hervorragendste
Fachmann auf dem Gebiet des Pferdesports, und seine Berichte wurden im ganzen
Lande gelesen. Deshalb erregten seine Artikel über das unbekannte Pferd mit
jedem Tage immer mehr Neugier. Jim wurde zwar von seinen Kollegen und in
Zuschriften an die Zeitungen von Reitern und Pferdefreunden mit ätzender Kritik
und Spott überhäuft, aber als tüchtiger Journalist sorgte er dafür, daß das
Publikum das plötzlich aufgetauchte geheimnisvolle Pferd nicht vergaß. Täglich
schrieb er darüber, und jeden Abend erwähnte er es in seinem
Radio-Sportprogramm.
Ein gleichfalls berühmter Sportreporter schrieb:
»Nur ein Fachmann vom Range Jim Nevilles konnte eine solche Diskussion
hervorrufen, wie sie jetzt die ganze Presse der Staaten erfüllt. Wenn seine
Behauptung, das von ihm entdeckte unbekannte Pferd sei imstande, sowohl
Donnerkeil als auch Zyklon zu schlagen, nicht stimmt, ist er als
Sport-Berichterstatter erledigt. Das weiß Jim Neville so gut wie ich. Deshalb
halte ich seine Behauptung für wahr.«
Eine Woche verging, und der Schneeball, den Jim
ins Rollen gebracht hatte, wuchs sich zu einer Lawine aus. »Wer ist dieses
Fabel-Pferd? Wem gehört es?« wollte das Rennpublikum wissen. Jim antwortete
lediglich, er habe sich verpflichtet, den Namen des Pferdes und seines
Besitzers nicht zu verraten; aber er könne beide jederzeit angeben.
Er rief Henry an und sagte: »Lassen Sie Blitz
vorerst nicht mehr in Belmont laufen. Die Sache hat viel größere Ausmaße
angenommen, als ich zu hoffen gewagt hatte. Wir werden ihn noch ins Rennen
bekommen!«
Wieder verging eine Woche. Alecs Mutter fuhr zu
ihrer Schwester nach Chicago. In acht Tagen sollte dort das Rennen stattfinden.
Alec fühlte sich ein wenig entmutigt, als er
sich eines frühen Morgens zum Stall
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