Blitz der schwarze Hengst
begab, um Blitz vor der Schule zu bewegen.
Die Zeit wurde knapp... ja, wenn ihnen wenigstens noch zwei Wochen geblieben
wären...
Er traf Tony, der gerade mit Napoleon aus dem
Stall kam.
»Guten Morgen, junger Mann«, sagte Tony. »Das
ist ein Leben!« Er schlug sich mit den kurzen Armen die Brust und atmete tief
die Morgenluft.
»Ja, ein schöner Tag«, antwortete Alec.
Tony führte Napoleon zu seinem Karren und
schirrte ihn an. »Was hast du denn, Alec? Du sehen niedergeschlagt aus.«
»Es geht mir gut«, erwiderte Alec. »Ich habe
wohl nur nachgedacht.«
»Zuviel Denken nicht gut sein«, sagte Tony und
kletterte auf den Bock. »Ja, das stimmt sicher. Auf Wiedersehen, Tony.«
»Addio!«
Alec führte Blitz aus dem Stall und rieb ihn mit
einem weichen Tuch ab. Dann nahm er ihn an die Longe und ging mit ihm auf die
Wiese. Der Hengst lief um den Knaben herum, die Hufe hoch in die Luft werfend.
Dann kam er näher und stieß Alec spielerisch an. »Dir ist heute morgen wohl
recht gut zumute, wie?« sagte Alec.
Einige Minuten später sattelte er ihn und stieg
auf. Irgendwie fühlte er sich immer ganz anders, wenn er auf Blitz saß. Es war,
als gehörte ihm die Welt. Vergessen waren seine Sorgen, der Alltag, die
Umgebung — es war, als flöge er in den Wolken.
Nachdem er eine halbe Stunde geritten hatte, saß
er ab und führte den Hengst in den Stall. Er hatte gerade die Fütterung
beendet, als Henry hereinkam. »Ich fürchte, ich komme zu spät zur Schule«,
sagte Alec nach der Begrüßung. »Würdest du so lieb sein und ihn nochmals
abreiben, damit...« Er stockte, als er das breite Lächeln auf Henrys Gesicht
wahrnahm. »Gern«, antwortete Henry. »Aber lies das hier, bevor du gehst,
Junge.« Damit reichte er Alec das Morgenblatt des »Tagesboten.«
Alec schlug schnell die Sportseite auf. Sein
Herz schien auszusetzen, als er die Überschrift von Jim Nevilles Artikel las:
DAS UNBEKANNTE PFERD WIRD AM CHICAGO-RENNEN TEILNEHMEN. Wie eine mächtige Woge
überfiel ihn die Freude, und sekundenlang konnte er nichts sehen. Endlich wurde
sein Blick wieder klar.
»Gestern hatte ich das Vergnügen«, schrieb Jim
Neville, »den ritterlichsten Brief zu erhalten, der mir jemals aus Sportkreisen
zugegangen ist. Er stammte von Herrn E. L. Hurst, dem Besitzer von Zyklon. Der
Inhalt war kurz und sachlich: Da das Wettrennen, das nächste Woche in Chicago
stattfindet, eine Privatveranstaltung ist, deren Erträgnisse wohltätigen
Zwecken zukommen sollen, bestehe kein Grund, warum das geheimnisvolle Pferd
nicht gegen sein Pferd und gegen Donnerkeil laufen solle. Er glaube aufrichtig,
daß Zyklon seine äußerste Leistungsgrenze bisher noch nicht erreicht habe, und
er fürchte kein Pferd auf Erden. Wenn der Besitzer des unbekannten Pferdes der
Ansicht sei, daß sein Pferd Zyklon schlagen könne, habe er nichts dagegen, es
zum Wettrennen zuzulassen, falls Herr C. T. Volence, Besitzer von Donnerkeil,
damit einverstanden sei.
Gleich nach Erhalt dieses Briefes rief ich Herrn
Volence in Los Angeles an und las ihm Herrn Hursts Schreiben vor. Ich fragte
ihn, ob er dieselbe Einstellung hätte, und er antwortete: >Unbedingt.< Er
fuhr fort: >Wenn das unbekannte Pferd weiterhin so viel von sich reden
macht, wird man sonst ein zweites Rennen veranstalten müssen. Das können wir
uns sparen. Ich schlage gern zwei Fliegen mit einer Klappe <, sagte er,
>Zyklon und Jim Nevilles Aberwitz!««
»Jim Nevilles Aberwitz — warten Sie ab, Herr
Volence, bis Sie ihn leibhaftig vor sich sehen!« schloß der Artikel. Alec
blickte von der Zeitung zu Henry auf. Langsam glitt ein Lächeln über sein
Gesicht. Anstatt sich toll vor Freude zu fühlen, wie er erwartet hätte, war er
gefaßt und ruhig. »Er wird dabei sein, Henry«, sagte er, »er wird dabei sein!«
Der alte Mann und der Knabe schauten einander
an; dann gingen sie zu dem Hengst, der den schwarzen Kopf über die Stalltür
streckte und sie neugierig beäugte.
SECHZEHNTES KAPITEL
Vorbereitungen
Alec wußte nie zu sagen, wie er an diesem Tage
die Schulstunden verbracht hatte. Er konnte nur daran denken, daß er heute in
einer Woche Blitz gegen Zyklon und Donnerkeil reiten sollte. Irgendwie
vermochte er es nicht zu glauben, daß all dies ihm — Alec Ramsay — beschieden
war.
Am Abend ging er nach dem Essen ins Wohnzimmer,
wo sein Vater saß und las. Er ließ sich in einem Sessel nieder und blätterte
unruhig in einer Zeitschrift. Der Vater sah von seiner Zeitung auf.
»Heute
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