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Blitz kehrt heim

Blitz kehrt heim

Titel: Blitz kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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allein einem Bedauernswerten gegenüber, der sich mit nur einem Arm durchs Leben mühen mußte, wollte er das nicht merken lassen, und eilig nahm er die Zeitungen und Magazine weg, die er auf den freien Platz gelegt hatte. „Bitte, mein Herr“, sagte er höflich und rückte näher ans Fenster, um dem Fremden Platz zu machen. Der Mann nickte kurz und brachte seinen schweren Körper, so gut es ging, auf dem Sessel unter. Dann sah er Volence an und sagte: „Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle, mein Name ist Ibn al Khaldun.“ Er lächelte, und jetzt sah man, daß er keine Zähne mehr hatte. Volence stellte sich seinerseits vor, dann auch Henry und Alec. Alle gaben sich die Hand. Die des Arabers war unangenehm feucht und kalt.
    In diesem Augenblick wurden die Haltetrossen gelöst, und Alec vergaß den merkwürdigen Fremden an seiner Seite. Jetzt ging es endlich los! Er preßte sein Gesicht ans Fenster. Der Steward bat die Fahrgäste, sich davon zu überzeugen, ob ihre Sicherheitsgürtel zuverlässig festgeschnallt waren. Alec kontrollierte den seinen und bemerkte gleichzeitig, daß sein einarmiger Nachbar unbeholfen herumhantierte, wobei ihm der Schweiß in dicken Tropfen auf der Stirn stand. Alec erbot sich höflich, behilflich zu sein, wurde aber abgewiesen: „Nein, nein, danke! Es geht schon, man gewöhnt sich daran, nur mit einer Hand fertigzuwerden...“ Nachdem der Haken eingeschnappt war, lehnte er sich in seinen Sitz zurück und schloß die Augen.
    Der silberne Riesenvogel glitt von der Rampe weg, und jetzt konnte Alec noch einmal seine Eltern drüben auf der Terrasse stehen sehen. Er winkte, aber es war zu vermuten, daß sie es nicht erkennen konnten. Das Flugzeug drehte sich und nahm Kurs aus der Bucht in den breiten Kanal. Als die Gestalten seiner Eltern immer kleiner wurden, fühlte Alec Heimweh in sich aufsteigen. Er starrte in das aufgewühlte Wasser und bedachte, wie sehr er Vater und Mutter vermissen würde. Plötzliches Aufschäumen des Wassers gegen das Fenster erschreckte ihn. Das Dröhnen der Motoren war zu gewaltigem Donnern angeschwollen. Das Ufer glitt mit sich steigernder Geschwindigkeit neben ihm fort. Die Fenster waren jetzt vollständig von weißem Schaum verhüllt. Volence beobachtete Alecs gespannten Gesichtsausdruck und versicherte ihm lächelnd, er würde gleich wieder klare Sicht haben. Der Steward hatte ihm erzählt, daß das Flugzeug sehr viel Fracht trug und daher einen langen Start brauchte. Allein der Betriebsstoff, den eine Maschine dieses Formats mit sich führen mußte, hatte ein enormes Gewicht.
    „Wahrhaftig“, murmelte Alec, „für mich ist es ein Wunder, daß es überhaupt in die Luft steigen kann.“
    Das Wasser schäumte jetzt in Strömen draußen von den Fenstern herab; man hätte meinen können, sie befänden sich unter einem Wasserfall.
    Jetzt heulten die Motoren in einem neuen, hohen Ton, und plötzlich waren die Fenster wieder klar — der silberne Vogel hatte sich vom Wasser gelöst.
    „Wir fliegen!“ schrie Alec begeistert.
    Der beleibte Ibn al Khaldun fuhr bei Alecs Aufschrei hoch, seine geschlitzten Augen öffneten sich, trafen den Jungen und schlossen sich danach uninteressiert von neuem.
    Das Flugzeug gewann allmählich an Höhe. Alec konnte das Verwaltungsgebäude, den La Guardia-Flugplatz, und nicht sehr weit entfernt Flushing, seine Heimat, liegen sehen. Sogar sein Elternhaus erkannte er. Das Flugzeug schlug jetzt einen Bogen und nahm dann Kurs über Long Island, dem Ozean entgegen.
    Die nächsten Stunden vergingen rasch. Ehe sich’s Alec versah, servierte der Steward den Lunch. Inzwischen war das Land völlig außer Sicht gekommen, sie hielten südlichen Kurs auf ihr erstes Zwischenziel: Port of Spain auf Trinidad. Dort würden sie, wie Volence ihm erläutert hatte, die Nacht verbringen und dann am andern Morgen weiterfliegen nach Natal in Brasilien, dem letzten Aufenthalt vor dem Flug über den Ozean nach Afrika. Alec blickte zu Henry hinüber und erkannte an dessen belebtem Gesicht, daß er die Reise genauso genoß wie er selbst. Volence verspeiste mit gutem Appetit seinen Schinken mit Kartoffelsalat, ohne sich beim Lesen in seinem Magazin zu unterbrechen. Ibn al Khaldun hatte auf das Essen verzichtet und schlief wieder fest.
    Nachdem Alec sich gesättigt hatte, schaute er gleich wieder zum Fenster hinaus. Sie befanden sich über dem Golfstrom, das Wasser zeigte ein tiefes Azurblau. Flaumige weiße Wolkengebilde glitten unter ihrem Flugzeug

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