Blitz kehrt heim
Könntest du sie nicht doch noch mitmachen, Alec?“
Der junge Amerikaner schüttelte mit einem bedauernden Lächeln den Kopf: „Was meinst du, wie gern ich es täte, Raj! Aber unser Heimweg ist gar zu weit. Wenn wir morgen aufbrechen, werden wir gerade zur rechten Zeit in Addis ankommen, um einen Frachter zu erreichen, der in drei Wochen dort eintrifft und unsere vier Pferde mitnehmen kann.“ Er machte eine Pause und fuhr dann lächelnd fort: „Die Hochzeit wird stattfinden, dessen bin ich sicher, denn ich habe deinen Bruder vor einem Weilchen mit Tabari Spazierengehen sehn, und sie sah ganz und gar nicht so aus, als ob sie nein sagen würde.“
Als sie das Haus erreichten, kam Abu mit Volence und Henry aus den Ställen. Der Scheich winkte Alec zu und bat ihn, mit in sein Zimmer zu kommen. Dort schloß er die Tür hinter sich und sagte: „Ich möchte ein paar Worte mit dir reden, Alec, die anderen brauchen dabei nicht zuzuhören.“ Alec setzte sich auf den Stuhl, den Abu ihm anbot, und beobachtete ihn, wie er schweigend ans Fenster trat und versonnen hinausblickte. Schließlich wandte er sich seinem jungen Gast wieder zu und sagte: „Ich brauche dir nicht nochmals ausdrücklich zu versichern, daß ich dir überaus dankbar bin, mein Sohn, das weißt du selber, meine ich! Ich kenne auch deine große Liebe zu Scheitan, und seine Liebe zur dir.“ Er machte eine Pause und fuhr fort: „Am liebsten würde ich dir den Hengst schenken, aber das geht leider nicht, denn dadurch würde ich das Resultat meiner ganzen, wohlüberlegten Arbeit von Jahrzehnten, durch die es mir gelang, ein solches Pferd wie Scheitan zu züchten, aufs Spiel setzen. Für mich hängt alles davon ab, von Scheitan Nachzucht zu haben.“
„Das verstehe ich sehr gut, Sir“, unterbrach ihn Alec. „Und ich habe nie erwartet, daß sie mir den Rappen schenken würden, denn ich weiß, wie wertvoll der Hengst für Sie ist. Soviel Einblick und Verständnis habe ich in der Zeit meines Hierseins gewonnen. Sie brauchen es mir nicht zu erklären.“ Er stand von seinem Stuhl auf.
Abu trat an ihn heran und legte ihm die Hände auf die Schultern. „Was du sagt, freut mich, Alec“, erwiderte er. „Aber leer sollst du trotzdem nicht ausgehen. Dafür schulde ich dir zuviel Dank. Wenn ich Scheitan jetzt als Deckhengst einsetze, wird er wohl bald der Vater eines Fohlens werden. Und dieses Fohlen soll dir gehören! Ich werde es dir nach Amerika schicken!“
„Sie meinen — Sie wollen sagen, Sir“, stotterte Alec überrascht und im ersten Augenblick unfähig sein Glück zu fassen, „das erste Fohlen, das nach Blitz fällt das soll mein sein?“
„Ja, Alec, das meine ich!“ bestätigte der Scheich mit gütigem Lächeln. „Dieses Fohlen wird dir gehören! Und seine Mutter wird Johär sein, vielleicht die schönste reinblütige Araberstute der Welt!“
„Ooooh!“ machte Alec nur, weiterer Worte war er nicht mächtig. Dann trat er in einer Art Betäubung ans Fenster. In der späten Nachmittagssonne, die das Tal vergoldete, sah er hinten auf der Weide die grasende Pferdeherde. Von den andern etwas getrennt stand Blitz hoheitsvoll da, mit hocherhobenem Kopf seine Herde überwachend. Und er, Alec Ramsay, würde das erste Fohlen dieses einmaligen, königlichen Hengstes besitzen! Seine Kehle verengte sich bei diesem kaum faßbaren Gedanken. Vielleicht würde es gar ein kleiner Hengst werden... ein Sohn! Ein Sohn von Blitz! Und ihm, ihm allein sollte er gehören! Er würde ihn aufzie-hen, ihn pflegen, ein Rennpferd aus ihm machen... Was für ein Pferd mußte das werden — mit Blitz als Vater und Johâr als Mutter!
Dankbar und mit strahlenden Augen wandte er sich zu Scheich Abu und schüttelte ihm die Hand. Dann lief er hinaus, den Freunden sein Glück zu erzählen.
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