Geschöpfe Der Ewigkeit
BASTEI LÜBBE TASCHENBUCH
Band 74 025
Erste Auflage: Juni 1999
© Copyright 1996 by Christopher Pike
All rights reserved
Deutsche Lizenzausgabe 1999 by
Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co.,
Bergisch Gladbach
Originaltitel: The Last Vampire, 6: Creatures of Forever Titelbild: Jan Balaz
Umschlaggestaltung: QuadroGrafik, Bensberg
Satz: Fotosatz Steckstor, Rösrath
Druck und Verarbeitung:
Ebner, Ulm
Printed in Germany
ISBN 3-404-14182-2
1.
KAPITEL
Ich bin ein besonders mächtiger Vampir. In der neueren Vergangenheit haben verschiedene Ereignisse und Begegnungen dazu geführt, daß ich noch mächtiger wurde. Mein Erschaffer, Yaksha, erlaubte mir, sein Blut zu trinken, bevor er starb. Yaksha, der mich vor fünftausend Jahren zu einem Vampir gemacht hat, war unendlich viel stärker als ich. Die letzte Übertragung seines Blutes ließ auch meine Stärke anwachsen und schärfte meine Sinne – sowohl die natürlichen als auch die übernatürlichen. Danach wurde mein Blut mit Hilfe der Geheimnisse uralter Alchimie mit dem des göttlichen Kindes vermischt. Ich bin noch immer nicht ganz sicher, wie sich das Blut dieses Kindes auf mich ausgewirkt hat, denn ich kenne die Fähigkeiten des Kindes bis heute nicht genau. Doch danach fühlte ich mich stärker und weniger verletzlich. Schließlich gab mir auch meine Tochter Kalika ihr Blut, bevor sie starb, um mich zu retten. Und genau diese Übertragung war es, die unglaubliche Wirkung bei mir gezeigt hat. Fast fühle ich mich, als sei ich durch sie meine Tochter, die unantastbare Kali, und zu allem fähig. Dieses Gefühl ist sowohl tröstlich als auch beunruhigend. Denn trotz der Tatsache, daß meine Macht soviel größer geworden ist, weiß ich nicht, ob ich gleichzeitig auch weiser geworden bin.
Ich habe noch immer einen Hang zu meinen alten Neigungen.
Ich töte aus Lust – und aus Liebe.
Da die Menschen Vampire gewissermaßen als Tote ansehen, kann man sagen, daß ich auch meinen Freund Seymour Dorsten getötet habe, indem ich ihn zu einem Vampir machte. Doch ich habe dies nur getan, weil ich nicht wollte, daß er starb. Ich frage mich, ob Lord Krishna mir diese meine Tat wohl vergeben wird – es war das drittemal, daß ich meinen Eid ihm gegenüber gebrochen habe.
Ob seine göttliche Gnade mich wohl immer noch beschützt? Manchmal frage ich mich sogar, ob Krishna es war, der zugelassen hat, daß ich so mächtig geworden bin – weil ihn dies seiner Aufgabe enthebt, mich weiterhin zu beschützen. Es sähe ihm ähnlich, gleichzeitig einen Fluch und einen Segen auszuschütten. Gott hat manchmal eine leicht boshafte Art von Humor. Einmal habe ich Krishna persönlich getroffen, und ich denke immer noch daran.
Im Augenblick sitze ich in einer Bar in Santa Monica mit Seymour an meiner Seite. Wir trinken Cola und unterhalten uns mit einer jungen Frau, wobei mir nicht entgeht, daß Seymour dabei die ganze Zeit an Blut und Sex denkt. Ich kann seine Gedanken lesen, denn seitdem ich das Blut meiner Tochter getrunken habe, sind meine übernatürlichen Fähigkeiten immens entwickelt.
Zuvor konnte ich Gefühle nur ahnen, jetzt erlebe ich sie direkt mit. Und ich weiß, daß, während Seymour mit dieser jungen Frau flirtet, der Bursche am anderen Ende der Bar, der einen tätowierten Schwan auf dem linken Handgelenk hat, gerade an Mord denkt.
Ich habe den Mann beobachtet, seitdem ich hier sitze; ich habe die ganze Zeit über seine Gedanken gelesen. Während des letzten Monats hat er zwei Menschen getötet, und heute nacht will er seinen dritten Mord begehen. Als Opfer bevorzugt er hilflose junge Frauen, die lautlos schreien, während er sie langsam erwürgt. Doch obwohl ich schon eine Weile mit allen Mitteln versuche, seinen Blick zu erhaschen, gelingt es mir nicht. Das verwirrt mich. Schließlich sehe ich ziemlich süß und hilflos aus mit meinem langen blonden Haar und den blauen Augen, den engen Jeans und dem offensichtlich teuren schwarzen Ledermantel. Aber ich beabsichtige, diesen Burschen noch vor Ablauf der Nacht zu töten, koste es, was es wolle. Er wird so langsam sterben wie seine Opfer, und ich werde dabei nicht das geringste Anzeichen eines schlechten Gewissens verspüren.
»Und was tust du, wenn du nicht gerade Partys feierst?« höre ich das Mädchen Seymour fragen. Sie wirkt auf eine träge Art hübsch, mit kurzem, rotem Haar, dessen Schnitt der Frisur eines gerade sehr populären Models nachempfunden ist, und einem glänzenden Mund, der irgendwie nie
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