Blitz kehrt heim
Klette in seiner Mähne, als das Pferd des Beduinen unter den rasend hämmernden Hufen zusammensank, seinen Reiter unter sich begrabend. Auf und nieder stieg der riesige Hengst, eine entfesselte Urkraft, ohne Aufhören trommelten seine Hufe auf die zuckende Fleischmasse. Mit allen Kräften versuchte Alec ihn herumzureißen; er vermochte es nicht. Blitz war wieder der ungezähmte, wutschnaubende Wildhengst.
Als Alec einen Blick zurückwarf, sah er, daß Ibn sein Gewehr in Anschlag gebracht hatte, aber er konnte nicht zielen, weil sein eigenes Pferd tanzte und scheute, so daß er sich nur mit Mühe im Sattel zu halten vermochte.
Plötzlich klang das Knattern scharfer Schüsse aus der Ferne durch die Schlucht; Salve folgte auf Salve, Alec sah den Mond hoch über den Bergen — Raj war mit den Kriegern Abu ben Isaaks und Abd al Rahmans eingetroffen! Er blickte zu Ibn, der überrascht herumgefahren war.
Und jetzt stand Blitz still, die Nasenlöcher geweitet, die Ohren gespitzt. Alec erkannte blitzschnell, daß dies seine Chance war, zu entkommen. Er grub seinen Kopf in des Hengstes Mähne, schmiegte sich eng an den riesigen Körper und stieß ihm die Fersen in die Flanken. Blitz flog wie ein von der Sehne geschnellter Pfeil an Ibn vorbei. Alec sah gerade noch, wie der Beduine mit verzerrtem Gesicht von neuem sein Gewehr hob, und bückte sich, so tief er konnte. Gleich danach zischte eine Kugel über seinen Kopf hinweg, dann eine zweite. Alec warf sich nach links. Ibns nächster Schuß ging wieder in die Luft. Dann war es still.
Alec war noch nicht weit geritten, als das Gewehrfeuer plötzlich verstummte. In langen Sätzen flog der Hengst über den Boden, seine Hufe schlugen hörbar auf die Steine. Alec versuchte ihn zu beruhigen, indem er liebevoll in die gespitzten Ohren hineinsprach und den Hals streichelte. Sie waren dicht bei der Ansiedlung, als Alec Männer rufen hörte. Blitz’ Tempo nahm ab. Jetzt erschienen die ersten Hütten vor ihm, und gleich darauf sah er Gestalten. Er veranlaßte Blitz, im Schritt zu gehen, denn Vorsicht schien ihm geboten. Der Hengst wieherte leise und bekam Antwort von mehreren anderen Pferden. Alec hielt an, als er einen Reiter auf sich zukommen sah: er erkannte Abu ben Isaak auf seinem grauen Hengst. Er rief ihn an, denn er fürchtete, der Scheich könnte ihn für einen von Ibns Männern halten. Abu ritt heran, und sein strenges Gesicht wurde milde, als er Alec und Scheitan erkannte.
„Allah sei Dank, daß du in Sicherheit bist, mein Sohn!“ rief er Alec zu. „Wir waren in größter Sorge um dich, als wir dich nirgends fanden!“ Sein Gesichtsausdruck wurde wieder finster, als er fortfuhr: „Leider befindet sich Ibn al Khaldun nicht unter den Männern, die wir gefangen haben. Hast du ihn gesehen?“
In aller Eile erzählte Alec, was ihm geschehen war. Daraufhin wandte Abu seinen Hengst herum und rief Alec zu, er solle ihm folgen.
Noch ehe sie die Krieger erreicht hatten, die auf ihren Pferden Ibns besiegte Horde umringten, kam Abd al Rahman herangeritten, gefolgt von Raj auf seinem Rotschimmel: „Alec! Bist du unverletzt?“ rief Raj.
„Alles in Ordnung!“ gab Alec zurück, „aber ihr seid gerade noch zur rechten Zeit gekommen.“ Er berichte-tete Raj, was er erlebt hatte und daß Ibn sich noch irgendwo am andern Ende der Schlucht befinden mußte.
„Sie werden ihn fangen, ehe die Sonne aufgeht“, erwiderte Raj. „Sieh dort! Mein Bruder macht sich gerade auf den Weg!“
Mehrere Reiter ritten mit schußbereiten Gewehren unter Führung Abd al Rahmans tiefer in die Schlucht hinein.
Raj und Alec begaben sich zu Abu, und Raj fragte ihn, ob er dem Trupp folgen dürfte.
„Nein!“ antwortete der Scheich. „Dein Bruder hält es — wie auch ich — für besser, wenn du bei mir bleibst. Wir bringen die Gefangenen zur Festung deines Bruders und warten dort auf ihn und Ibn, um den Schurken zu richten.“ Er sah Alec an, der Blitz gerade zwischen den Ohren kraulte, was ihm sichtlich behagte, und fuhr lächelnd fort: „Jetzt erst kann ich alles glauben, was ich über dich und Scheitan gehört habe! Ich möchte, daß du ihn nach Hause reitest! Einige meiner Männer werden dich begleiten, damit du sicher bist.“
Alec nickte. „Wie Sie meinen, Sir! Was mich betrifft, würde ich lieber mit Ihnen und Raj reiten.“
Der Scheich beharrte: „Es ist besser, es bleibt bei dem, was ich angeordnet habe, denn das, was hier noch für uns zu tun ist“ — sein Blick streifte die
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