Blitz kehrt heim
hatte, war es für ihn schwer, das Pferd zu ruhigem Schritt zu zwingen. Er versuchte es mit freundlichem Zureden, indem er seinen Kopf dicht an Blitz’ Hals lehnte, doch der Hengst fiel in einen schnellen Trab, den Kopf hoch, die Ohren gespitzt. Alec merkte, daß sie sich der Koppel näherten, und versuchte vergeblich, ihn anzuhalten. Wenn er den Hengst nicht sofort zum Stehen brachte, war es vielleicht zu spät. Plötzlich hielt er von selbst an, stieg ein wenig, schnaubte dann, wandte sich um, lief wieder eine kurze Strecke, blieb neuerdings stehen. Ratlos warf er den Kopf erst nach der einen, dann nach der anderen Seite. Zitternd verharrte er, trat jedoch unbehaglich hin und her und scharrte in höchster Nervosität mit dem Vorderhuf am Boden. Auf einmal hörte Alec Hufschläge in der Ferne. Der Hengst war nicht länger zu halten; er rannte ein Stück weit in die Schlucht hinein, wendete, rannte zurück, stand wieder. Das Hufgetrappel verstärkte sich. Gleich darauf erkannte er in der Finsternis undeutlich drei Reiter; sie kamen von der Koppel her auf ihn zu und waren noch etwa fünfzig Meter entfernt. Blitz schnaubte und stieg. Als seine Hufe den Boden berührten, gab ihm Alec den Kopf frei, und er raste direkt auf die Reiter zu. Nun gut, sollte er durchbrechen! Allerdings wußte Alec nicht, wohin er sich wenden sollte, falls das wirklich gelang. Jetzt fiel Blitz in vollen Galopp. Einer der Reiter schnitt ihm jedoch den Weg ab und zwang ihn an die Felswand, während die andern beiden ihn von den Seiten einschlossen. Blitzschnell drehte sich der Hengst um die eigene Achse und schoß nach Norden in die Schlucht hinein; aber ehe er seine Schnelligkeit voll entwickeln konnte, hörte Alec das Zischen eines heransausenden Fangseils, und schon fiel die sich windende Schlinge über des Hengstes Kopf. Alec versuchte noch, danach zu greifen, um sie abzustreifen — doch alles ging zu schnell. Das Fangseil wurde zugezogen, der Hengst im Lauf zurückgerissen und Alec im Bogen zur Erde geschleudert. Ihm schwanden die Sinne.
Er kam erst wieder zu sich, als ihn eine grobe Faust in die Höhe zerrte. Noch halb betäubt blickte er um sich. Blitz war eingekeilt zwischen zwei anderen Pferden; der dritte Reiter stand vor ihm — Alec blickte in die tückischen Augen Ibn al Khalduns, der gefährlich leise zischte: „Schon wieder einmal treffen wir uns, junger Freund. Das hätte ich wirklich nicht geglaubt, vor allem nicht an diesem Ort! Jedenfalls trifft es sich für dich nicht günstig, daß du ausgerechnet diese Zeit gewählt hast, mir und dem Pferd, das du Blitz nennst, einen Besuch abzustatten, denn ihr seid mir beide im Wege. Aber so könnt ihr miteinander sterben! Schade für dich, daß du so neugierig bist.“
Alec schwieg. Der Mann war außer sich vor Wut! Er konnte ihn doch nicht umbringen! Oder konnte er es doch? Daß Ibn zu allem fähig war, stand außer Zweifel. Wenn er glaubte, Alec könne ihm schaden, würde er ihn genau wie jeden anderen ohne Skrupel ermorden.
Ibn hatte ihn am Arm gepackt und krallte ihm die Finger tief ins Feisch, als er weitersprach: „Du bist mir aus dem Lager Abus gefolgt, das ist klar, denn ich habe dich vor ein paar Stunden dort gesehen. Bist du allein gekommen? Oder hat dich dein junger arabischer Freund begleitet, der neben dir auf dem Rotschimmel ritt? Es dürfte sich empfehlen, daß du mir die Wahrheit sagst.“
Ohne die logische Folgerung zu bedenken, die Ibn aus seinen Worten ziehen würde, erwiderte Alec höhnisch: „Sie meinen wohl Scheich Abd al Rahmans Bruder? Nein, ich bin allein gekommen.“
Ibns Finger schlossen sich wie Eisenkrallen um seinen Arm. „Aha, du weißt also, wen ich meine! Aber dadurch hast du mir zugleich verraten, daß du lügst; ihr seid beide gekommen und habt mich belauscht, als ich zu meinen Männern sprach, denn du willst mir doch nicht weismachen, daß du inzwischen Arabisch gelernt hast? Somit besteht für mich kein Zweifel, daß dein Freund bei dir war und daß ihr beide ein bißchen zuviel von meinen Plänen wißt. Antworte jetzt: wo hat er sich versteckt!“ Ibn lächelte teuflisch, während er Alecs Arm umdrehte, daß sich sein Opfer vor Schmerz krümmte. „Heraus mit der Sprache! Sonst werde ich dir zeigen, wie leicht es für einen kräftigen Mann ist, dir den Arm aus dem Schultergelenk zu drehen. Das wurde mir selber bewiesen, als ich nur wenig älter war, als du jetzt bist, und seitdem muß ich mich mit nur einem Arm begnügen. Also tu deinen
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