Blitz kehrt heim
Steinpfeiler, als sie sagte: „Sage deinen Freunden, sie sollen sich nicht durch meines Vaters Ablehnung entmutigen lassen, er ist im Grunde nobel und sehr gutherzig.“
„Sie meinen... Sie denken... er könnte Herrn Volence vielleicht doch einige Pferde verkaufen?“ fragte Alec begierig.
„O nein!“ antwortete sie. „Was er gesagt hat, stimmt: unser Volk verkauft seine Pferde nicht.“ Sie bemerkte den niedergeschlagenen Ausdruck in Alecs Gesicht und fügte lächelnd hinzu: „Aber vielleicht schenkt er euch ein paar... Das ist gar nicht unmöglich, denn mein Vater ist sehr großzügig!“ Flüsternd, kaum hörbar, fuhr sie fort: „Und was Scheitan anbelangt...“
„Scheitan... Blitz... was wollen Sie sagen?“ fragte Alec atemlos.
Sie antwortete erst nach einer Weile: „Es ist eine seltsame Geschichte, doch gerade du hast ein Recht darauf, sie zu erfahren, da du eine Rolle in ihr gespielt hast.“
„Ich?“ staunte Alec. „Ich soll eine Rolle darin gespielt haben?“
Tabari nickte. „Ich will von Anfang an erzählen. Vor etwa hundert Jahren hatte mein Ururgroßvater ein Pferd gezüchtet, das er für das schnellste und schönste ganz Arabiens hielt. Um das zu beweisen, forderte er alle anderen Scheichs und Pferdezüchter unsres Landes zu einem Wettrennen mit ihm auf. Die meisten nahmen die Herausforderung an.“
„Na und?“ fragte Alec voller Spannung. „Hat Ihres Ururgroßvaters Pferd wirklich gewonnen?“
„Ja, es siegte! Und jeder der teilnehmenden Beduinenstämme gab ihm fünfzehn seiner besten Pferde als Siegespreis, das war vor dem Rennen so ausgemacht worden. Seit jenem Tag haben alle fünf Jahre ebensolche Wettrennen stattgefunden. Die dazwischenliegenden Jahre werden von den Züchtern benutzt, so gute Pferde hervorzubringen wie nur irgend möglich. Mein Urgroßvater züchtete ausschließlich für den Zweck, diese Rennen zu gewinnen, nachdem sein Vater gestorben war. Meines Vaters Vater fuhr damit fort, und jetzt tut es mein Vater. Wenn er stirbt, wird diese Tradition von mir und meinem Bruder, der zurzeit in England studiert, fortgesetzt werden.“
„Hat Ihre Familie alle diese Rennen bisher gewonnen?“ fragte Alec.
„Alle nicht, doch die Mehrzahl, bis vor zwanzig Jahren meines Vaters großartiger Brauner Tigris von einem Pferd Abd al Rahmans geschlagen wurde. Und seine Pferde haben dann auch die beiden Rennen gewonnen, die seitdem gelaufen sind. Demnächst steht wieder ein Rennen bevor.“ Tabari richtete ihren Blick auf Alec. Sie schien unentschlossen, fuhr dann aber fort: „Vielleicht ist es das beste, ich erzähle dir mehr über Abd al Rahman... und seinen Sohn, den jungen Beduinenscheich, der euch durch das Gebirge geführt hat und der denselben Namen trägt.“
„Demnach wird der kastanienfarbene Hengst, den er ritt, an dem nächsten Rennen teilnehmen?“ unterbrach Alec. Das Mädchen nickte. Alec schwirrte der Kopf! Das war das Rennen, von dem er beim Betrachten des Kastanienfarbenen geträumt hatte! Er und Blitz als Gegner... nie wieder würde ein ähnliches stattfinden...
Tabaris Stimme unterbrach seine Gedanken. „Vielleicht ist es dir aufgefallen, daß mein Vater Herrn Volence nicht ermutigte, weiter von ihm zu sprechen, als er erzählte, daß der junge Scheich euch hierher gebracht hatte. Unsere Stämme sind verfeindet, so sehr, daß zuweilen Blut vergossen wird... Nicht deshalb, weil Abd al Rahmans Pferde in den letzten Rennen den Sieg davongetragen haben“, beeilte sie sich, zu versichern, „sondern weil Abd al Rahman meinen Vater haßt.“
„Aber wie kann er denn einen so liebenswerten Mann wie Ihren Vater hassen?“ Alec schüttelte ungläubig den Kopf. „Uns gegenüber hat er sich doch so edel und großmütig gezeigt.“
Tabaris Stimme klang leise und traurig, als sie antwortete: „Vor zwanzig Jahren waren sein und mein Vater die besten Freunde. Stets ritten sie mit ihren Stämmen zusammen im Gebirge wie in der Wüste, um gutes Weideland zu suchen und anderen, die in Not waren, zu helfen. Bald nach der Geburt seines zweiten Sohnes unternahm Abd al Rahman eine Pilgerfahrt nach Mekka. Seine Frau und sein neugeborenes Kind nahm er mit. Mein Vater riet ihm zwar dringend davon ab, weil in jenen Jahren blutige Stammesfehden zwischen Beduinen überaus häufig waren und selbst ein so bekannter und geachteter Scheich wie Abd al Rahman gefährdet war. Jedoch er wollte nicht hören, er vertraute stolz auf sein Schwert, seine Krieger, seine Pferde. Er ritt
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