Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz und Vulkan

Blitz und Vulkan

Titel: Blitz und Vulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
Vom Netzwerk:
vorbei, sein Motor brummte laut in der Stille des Morgens. Blitz schnaubte und wich vor dem Geräusch aufs Feld zurück. Als er den Lattenzaun an Alecs Seite erreichte, ging er an ihm entlang. In kurzer Entfernung von dem Jungen blieb er stehen. Sein schlanker Hals wölbte sich scharf, sein Kopf neigte sich leicht zur Seite.
    Einen Augenblick verharrte er still, dann bäumte er sich schnaubend, warf die Hinterbeine übermütig hoch, fiel ohne Übergang in einen rasenden Galopp und erreichte schnell das Ende des Feldes. Hier blieb er stehen, legte sich nieder, rollte sich auf den Rücken, rieb seinen Körper an der weichen Erde und grunzte dabei vor Wohlbehagen mit in der Luft zappelnden Beinen. Gleich darauf sprang er hoch, fiel wieder in vollen Galopp und minderte das Tempo erst, als er sich der Steinmauer näherte. Mit erstaunlicher Gewandtheit warf er sich herum und preschte über das Feld zurück. Diesmal kam er zu Alec und blieb vor ihm stehen.
    Der Junge streckte die Hand aus, um das verwirrte Kopfhaar und den Hals zu streicheln. Das Pferd stand bei ihm, so nahe, daß es die selbstverständlichste Sache der Welt war, vom Zaun herab auf seinen Rücken zu gleiten... Er saß drauf, ehe er sich dessen recht bewußt war. Rein instinktiv hatte er gehandelt; es war völlig natürlich für beide; es konnte gar nicht anders sein.
    Der Hengst ging vorwärts, ohne im geringsten zu bocken. Seine schwebenden, mühelosen Bewegungen machten das Reiten zum Genuß. Wie wenig glich er darin Vulkan, dachte Alec, denn der machte seinem Reiter das Leben nur leicht, wenn er in vollem Galopp dahinjagen durfte. Nur dann verlor er die Gespanntheit, die sich bei ihm in jeder anderen Gangart bemerkbar machte.
    Blitz begann zu galoppieren, Alec legte sich nach vorn und preßte seine Hände an die Seiten des Halses. Er merkte, daß er vergessen hatte, wie hoch Blitz den Kopf stets trug, selbst in vollem Galopp. Vulkan stieß statt dessen seinen Kopf immer vorwärts, seine Ohren lagen flach am Kopf an. In vielen Dingen waren die beiden Pferde verschieden, obwohl Alec zwischen seinen Knien dieselben gigantischen Muskeln arbeiten fühlte, die beide zu so enormer Schnelligkeit befähigten.
    Die Galoppsprünge des Hengstes fraßen den Boden förmlich. Jetzt schwenkte er plötzlich zur Seite, um die Senke zu vermeiden. Alec paßte sich seinen Bewegungen genau an. Er frohlockte innerlich über die ungeheure Kraft des Hengstes, als er erneut angriff und über das Feld dahinflog.
    Noch halb im Schlaf vernahm Henry das Stampfen galoppierender Hufe. Er drehte sich unwirsch im Bett herum und wandte dem offenen Fenster, das auf das Feld hinausging, den Rücken zu. Er hielt die Augen geschlossen und murmelte grimmig: „Andere sehen Gespenster, ich höre welche im Traum. Es ist doch Sonntag, ich brauche doch heute nicht auf die Rennbahn. Vulkan muß ja ausruhen..., meilenweit ist hier kein Pferd..., nur Napoleon, und der steht heute auch im Stall. Es muß übrigens noch früh sein, sehr früh.“ Er öffnete die Augen und sah nach der Uhr. Kurz vor sechs war es! Er machte die Augen schnell wieder zu. Doch da hörte er die Hufschläge abermals. Jetzt fuhr er im Bett hoch — die Erkenntnis blitzte ihm auf: Blitz! Alec!
    Er rannte zum Fenster und sah die rasch über das Feld fliegende Gestalt des schwarzen Hengstes, aber es dauerte eine Weile, bis er Alec entdeckte, denn der klebte wie eine Klette auf dem Widerrist und war von der flatternden Mähne verdeckt.
    „Der närrische Kerl!“ brummte er. „Konnte er denn nicht auf mich warten.“
    Er griff in aller Hast nach seinen Kleidern und zog sich an, ohne einen Blick von Alec und dem dahinjagenden Pferd zu lassen.
    Die Sprünge des Hengstes wurden kürzer, als er sich dem Zaun näherte, er wurde langsamer, weil er sich zurück aufs Feld wenden wollte. Jetzt entdeckte Henry, daß Alec ohne Sattel und Zügel ritt und das Pferd allein durch Berühren am Hals dirigierte. „Der Junge traut diesem Tier nichts Böses zu“, sagte er kopfschüttelnd, „er wird das niemals tun, und vielleicht ist das das Geheimnis, warum Blitz auch zu ihm unbegrenztes Vertrauen hat...“ Henry zog sich jetzt langsamer an. „Es hat keinen Sinn, daß ich mich aufrege; augenscheinlich hat er nicht die geringsten Schwierigkeiten.“
    Henry bewunderte Blitz’ Schnelligkeit auf der kurzen Strecke. Jede seiner Bewegungen zeugte von ungestümer Wildheit, und trotzdem schien es, als gehorche der Hengst Alecs leisestem Wink. Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher