Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
Sandkastenfreundinnen gehörte, aber im Zweifelsfall konnten wir uns aufeinander
verlassen.
Dies war eindeutig ein solcher Fall.
»Willst du heulen, trinken oder reden?«, fragte Sabine, als sie hereinkam.
»Reden«, schluchzte ich an ihrem Hals.
»Dann hör auf zu heulen und stell den Schampus kalt, damit wir später zum Trinken übergehen können.« Sie drückte mir eine
eisgekühlte Flasche Moët-et-Chandon Brut Impérial in die Hand. Sabine kümmerte sich eben auch um die Details.
Ich nahm ihr die Flasche aus der Hand und stellte sie in meinen Kühlschrank neben den Kirschjoghurt mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum.
Ansonsten war der Kühlschrank leer.
»Schmeiß die Mikrowelle an, Kleines, hier kommt etwas zum Aufwärmen.«
Sabine reichte mir die Verkaufsverpackung eines Delikatessenhändlers, dessen Angebot weit über meinen finanziellen Möglichkeiten
lag. Ich stellte die Schale in die Mikrowelle und drückte auf Start. Währenddessen packte Sabine den Korb aus, der voller
Obst, Gemüse, Brot, Käse, Saft und Sprudeltabletten war. Magnesium und Kalzium, Zink, Multivitamin, Eisen, verschiedene einzelne
Vitamine sowie Mineralien und Spurenelemente in Zitronen- oder Orangengeschmack.
Die Mikrowelle machte »Pling«.
»Putz dir die Nase, setz dich an den Tisch und entspann dich.«
Ich gehorchte. Sabine füllte die Suppe in einen tiefen Teller, gab mir einen Löffel und setzte sich mir gegenüber. Ich fing
an zu essen. Himmlisch. Eine dicke, sämige, höllisch scharfe Gulaschsuppe, in der kein noch so kleines Fetzchen schwabbeliges
Fett oder zähe Sehne zu finden waren, dafür aber viel dunkles, kräftiges Fleisch. Ich kratzte den letzten Rest aus dem Teller
und lehnte mich zurück. Es ging mir schon etwas besser.
»Erzähl.«
Also berichtete ich. Von dem für Anfang Mai völlig untypischen, nasskalten Wind in Venedig, der beginnenden Erkältung, dem
Riss im Trommelfell, dieser blöden Ohrenentzündung, mit der nicht zu spaßen war, und von den letzten drei Tagen, die ich kaum
bewusst wahrgenommen hatte. Als mir einfiel, dass dies mein dreißigster Geburtstag war, fing ich wieder an zu heulen.
»Okay, dann gehen wir jetzt am besten zum Trinken über«, entschied Sabine und holte zwei Champagnerflöten aus dem Schrank.
Ich besitze wenig Geschirr, aber die entscheidenden Dinge sind da.
»Alles Gute zum Geburtstag, Lulu-Maus«, sagte Sabine und zog mich auf die Beine. Dann umarmte sie mich fest. »Lass dich nicht
hängen, es geht dir bald wieder gut, und dann holst du die Feier eben nach.«
Ich antwortete nicht, wusste aber genau, dass das nicht der Fall sein würde. Weder hatte ich das Geld für einen zweiten Anlauf,
noch würde ich die Kolleginnen jemals wieder unter einen Hut bekommen. Wahrscheinlich saßen sie in diesem Moment auf einem
winzigen Eiland im Indischen Ozean und warteten auf mich. Ich hatte ja niemandem Bescheid gegeben.
Um Himmels willen! Das wurde mir jetzt erst klar! Die sieben saßen am Strand und machten sich vielleicht die größten Sorgen.
Sie konnten mich nicht einmal erreichen, weil die Insel einer der wenigen Orte dieser Welt ist, an dem es absichtlich keine
Mobilfunk-Verbindung gibt. Ich hatte das für eine gute Idee gehalten, damit die Airline uns mit absoluter Sicherheit in Ruhe
ließe. Jetzt sah die Sache gar nicht mehr so lustig aus.
»Ich muss unbedingt eine Mail an das Hotel schreiben«, sprudelte es aufgeregt aus mir heraus.
»Beruhige dich«, sagte Sabine. »Die Mail kann warten. Jetzt gibt es erst mal eine schöne Überraschung für die arme, kranke
Lulu-Maus.«
Ich blickte sie überrascht und vielleicht ein bisschen alarmiert an. »Welche Überraschung?«
»Du ziehst um.«
Zwei
»Ich fliege für drei Monate mit Holger nach Patagonien.«
Ich starrte Sabine an. Patagonien war ein menschenleerer Landstrich in Chile und in jedem Fall weit weg vom Kunstmuseum, dem
Louvre, der Tate oder dem Guggenheim, wo Sabine sonst gern ihre freie Zeit verbringt.
Die Sache mit Patagonien überforderte mich in meinem geschwächten Zustand, also suchte ich einen anderen Zugang zu Sabines
Plänen. »Wer ist Holger?«
»Der Mann meines Lebens.«
Sabines Augen strahlten. Alles an Sabine strahlte, wie mir in diesem Moment auffiel. Sie trug wie immer Schwarz von Kopf bis
Fuß, aber ihre Haut strahlte, ihr platinblondiertes Haar strahlte, und die vielen silbernen Ringe, Ketten und Ohrringe strahlten
auch.
»Seit wann?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher