Blood Dragon 1: Drachennacht - Maeda, K: Blood Dragon 1: Drachennacht
Mircea. „Ist das ein gutes Zeichen?“
Mircea schaute auf die Truhe, und Elisa tat es ihm nach. Darin befanden sich ein Bündel mit brüchig wirkendem Papier, eine Pergamentrolle und ein Ring mit einem Drachen darauf. Elis nahm ihn zur Hand und betrachtete ihn. Er glich dem Drachen um ihren Hals aufs Haar. „Das ist alles, was ihr habt?“, fragte sie, an beide Brüder gewandt.
„Alles, was wir von Stoker haben“, bestätigte Mircea, deutete aber mit dem Kinn auf den Raum. Er war vollgestellt mit allerlei Dingen, von denen die meisten unglaublich kostbar wirkten. Bilder hingen verdeckt oder offen an den Wänden, und Elisa erkannte Mircea, Radu und Dracula. Alle drei waren mit Porträts vertreten und sahen ernst von der Wand herab.
Elisa schaute sich weiter um und erkannte diverse Wappen, die alle den Drachen zeigten, kostbare Goldgefäße und Schmuck sowie Bündel von Briefen, Urkunden und Dokumenten. „Ich brauche mehr Licht und etwas Wärmeres zum Anziehen. Dann fange ich gleich an.“
Radu nickte und drehte sich um.
Mircea aber zögerte noch. „Bist du sicher, dass du das tun willst? Ich will dir nicht das Gefühl geben, dass ich dich zu irgendetwas missbrauche.“
Elisa umfasste den Anhänger auf ihrer Brust und musterte Mircea. Er schien es ernst zu meinen,denn sein Blick zeigte Sorge. Sie ging auf ihn zu. „Ich habe bereits eingewilligt, es zu tun. Für dich, für das Land.“
„Für uns nicht?“, fragte er und umfasste ihre Hand. Elisa schauderte, als er die Handfläche gegen seine Lippen drückte. Eine Antwort blieb sie ihm aber schuldig. Wenn sie an Dracula dachte, wusste sie mittlerweile nicht mehr, was sie fühlen sollte. Da brannte kein Hass, nicht einmal Wut. Nur noch … Mitleid. Sie schluckte unwillkürlich. Das war es auch nicht, aber sie konnte nicht genau benennen, was es sonst war. Sie durfte nicht zulassen, dass sie so dachte.
Mircea bemerkte ihr Zögern und ließ ihre Hand los. Er sagte nichts und ging, als Radu wieder hereinkam.
Ein wenig verwirrt blickte dieser seinem Bruder nach, reichte Elisa dann aber einen mit Pelz gefütterten Mantel. In der anderen Hand hielt er einen sechsarmigen Leuchter. „Da vorne steht ein Tisch“, sagte er und deutete in eine Ecke. „Dort kannst du arbeiten. Wenn du noch irgendetwas brauchst, ruf nach Mircea oder mir.“ Er deutete tatsächlich eine Verbeugung an, ehe er sich umdrehte und die Flügeltüren hinter sich schloss.
Für einen Moment fragte Elisa sich, ob sie hier gerade eingesperrt worden war, aber sie drängte den Gedanken beiseite. Er würde sie nur behindern, und sobald sie hinauswollte, würde sie es mit Sicherheit auch können.
Dennoch schien es plötzlich kälter in dem Raum geworden zu sein, trotz der Flammen in den Schalen. Sie streifte rasch den Mantel über und nahm die Truhe, um sich damit an den Tisch zu setzen. Mit dem Leuchter auf dem Tisch begann sie, sich in das dicke Manuskript zu vertiefen.
Die Worte waren vertraut: Während ihres Studiums und kurz vor dem Antritt ihrer Forschungsreise hatte sie diese immer wieder gelesen. Bram Stokers Dracula war für sie wie das Nachhausekommen nach langer Zeit in der Fremde. In den vergangenen Tagen hatte sich so viel geändert, und ihre gesamte Welt war auf den Kopf gestellt worden. Alles, woran sie bisher geglaubt hatte, war für nichtig erklärt worden, und sie hatte sich auf tausend fremdartige Dinge einstellen müssen. Es tat gut, etwas zu haben, was noch aus einer Zeit stammte, in der alles in Ordnung gewesen war.
Beinah zärtlich fuhr Elisa mit den Fingern über die raschelnden Seiten. Es handelte sich nur um eine Abschrift, aber angesichts des Alters des Papiers konnte sie nicht viel jünger sein als das Original. Jemand hatte sich Mühe gegeben, die recht schmucklose Abschrift wenigstens durch eine schöne Handschrift aufzuwerten, und es fiel Elisa nicht schwer, das Englische zu entziffern. Sie gönnte sich für einige Zeit den Luxus, einfach ein wenig in den geliebten Worten zu schwelgen, besonders schöne Sätze wie Schokolade auf ihrer Zunge zergehen zu lassen und die Handschrift zu bewundern.
Nur aufgrund ihrer Ablenkung ließ sich erklären, dass er sie überwältigen konnte. Von einem Moment auf den anderen war seine Präsenz da, so deutlich, als würde er ihr gegenüberstehen. Elisa atmete erschrocken ein, aber etwas verschloss ihr den Mund. Sie sah Dracula nicht, wusste aber, dass er bei ihr war. In ihr.
„Elisa“, hörte sie seine Stimme in sich
Weitere Kostenlose Bücher