Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
gerade aus diesem Grund die Möglichkeit gab, sich plötzlich unbemerkt wie ein Schatten in seine Nähe zu wagen. Nicht, indem er sich versteckte oder von hinten anschlich, sondern mit aufrechter, selbstbewusster Haltung, blond gebleichtem Haar und dem strahlenden Lächeln eines Sunnyboys. Er war nicht mehr mit dem zu vergleichen, den Dustin einst verspottet und dem er gedroht hatte. Und anstatt in scheue graue Augen blickte Dustin in klares, ungetrübtes Blau, ohne zu registrieren, dass diese Augen nichts als eine große Lüge waren.
»Dustin? Dustin ...« Sarah rüttelte ungeduldig an seinem Arm und Dustin wurde jäh aus seiner Erinnerung gerissen.
»Bitte, Dustin, rede mit mir, sag irgendetwas. Es macht mir Angst, wenn du so vor dich hin starrst und mir nicht verrätst, was in dir vorgeht. Außerdem rennt die Zeit. Wenn wir Jonathan Glauben schenken, müssen wir in gut einer Stunde von hier verschwunden sein.«
Dustin wandte sich Sarah zu, streichelte ihre Wange.
»Sarah«, sagte er leise und blickte ihr eindringlich in die Augen, »ich habe die ganze Zeit über etwas übersehen. Etwas Wichtiges. Ich war blind, habe nicht bemerkt, dass einer meiner ältesten, ärgsten Feinde direkt in unserer Nähe war. Jonathan ... «
Sarah zuckte zusammen und schüttelte dann ungläubig den Kopf. »Jonathan? Aber ... du weißt doch, wer er ist. Du hast ihn erst vor ein paar Wochen hier an der Canyon High kennengelernt, oder etwa nicht? Ihr habt euch sogar gut verstanden, zumindest am Anfang.«
»Er ist nicht der, der er vorgibt zu sein. Er ist ein Unsterblicher, Sarah, und sein eigentlicher Name ist Henry. Er hat sich nur ... sehr verändert, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Und dennoch - ich hätte es merken müssen, ich hätte erkennen müssen, wer sich hinter dieser Fassade verbirgt. Es gab genügend Anzeichen. Er muss mich für so dermaßen blöd halten ...«
»Aber er hat uns doch das Leben gerettet, Dustin, schon zwei Mal. Erst hat er uns aus dieser Grube befreit und dann gerade eben -«
»Nein, nicht uns, Sarah, dich«, unterbrach sie Dustin. »Er hat dich gerettet, er liebt dich, zumindest glaubt er das. Er will dich um jeden Preis, und deshalb will er dich auch beschützen. Vor Emilia, vor der Wahrheit, aber vor allem vor mir. Er missgönnt mir mein Glück, er will nicht, dass ich dich ihm wegnehme, verstehst du?«
»Aber ... Du nimmst mich ihm doch gar nicht weg. Er und ich, wir waren schließlich nie ein Paar. Und ich liebe nun einmal dich, Dustin, nur dich. Das ... das muss Jonathan doch begreifen.«
Dustin schüttelte den Kopf. »Gefühle lassen sich nicht steuern und mit Vernunft lenken oder begründen. Jonathan, oder besser gesagt: Henry, hätte mich allein niemals aus dieser Grube befreit. Vielleicht hat er sie sogar für mich errichtet, wer weiß? Wenn ich an diese eine Nacht denke und an diese grauen Augen, die zu mir hinuntergestarrt haben ... Auch jetzt hätte er mich wahrscheinlich am liebsten fertiggemacht, Sarah. Er gibt uns aus irgendeinem unerfindlichen Grund die Chance, zu fliehen. Möglicherweise vor Emilia, die ihre Kreise immer enger zieht und uns bald hier entdecken würde. Anscheinend sah er keine andere Möglichkeit, als auch mich gehen zu lassen. Vorerst ... Aber er wird nicht aufgeben, Sarah, er wird uns weiter im Auge behalten. Er wird mich im Auge behalten. Bestimmt war er zunächst verunsichert, als er mein Blut gesehen hat. Diese Wunde am Arm stammt eigentlich von ihm, Sarah. Er hat sie mir zugefügt, nachdem er mich zu einem Kampf um dich herausgefordert hat. Er muss ahnen, dass ich wieder sterblich bin.«
Sarah senkte den Blick und beide hingen für einen Augenblick ihren Gedanken nach.
»Und was sollen wir jetzt tun? Dustin, was genau können wir tun?«, fragte Sarah schließlich hilflos und mit brüchiger Stimme.
»Erst einmal müssen wir von hier verschwinden. Du musst in Sicherheit sein, Sarah, das ist das Wichtigste. Und ich ...« Dustin machte eine Pause.
»Ja?«
»Ich werde, sobald es möglich ist, zurückkehren und den Kampf zu Ende bringen. Ich muss mich ihnen stellen. Vor allem Jonathan ... Henry. Er wird keine Ruhe gehen. Sein Hass auf mich ist zu groß und er dauert schon zu lange an, als dass er freiwillig aufgeben würde.«
»Das wirst du nicht schaffen, du bist zu schwach gegen sie. Du bist sterblich, Dustin. Sie werden dich töten, sie werden uns töten.«
»Ich ... ich habe mir Gedanken gemacht, Sarah.« Dustin blickte ihr ernst in die Augen. »Du
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