Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
meinen Brauen vertiefte sich. »Welchen Konflikt könnte Eddie denn zu lösen haben?«
Eddie hatte sich dem Forschungsprojekt ebenfalls mit Haut und Haaren verschrieben. Adrian nannte ihn manchmal Mini-Dimitri. Obwohl Eddie zur Highschool ging und ebenso Aufträge übernahm wie ich, wusste ich, dass er jede Hausaufgabe im Nu zu Gunsten des größeren Wohls bereit war fallen zu lassen. Mir fiel nur eines ein, das Vorrang hatte, wenn es galt, ein Heilmittel für Strigoi zu finden. Plötzlich raste mein Herz.
»Alles in Ordnung mit Jill?« Es musste alles in Ordnung mit ihr sein. Sonst hätte mir doch irgendwer Bescheid gesagt, oder? Eddies Hauptaufgabe in Palm Springs – und meine – war es, sie zu beschützen. Wenn sie in Gefahr wäre, würde das alles andere an den Rand drängen.
»Mit ihr ist alles in Ordnung«, versicherte Dimitri. »Ich habe heute Morgen erst mit ihr gesprochen. Ich weiß nicht genau, was los ist, aber Eddie würde nicht ohne guten Grund wegbleiben.«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, murmelte ich, immer noch besorgt.
»Sie machen sich genauso große Sorgen wie ich«, neckte mich Dimitri. »Das hätte ich kaum für möglich gehalten.«
»Es ist mein Job, mir Sorgen zu machen. Ich muss mich immer davon überzeugen, dass alle wohlauf sind.«
»Manchmal ist es keine schlechte Sache, dafür zu sorgen, dass man selbst auch wohlauf ist. Sie könnten entdecken, dass es anderen tatsächlich hilft.«
Ich lachte spöttisch. »Rose hat immer über Ihre Zen-Weisheiten gewitzelt. Bekomme ich jetzt einen Vorgeschmack davon? Wenn ja, kann ich verstehen, warum sie Ihrem Charme so hilflos erlegen ist.«
Diese Bemerkung trug mir ein seltenes aufrichtiges Lachen von Seiten Dimitris ein. »Ich glaube, ja. Wenn Sie sie fragen, wird sie behaupten, dass es das Pfählen und die Enthauptung waren. Aber ich bin mir sicher, dass es eher die Zen-Weisheit gewesen ist, die sie am Ende für mich gewonnen hat.«
Das Lächeln, mit dem ich antwortete, zerschmolz sofort zu einem Gähnen. Es war schon erstaunlich, dass ich mit einem Dhampir scherzen konnte. Früher hatte ich Panikattacken, wenn ich mich im selben Raum mit einem Dhampir oder Moroi befand. Im Laufe der letzten Monate hatte sich meine Angst jedoch allmählich in Luft aufgelöst. Ich würde das Gefühl der Andersartigkeit , das sie mir alle vermittelten, nie ganz abschütteln, aber ich hatte schon einen langen Weg hinter mir. Ich wusste zwar, dass ich vernünftigerweise immer noch eine Grenze zwischen ihnen und den Menschen zog, aber es war auch gut, flexibel zu sein. Das erleichterte mir meinen Job beträchtlich. Nicht zu flexibel, warnte mich allerdings meine innere Alchemistenstimme.
»Da wären wir«, sagte Dimitri, als er vor meinem Wohnheim an der Amberwood Prep vorfuhr. Wenn er meine veränderte Stimmung bemerkt hatte, sagte er jedenfalls nichts dazu. »Sie sollten sich ein wenig ausruhen.«
»Ich werde es versuchen«, erwiderte ich. »Aber ich muss zuerst herausfinden, was mit Eddie los ist.«
Dimitris Gesicht wurde ganz geschäftsmäßig. »Wenn Sie ihn finden können, sollten sie ihn heute Abend mitbringen, dann könnten wir noch ein wenig arbeiten. Sonya wäre begeistert. Sie hat einige neue Ideen.«
Ich nickte und rief mir ins Gedächtnis, dass dies die Richtlinie war, an die wir uns halten mussten. Arbeit, Arbeit, Arbeit. Wir durften unsere höheren Ziele nicht vergessen. »Mal sehen, was ich tun kann.«
Ich bedankte mich noch einmal bei ihm und ging dann hinein, voller Entschlossenheit, meine Mission auszuführen. Darum war es ein wenig enttäuschend, als meine hehren Ziele so schnell zerschmettert wurden.
»Ms Melrose?«
Ich drehte mich sofort um, als jemand den Nachnamen verwendete, den ich hier in der Amberwood angenommen hatte. Mrs Weathers, unsere rundliche, ältere Wohnheimvorsteherin kam auf mich zugeeilt. Ihr Gesicht zeigte Sorgenfalten, was nichts Gutes ahnen ließ.
»Ich bin so froh, dass Sie zurück sind«, sagte sie. »Ich darf doch davon ausgehen, dass Ihr Besuch bei Ihrer Familie gut verlaufen ist?«
»Ja, Ma’am.« Sofern sie mit »gut« »beängstigend und beunruhigend« meinte.
Mrs Weathers winkte mich zu ihrem Schreibtisch herüber. »Ich muss mit Ihnen über Ihre Cousine sprechen.«
Ich verkniff mir eine Grimasse, als ich mich an Jills E-Mail erinnerte. Cousine Angeline. Wir hatten uns an der Amberwood als Familienangehörige angemeldet. Jill und Eddie waren also meine Geschwister, Angeline war unsere Cousine. Es
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