Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
dass sie keinen Ärger bekommt.«
Ich lächelte beinahe. »Das ist nicht deine Aufgabe.«
»Ja, ich weiß … « Sie senkte den Blick und ließ etwas von ihrem langen Haar nach vorn fallen. »Aber trotzdem. Ich weiß, ich sollte mehr so sein wie du. Stattdessen habe ich einfach … du weißt schon. Mich amüsiert.«
»Das ist dein gutes Recht«, erwiderte ich und versuchte, die subtile Bemerkung über mich zu ignorieren.
»Trotzdem sollte ich verantwortungsbewusster sein«, wandte sie ein.
»Du bist verantwortungsbewusst«, versicherte ich ihr. »Vor allem im Vergleich zu Angeline.« Meine Familie in Utah hatte eine Katze, die mit großer Sicherheit mehr Verantwortungsbewusstsein besaß als Angeline.
Jills Miene hellte sich auf, also ließ ich sie allein, um den Koffer in mein Zimmer bringen zu können. Angelines Eintreffen und mein Anteil daran, Keith hochgehen zu lassen, hatten mir mein eigenes Zimmer im Wohnheim verschafft, was ich sehr zu schätzen wusste. In meinem Zimmer war alles still und ordentlich. Meine perfekte Welt. Der eine Ort, den das Chaos meines Lebens nicht berühren konnte. Das säuberlich gemachte Bett bettelte förmlich darum, sich darin schlafen zu legen. Tatsächlich flehte es sogar inständig. Bald, versprach ich ihm. Hoffe ich.
Der Campus der Amberwood Prep umfasste drei Teile: Den östlichen Campus (wo die Mädchen wohnten), den westlichen (für die Jungen) und den zentralen (mit allen Unterrichtsgebäuden). Ein Shuttlebus fuhr regelmäßig zwischen den Teilen hin und her, und mutige Seelen gingen in der Hitze sogar zu Fuß von einem zum anderen. Mir machten die Temperaturen im Allgemeinen nichts aus, aber das Gehen kam mir heute doch sehr anstrengend vor. Also nahm ich den Shuttlebus zum Westcampus und versuchte, während der Fahrt nicht einzuschlafen.
Die Halle im Jungenwohnheim ähnelte der bei mir drüben. Leute kamen und gingen, entweder um Hausaufgaben nachzuholen oder einfach, um einen freien Sonntag zu genießen. Ich sah mich um, aber Eddie war wohl noch nicht hier.
»Hallo, Melbourne!«
Ich drehte mich um und sah Trey Juarez auf mich zukommen, ein Grinsen auf dem gebräunten Gesicht. Er war ein Oberklässler wie ich und hatte den Spitznamen Melbourne für mich übernommen, nachdem sich eine unserer Lehrerinnen Melrose einfach nicht hatte merken können. Ehrlich, bei all diesen Namen war es schon ein Wunder, dass ich noch wusste, wer ich war.
»Hi, Trey«, begrüßte ich ihn. Trey war ein echter Footballstar der Highschool – aber er hatte auch einiges im Kopf, so sehr er sich darum bemühte, es nicht zu zeigen. Infolgedessen kamen wir gut miteinander aus, und nachdem ich ihm im letzten Monat geholfen hatte, seinen sportlichen Status zurückzugewinnen, waren meine Aktien bei ihm beträchtlich gestiegen. Er hatte sich einen Rucksack über die Schulter gehängt. »Wirst du endlich das Versuchsprotokoll für den Chemiekurs schreiben?«
»Ja«, versprach er. »Ich und die Hälfte der Cheerleadertruppe. Willst du dich uns anschließen?«
Ich verdrehte die Augen. »Irgendwie bezweifle ich, dass dabei viel rauskommt. Außerdem treff ich mich mit Eddie.«
Unbekümmert zuckte Trey die Achseln und wischte sich eine Strähne seines unbändigen schwarzen Haars aus den Augen. »Selbst schuld. Also bis morgen.« Er machte einige Schritte, dann schaute er zu mir zurück. »He, gehst du mit wem?«
Ich wollte sofort nein sagen, aber dann kam mir ein panischer Gedanke. Ich hatte die Neigung, Dinge sehr wörtlich zu nehmen. Freundinnen von mir, Christine und Julia, hatten versucht, mich in den Feinheiten des Highschool-Lebens zu trainieren. Eine ihrer Hauptlektionen hatte darin bestanden, dass das, was Leute sagten, nicht immer das war, was sie meinten – vor allem, wenn es um Fragen der Liebe ging.
»Willst du … willst du mich einladen?«, erkundigte ich mich verwundert. Das war das Letzte, was ich im Augenblick gebrauchen konnte. Wie sollte ich reagieren? Sollte ich ja sagen? Oder nein? Ich hatte keine Ahnung, dass es so reizvoll sein könnte, ihm bei Chemiehausaufgaben zu helfen. Ich hätte ihn veranlassen sollen, sie allein zu machen.
Trey wirkte genauso verblüfft über diesen Gedanken wie ich. »Was? Nein. Natürlich nicht.«
»Gott sei Dank«, sagte ich. Ich mochte Trey, hatte jedoch kein Interesse daran, mit ihm auszugehen – oder herauszufinden, wie ich am besten »Nein« sagen könnte.
Er warf mir einen schiefen Blick zu. » So erleichtert brauchst du nun auch wieder
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